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Profit

Profit

Titel: Profit Kostenlos Bücher Online Lesen
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Neonschildern. Sie arbeiteten sich durch falsche Adressen, trübe beleuchtete Apartmenthäuser, Untergrundclubs mit vielversprechenden Namen wie Das Eiserne Kreuz oder Gefährdete Rasse, Bordelle, Imbissstände und sogar eine Mietpolizeigarnison in der Nähe des Flusses. Überall, wo sie hinkamen, zückte Mike Bryant entweder die Nemex oder dicke Bündel mit Scheinen, die Wirkung war annähernd die gleiche. Das Geld funktionierte etwas besser als die Pistole. Es löste die richtigen Zungen, öffnete die richtigen Türen.
    Sie fanden den ersten Mann an einem Hotdog-Stand, so betrunken, dass er kaum noch gerade stehen konnte. Er hatte keine Ahnung, dass sie nach ihm suchten. Niemand hatte sich die Mühe gemacht, ihn zu warnen. Die weißen Suprematisten hielten nicht viel auf Solidarität, zudem waren funktionierende Telefone nicht sehr verbreitet in den Zonen. Das Festnetz wurde von technisch versierten Vandalenbanden lahm gelegt, und die Reichweite von Mobiltelefonen war ein schlechter Witz, hervorgerufen durch vagabundierende Störsignale, welche die Regierung gegen Satellitenprogramme wie Dex und Seth ins Feld schickte. Motorisierte Fortbewegungsmittel waren praktisch nicht existent. Die Leute kamen nicht viel rum, Nachrichten sogar noch weniger.
    Bryant lehnte sich an den Stand, gab dem Mann einen Burger aus und sah ihm beim Essen zu. Dann teilte er ihm mit, warum er gekommen war. Der Mann nahm die Beine in die Hand, lief so schnell er noch konnte. Sie setzten ihm nach. In einer Seitengasse holten sie ihn ein, weil er hatte stehen bleiben müssen, um unter anderem Mikes Burger wieder von sich zu geben. Mike schoss ihm mit der Nemex viermal in Bauch und Weichteile, beugte sich anschließend über ihn, um den Schaden in der trüben Beleuchtung zu begutachten. Als er sich davon überzeugt hatte, dass der Mann verbluten würde, ließen sie ihn liegen.
    Den zweiten Suprematisten mussten sie aus einem Bett holen, das nicht seins war, in einer Wohnung im fünfzehnten Stock, die nach Feuchtigkeit und Rattengift stank. Die Frau neben ihm wachte nicht einmal auf. Als sie ihn ins Wohnzimmer zerrten, murmelte er, von Chemikalien und Schlaf benebelt, unzusammenhängendes Zeug. Sie fassten ihn jeder an einem Arm und trieben ihn mit dem Kopf voran gegen das Balkonfenster, bis dieses zersplitterte. Draußen auf dem mit Scherben übersäten Balkon graute es langsam, und in den Bäumen sangen schon die Vögel. Sie waren sich beide nicht sicher, ob der Mann tot war oder nicht. Sorgsam darauf bedacht, kein Glas in die Hände zu bekommen, hievten sie ihn hoch und warfen ihn über das Geländer. Das Vogelzwitschern brach jäh ab, als der Körper auf die Erde prallte.
    In der Küche hinterließ Mike Geld für das zerbrochene Fenster.

 
ACHTZEHN
     
     
    Die Sonne erwischte sie auf dem Rückweg aus den Zonen irgendwo südlich von London Bridge. Die Straßen waren bereits voller Fußgänger, die zur Arbeit gingen, und Mike musste, als sie sich dem Kontrollpunkt näherten, wiederholt hupen, um sie von der Fahrbahn zu scheuchen. Zu Hunderten standen sie in den Schlangen, die sich nach irgendeinem Zufallsprinzip hinter den diversen Drehkreuz-Durchgangspunkten bildeten. Sogar an der Straßenschranke stand eine Schlange, drei rostende Busse, die fast noch aus der Zeit vor der Jahrtausendwende zu stammen schienen; einer von ihnen stieß ölige Abgase aus dem Auspuff. Jenseits des Kontrollpunkts, durch die eher niedrigen Erhebungen der bevorzugten Süduferwohnbebauung hindurch sichtbar, knallte goldenes Licht auf die Glasfronten der Wolkenkratzer hinter dem Fluss und tropfte daran herunter.
    »Meine Güte, sieh dir das an«, sagte Bryant angewidert. »Emissionskontrolle am Arsch, ey. Sieh dir den Scheiß an, der da aus dem Bus kommt.«
    »Ja, und er ist knallvoll. Wir werden eine ganze Weile hier sein.«
    Das traf zu. Bewaffnete Wachleute wiesen die Fahrgäste des ersten Busses an, auszusteigen und sich in Reihen aufzustellen. Die erste Reihe hatte ihre Position bereits eingenommen – rechte Hand an den Hinterkopf gelegt, Passierkarte mit der linken vorzeigend. Ein einzelner Wachmann schritt die Reihe ab, musterte die Dokumente eins nach dem anderen und zog sie durch sein an der Hüfte hängendes Handgerät. Jede zweite Karte musste ein zweites Mal durchgezogen werden.
    »Weiß gar nicht, was der ganze Aufwand soll.« Chris gähnte so heftig, dass die Kiefer knackten. »Schließlich hat es in den letzten Jahren in London nichts gegeben, was

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