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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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mich nicht.«
    Er hob eine Schulter, seine Flügel verschwanden und tauchten wieder auf, veränderten ihre Position im Quantenstrom wie eine Folge schnell hintereinandergeschalteter Standfotos. »Ich habe es mir aus gutem Grund abgewöhnt, jemandem zu vertrauen«, sagte er mit einer Andeutung des trockenen Humors, den Ash – Hjördis an ihm zu lieben gelernt hatte. »Aber wenn du es für richtig hältst, bin ich sicherlich der Letzte, der es wagt, dich aufzuhalten.« Er beugte sich vor und küsste sie auf die Wange. Es war ein kühler, materieloser Nullraumkuss, den sie mit einem ebensolchen Lächeln beantwortete.
    Sie wandte sich ab, suchte und fand den passenden Energiepfad und beschloss, ihm zu folgen. Raumlos, zeitlos, war sie im gleichen Moment schon an ihrem Ziel. Der Übergang in den Normalraum ließ sie taumeln und nach Luft schnappen. Wie lang hatte sie sich im Nullraum aufgehalten? Einen Augenblick lang musste sie sich an die Wand lehnen und ihre Sinne neu justieren. Sie zwang sich, die Augen(zwei/drei) zu schließen und fühlte besorgt nach dem Speer in ihrer Hand, deren Finger auf dieser Ebene nur als Vorstellung existierten. Er war da, sie spürte seine gewaltige Kraft, die durch ihre Energiebahnen sang.
    Mit einigen tiefen Atemzügen versiegelte sie diese Ebene und sah sich um. Sie war nur einen Korridor von ihrem angepeilten Ziel entfernt herausgekommen. Sie sortierte ihre Gedanken. Noch waren einige große Lücken in ihrer Erinnerung, und das bereitete ihr ein wenig Sorge. Der Junge. Die Umstände ihres Todes. Die Verflechtung der Interessen, der Ziele, der gegensätzlichen Motive – vieles davon lag um eine Haaresbreite außerhalb ihres Zugriffs. Sie würde darauf vertrauen müssen, dass sie sich im richtigen Moment erinnerte, und dann danach handeln.
    Wenig später öffnete sie die Tür und trat leise ein. Sie hatte richtig vermutet: Er lag auf der Liege in ihrem Büro und schlief.
    Sie kniete sich neben ihn und rüttelte ihn wach. »Ravi«, flüsterte sie. »Auf die Beine. Schnell, Ravi.«
    Ein schlaftrunkener Blick. »Hm?«, murmelte er. Dann begriff er, was seine Augen ihm sagten, und er setzte sich hastig auf. »Ash! Wo … verdammt! Mac kocht vor Wut! Er sagt, du bist desertiert.«
    »Pst«, machte sie und stand auf. »Es ist etwas zu kompliziert, um es dir jetzt zu erklären. Aber ich bin nicht desertiert, ich habe nur einen Auftrag ausgeführt. Für Dellinger.«
    Seine Augen wurden groß. »Aber das hätte Mac doch wissen müssen.«
    »Ich bin nicht hergekommen, um mit dir zu plaudern«, sagte sie ungeduldig. »Auf, nimm deine Sachen. Ich bringe dich nach Hause.«
    »Aber …«, sagte er. Runzelte zweifelnd die Stirn. »Nach Hause?«
    »Willst du nun dein altes Leben zurückhaben oder nicht?«
    Sie sah, dass er ein halbes Dutzend Fragen hinunterschluckte. Er nickte und zog seine Jacke an, sah sich um. Schüttelte den Kopf. »Ich habe alles.«
    »Dann los.« Sie nahm seine Hand, führte ihn auf den Gang. »Hier ist kein guter Einstiegspunkt. Zu viele Energieknoten.« Er fragte nicht, was sie meinte. Guter Junge.
    Eine Abzweigung entfernt beruhigten sich die Energielinien. »Halte dich gut fest«, sagte Ash. »Du kennst das ja.« Sie griff hinaus, öffnete die Passage und zog beide hinein.
    Ravi schnappte nach Luft, was im Nullraum keine gute Idee war. Er würgte.
    »Halt ruhig«, sagte sie. »Das ist doch nicht deine erste Passage. Hör auf, zu strampeln, du rührst alles auf.«
    Die Strömung beruhigte sich, als Ravi gehorsam seine hektischen Bewegungen einstellte. Ash packte einen soliden Kaluza-String zweiter Ordnung, der von einem grellgrünen Nodium ausging, und spürte seiner Richtung nach. Er fühlte sich kalt, scharf und glatt an. Das schien der richtige zu sein.
    »Ravi«, sagte sie, »hör mir jetzt gut zu. Du musst dich auf dein altes Zuhause konzentrieren. Den Ort oder etwas, woran du gehangen hast. Es sollte ein fester Punkt sein, nichts Bewegliches. Schaffst du das?«
    Er atmete hastig. Dann sagte er: »Ja. Ich denke – ja.«
    »Wenn du deine Vorstellung gut fixiert hast, sag mir Bescheid. Und dann halte den Gedanken fest, egal, was passiert. Ich bringe uns hin – und wenn du in der Sekunde an das Zentrum eines Gasriesen oder den Hintern eines Dinosauriers denkst, landen wir da. Also bleib bei der Sache, ja?«
    »Verstanden«, sagte er erstickt.
    Sie wartete geduldig.
    »Jetzt«, flüsterte er. »Ich habe es.«
    Sie zupfte fest an dem String, er begann zu vibrieren und gab

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