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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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verwundert aus. »Warum er mir das nicht gestern gesagt hat, dann hätte ich dich gleich mitgenommen. Aber die Wege des Direktors sind oft unerfindlich.« Er grinste schief. »Also, auf ein Neues durch den Nullraum. Auf die Tour bleibt man jung und fit.«
    »Tut mir leid«, sagte Ash. Sie runzelte die Stirn. »Was will er von mir?« Sie legte die beiden krümeligen Kekse auf einen Aktenstapel und wischte sich die Finger an der Hose ab.
    Macnamara nahm seinen Mantel vom Haken. »Das hat er mir nicht verraten.« Er stülpte den Hut auf den Kopf, bog die Krempe verwegen herunter und sah Ash fragend an. »Ist das deine erste Passage durch den Nullraum?«
    Ash nickte ein wenig beklommen. Ravi hatte ihr seine Reise mit Macnamara geschildert und war allein bei dem Gedanken daran ganz grün um die Nase geworden.
    »Ich erkläre es dir. Keine Sorge, ich habe noch nie jemanden da draußen verloren.« Mac schob einen Kaugummi in den Mund.
    Ash schluckte. »Was geschieht, wenn man im Nullraum verloren geht?«
    Mac dachte kauend nach. »Gute Frage«, sagte er. »Ich könnte mir vorstellen, dass es für die geistige Gesundheit ungünstig wäre, sich auf Dauer dort aufzuhalten. Also halt dich lieber gut an mir fest.«
    »Du machst mir Mut«, murmelte Ash.
    Macnamara sah sich suchend um. »Passierschein«, murmelte er. »Ich habe keinen Passierschein für dich.« Seine Brauen zogen sich zusammen. Dann zuckte er mit den Schultern. »Pfeif auf die Vorschriften«, sagte er resigniert. »Also, ich bringe dich jetzt rüber. Du wirst dich desorientiert fühlen, wahrscheinlich wird dir schwindelig oder übel. Du wirst Geräusche hören, Stimmen, möglicherweise bekommst du auch irgendwelche Manifestationen zu sehen. Ignoriere das alles. Dein Gehirn produziert diese Erscheinungen, weil im Nullraum sämtliche Sinneseindrücke fehlen. Dafür sind Gehirne nicht gebaut.« Er klopfte gegen Ashs Schläfe. »Die Passage ist kurz, aber es kann sein, dass sie dir extrem lang vorkommt. Gerate einfach nicht in Panik, der alte Mac bringt dich schon sicher an Land.«
    Ash holte tief Luft und nickte. »Das hast du Ravi alles nicht vorher gesagt.«
    »Ich war in Eile.« Er nestelte seinen Passierschein an den Mantel und sah sich um. »Habe ich alles? Gut, dann … Ah, eins noch, wenn ich hier schon sämtliche Transportvorschriften zitiere. Wovor fürchtest du dich am meisten?«
    »Uff«, machte Ash verblüfft. »Darüber habe ich noch nie nachgedacht.« Sie runzelte die Stirn.
    »Dann ohne nachzudenken: Was fällt dir als erstes ein?«
    »Nichtexistenz«, erwiderte sie spontan.
    Macnamara nickte. »Nicht gut. Der wirst du im Nullraum begegnen, und zwar in Hülle und Fülle. Denk daran: immer schön tief atmen und die Ruhe bewahren, bis der Anfall vorübergeht, ja? Ich komme nicht gerne vollgekotzt bei Dellinger an.«
    Ash war gespannt, wo Mac sie hinführen würde. Befand sich der Eingang zum Nullraum in der Nähe der Chefetage? Oder ganz oben, bei den Versorgungsräumen? Das war ihre Chance, es endlich herauszufinden.
    Macnamara sagte: »Ich habe keine Lust, wieder durch die halbe Zentrale zu rennen. Wir starten von hier aus. Halt dich an mir fest. Lass nicht los, was auch geschieht!« Er schlang seinen Arm um ihre Taille und Ash verlor den Boden unter den Füßen. Von einem Wimpernschlag zum nächsten war das schäbige Büro verschwunden und sie hing körperlos mitten im absoluten Nichts.
    Ihr nichtvorhandener Magen revoltierte augenblicklich. Sie wusste nicht mehr, wo oben und wo unten war. Unten. Ihre Füße. Wenn sie herausfand, wo ihre entmaterialisierten Füße waren, dann würde es ihr besser gehen. Sie schloss die Augen (welche Augen?), aber das änderte nichts. Sie versuchte, zu schreien, aber ohne Muskeln, Lunge und Stimmbänder erwies es sich als extrem schwierig, einen Schrei herauszubringen.
    Nichtexistenz.
    Eine unbestimmbare Zeit lang befand sie sich in heller Panik. Dann entschied ein nüchterner Teil von ihr, dass Panik vollkommen nutzlos und einigermaßen unbefriedigend war, wenn die körperlichen Voraussetzungen dafür fehlten, und sie schlug die Augen wieder auf. Was nichts änderte.
    Stimmen flüsterten. Sie konnte nicht verstehen, was sie sagten, aber es war beruhigend, sie zu hören. Auch die Lichtblitze am Rand ihres Blickfeldes – oder dem, was sie dafür hielt, denn ohne Augen war es sinnlos, von einem »Blickfeld« zu reden – ängstigten sie nicht. Jedes Etwas war besser als dieses unendliche Nichts.
    Keine Wärme, keine

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