Profit
unrechtmäßig gebraucht hätte.« Er machte eine hilflose Geste, nach Worten suchend. »Du verteidigst dich, und schon hast du gegen das verdammte Gesetz verstoßen. Aber wenn sich so ein beschissener kleiner Gangster in irgendeiner Nebengasse den Fingernagel aufreißt, kommen gleich die Bürgerrechtsaktivisten angelaufen und schreien nach Konsequenzen. Was ist mit uns Bürgern? Wer kümmert sich um uns? Was ist mit unseren Rechten?«
»Michael!« Suki tauchte in der Küchentür auf, in jeder Hand eine Tasse Kaffee. »Wie oft habe ich schon gesagt, dass du in Arianas Gegenwart nicht diese Ausdrücke benutzen sollst. Sie trägt sie gleich weiter in die Spielgruppe, und ich bekomme dann die schiefen Blicke von den anderen Müttern.« Sie stellte die Kaffeetassen auf den Tisch und machte sich daran, ihrer Tochter die verirrten Breireste aus dem Gesicht zu wischen. Ariana erhob halbherzige Proteste dagegen, während sie gleichzeitig schüchtern, aber unablässig zu Chris hinüberspähte. »Ja, ja, ja, du achtest gar nicht auf Daddy, wenn er solche Sachen sagt, nicht wahr?« Sie wandte einen Teil ihrer vielfältig in Anspruch genommenen Aufmerksamkeit in die gleiche Richtung wie ihre Tochter. »Hören Sie gar nicht zu, Chris. Er stöhnt andauernd über Bürgerrechte. Dies ist schon das zweite Mal, dass er Ärger hat, da, ist es so besser, mein Schatz, das zweite Mal in diesem Jahr, dass er Ärger mit der Polizei hat. Unzulässige Gewaltanwendung. Ja, jetzt haben wir aber ein sauberes Mädchen! Ich glaube, er lebt einfach gern gefährlich.«
Bryant machte ein angewidertes Geräusch. Suki ging zu ihm und legte ihm einen Arm um die Taille. Sie gab ihm einen Kuss aufs Kinn.
»Vielleicht ist es das, was ich in ihm sehe. Sie sind verheiratet, Chris, nicht wahr? War das Ihre Frau auf dem Video?«
»Ja.« Seine eigene Stimme klang in Chris’ Ohren ungebührlich defensiv. »Sie ist Automechanikerin. Muss samstags meistens arbeiten.«
Er nippte an seinem Kaffee und beobachtete ihre Reaktion, aber entweder fand Suki an dieser Angelegenheit nichts Bemerkenswertes, oder ihre sozialen Umgangsformen waren von schwarzgurtwürdiger Geschmeidigkeit. Sie lächelte, während sie Ariana von ihrem Hochstuhl losband.
»Ja, Michael hat es erzählt. Wissen Sie, einer der Shorn-Partner hatte mal eine Freundin, die in der Autorücklieferung arbeitete. Wie hieß er noch gleich?« Sie schnipste mit den Fingern. »Ich hab ihn auf der Weihnachtsfeier kennen gelernt.«
»Notley«, sagte Bryant.
»Ach ja, Notley. Jack Notley. Na, Sie müssen beide mal zum Abendessen kommen, Chris. Wie heißt Ihre Frau?«
»Carla.«
»Carla. Hübscher Name. Wie diese italienische Holopornoschauspielerin, auf die Mike so abfährt.« Sie hielt Bryant scherzhaft den Mund zu, als dieser protestieren wollte. »Ja, fragen Sie sie doch mal. Ach, oder kommen Sie doch am besten gleich heute Abend. Wir haben doch nichts vor, oder, Mike?«
Bryant schüttelte den Kopf.
»Na, also dann. Ich werde Sukiyaki machen. Sie sind nicht zufällig Vegetarier, einer von Ihnen?«
»Nein.« Chris zögerte. Es war mal für den heutigen Abend ins Auge gefasst worden, Carlas Vater zu besuchen, und bei dem Trubel der vergangenen Woche war er sich nicht ganz sicher, wie weit dieser Plan schon gediehen war. »Äh, ich weiß nicht genau, ob…«
»Darf man sich nicht entgehen lassen, dieses Sukiyaki«, sagte Michael, nachdem er seinen Kaffee ausgetrunken und den Becher abgestellt hatte. »Rindfleisch direkt von den Sutherland-Croft- Association-Herden. He, meinst du, ob Carla sich vielleicht mal den BMW ansehen möchte? Ich meine, sie als Mechanikerin? Das ist die neue Omega-Einspritzserie unter der Haube. Das Allerneueste. Außerhalb Deutschlands offiziell noch gar nicht erhältlich. Ich wette, sie würde sich gern mal ansehen, wie er läuft.«
Chris, dem plötzlich bewusst wurde, wie tief seine Abneigung dagegen war, seinem Schwiegervater zu begegnen, traf eine Entscheidung.
»Ja, das würde ihr gefallen«, sagte er.
»Gut, das wäre also geklärt«, sagte Suki fröhlich. »Ich besorge das Rindfleisch heute Nachmittag. Wollen wir halb neun sagen?«
Mike bestand darauf, Chris unmittelbar neben seinem Auto abzusetzen. Die Parkdecks unterhalb der Shorn-Gebäude waren weitgehend leer; auf der Ebene, wo Chris geparkt hatte, standen lediglich drei weitere Fahrzeuge. Bryant ließ seinen Wagen so ausschleudern, dass er quer über mehreren freien Parkplätzen zum Stehen kam, stellte den
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