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Projekt Armageddon

Projekt Armageddon

Titel: Projekt Armageddon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Gerdom
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sein. Das ist eine billige Anmache, und darauf stehe ich nicht. Ich kann dich wirklich gut leiden, aber du könntest mein Vater – mein Großvater sein.«
    Das Lachen, das ihn schüttelte, überraschte sie wie ein plötzlicher Regenschauer. »Nein«, sagte er und wischte sich glucksend über das Gesicht. »Nein, das könnte ich nicht. Meine Kinder hätten so etwas Menschenähnliches wie dich nicht zustande gebracht.« Er kicherte und trank von seinem Becher. »Bei meinem Bruder ist das etwas anderes. Er hatte ein ganzes Bataillon schöner Töchter.« Er zwinkerte und reichte ihr den Becher.
    Ash zögerte. Nach dem Besäufnis gestern wusste sie kaum noch, was überhaupt geschehen war. Misstrauisch hob sie den Becher und nahm einen winzigen Schluck. »Du hast mich doch gestern schon deswegen betrunken gemacht«, sagte sie vorwurfsvoll. Es war nicht so, dass sie sich an die Nacht wirklich erinnern konnte, aber da waren Empfindungen und Bilder, die eine deutliche Sprache zu sprechen schienen. »Da hast du mich auch nicht um mein Einverständnis gebeten oder versucht, die ›Kennen wir uns nicht irgendwoher‹-Nummer abzuziehen.«
    Ein Schatten legte sich über sein Gesicht. »Gestern ist nicht mehr als eine Tändelei zwischen zwei nicht mehr ganz nüchternen Erwachsenen passiert. Ich habe dich nicht vergewaltigt. Mein Leben mag eine Ansammlung von Betrügereien, Lügen, Raub, Mord und Brandstiftung sein. Aber ich habe nie, niemals eine Frau gegen ihren Willen genommen. Sogar jemand wie ich hat noch einen Funken Ehre im Leib!«
    Ash starrte ihn mit offenem Mund an. »Meine Güte«, sagte sie beeindruckt. »Du siehst nicht aus wie ein Verbrecher.«
    Er wandte den Kopf ab »Das bin ich auch nicht«, erwiderte er kurz.
    »Was willst du also von mir?«
    »Falsch«, sagte er. »Du wolltest etwas von mir. Deine Erinnerungen. Den Ausgang.«
    Sie kniff die Augen zusammen. »Das ist Erpressung. Du willst mit mir schlafen und versprichst mir dafür etwas, das du nachher nicht einhältst. Du kannst mir meine Erinnerungen nicht zurückgeben. Und wenn du den Ausgang aus diesem Loch kennen würdest, säßest du selbst wohl kaum hier herum.«
    Er schwieg und sah sie an. Sie spürte seinen Blick durch die geschlossenen Lider. Er brannte wie der schreckliche Schnaps, den er ihr zu trinken gab. Wie das Feuer im Ofen. Wie die Sehnsucht, wieder Leben zu spüren, Hitze, Kälte, Regen. Einen Baum zu sehen. Blumen zu riechen, eine Katze zu streicheln, etwas zu essen, das sich nicht bewegte. Hunger zu haben. Schläfrig zu sein und einen Schnupfen zu bekommen. Sich zu verändern. Zu altern. Freunde zu haben, eine Familie.
    Ash riss die Augen auf. »Also gut«, sagte sie entschlossen. »Wenn das die einzige Möglichkeit ist, die du mir bietest, werde ich dich zumindest auf die Probe stellen. Wenn du mich angelogen hast, bringe ich dich um. Und ich schwöre dir: Ich bringe dich so um, dass es für dich keinen Weg zurück geben wird!«
    Er warf den Kopf in den Nacken und brüllte vor Lachen. »Odins Fleisch und Blut«, rief er. »Ihr Mächte des Lichts und der Dunkelheit – ich glaube ihr! Sie würde schaffen, was so viele vor ihr vergeblich versucht haben!«
    Sie leerte den Becher und stellte ihn weg. »Hör auf zu faseln – zeig mir, was du kannst, alter Mann.«
    Er war so wild und ungestüm wie ein loderndes Feuer, das sich erbarmungslos seinen Weg brannte. Er ließ sie vor Schmerz aufstöhnen und ihre Fingernägel in seinen Rücken krallen. Wenn sie die Augen öffnete, sah sie sein Gesicht, das fremd und doch vertraut war, jung und alt zugleich. Sein Körper war fest und voller Kraft, stark und vollkommen alterslos. Das Ofenfeuer spiegelte sich auf seiner hellen Haut und seinen Haaren und ließ beides dunkelrot schimmern. Die Glut des Feuers pulsierte unter seiner Haut.
    Ash wand sich vor Qual unter dem Gewicht seines Körpers. Das Wesen, das auf ihr lag, war uralt. Es war älter noch als die Welt und lastete auf ihr mit dem Gewicht der Zeitalter, die es miterlebt hatte.
    »Ich habe noch nie …«, ächzte sie, »… mit einem Dämonen … ich hätte nie geglaubt, dass ich das tun …«
    »Ich bin kein Dämon«, sang seine Stimme in ihrem Kopf. »Ich bin ebenso wenig ein Dämon wie du es bist.«
    Sie schrie, als das Feuer sich in sie ergoss, sie ausfüllte, ihr Inneres verglühen ließ, sie zurückließ als ein ausgebranntes, mit kalter Asche gefülltes Gefäß. Die Tränen, die über ihr Gesicht liefen, waren heiß wie Feuer und gefroren auf

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