Projekt Babylon
Herausgekommen ist, dass ich sehr schnell eine große Menge Informationen gesammelt habe. Da ich vieles davon bereits von anderer Stelle kannte und beurteilen konnte, war es wie in einem großen Nachschlagewerk. Also: Da gibt es zum einen die Templer, deren Orden ein ganz besonderes Geheimnis umgibt. Unzählige Bücher spekulieren über seine geheimen okkulten oder politischen Ziele, andere nähern sich dem Orden historisch und versuchen, ihn neutral darzustellen. Und es gibt einige historische Daten, die gesichert sind. Es war die Zeit des ersten Kreuzzuges Anfang des zwölften Jahrhunderts. Soldaten, Söldner und Ritter aus allen Ländern Europas sammelten sich und zogen nach Osten. Ihr Ziel war Jerusalem, das sie von den Sarazenen befreien und wieder unter die Herrschaft des Christentums bringen wollten. Etwa 1119 tauchte eine Vereinigung auf, die wir später die Tempelritter oder Templer nennen. Es gab sie schon einige Jahre zuvor unter dem Namen › Militia Christi‹. Es war eine Gruppe Männer, die sich die Sicherung der Straßen und der Zisternen im Heiligen Land zur Aufgabe gemacht hatte. Sie wurde von einem angesehenen Ritter aus Troyes, Hugues de Payens, angeführt. 1119 wurde den Männern von Balduin II., dem christlichen König des frisch eroberten Jerusalems, ein Flügel seines Palastes als Wohnsitz zugestanden. Da dieser an die Ruinen des ehemaligen Tempels Salomons grenzte, nannten sie sich fortan öffentlich die › Arme Ritterschaft Christi vom Salomonischen Tempel‹. Sie verschrieben sich dem Schutz der Bedürftigen und der Armut. Wirklich arm ist der Orden natürlich nie gewesen. Die Templer haben im Laufe der Geschichte immer mehr Schenkungen an Geld und Grundbesitz bekommen, aber sie durften immerhin nicht persönlich darüber verfügen. Der Orden erlangte durch seine Disziplin und Schlagkraft sehr schnell Berühmtheit. Schon zehn Jahre später besaßen die Templer ausgedehnte Ländereien in ganz Europa, und ständig wurden es mehr. Hugues de Payens zog wie auf einer Werbetour durch Europa und wurde überall mit allen Ehren empfangen. Das Beste, was dem Orden passieren konnte, geschah dann 1139: eine Verfügung des Papstes Innozenz II. Sie besagte, dass die Templer keiner kirchlichen oder weltlichen Macht mehr Gehorsam zollen mussten, außer dem Papst persönlich. Dadurch wurden sie fast vollkommen unabhängig und mussten auch keinerlei politisches Einmischen fürchten. Sie wurden nahezu allmächtig. In den folgenden Jahren zog der Orden immer mehr Mitglieder an sich. Durch seine straffe Organisation, die Anzahl der in Waffen stehenden Männer und das unglaubliche Vermögen, wurde er de facto zu einer politischen Macht. Die Templer verhandelten zwischen verfeindeten Königreichen und sogar zwischen den Christen und Sarazenen. Es gab die Templer also wirklich.«
Peter machte eine Pause und griff nach einer Mineralwasserflasche und einem Glas, um sich etwas einzuschenken.
»Das meiste davon kann man schnell nachlesen«, fuhr er schließlich fort. »Was für uns aber besonders interessant sein dürfte, ist das Geheimnis, das die Templer umgibt. Wir wissen, dass der Orden immer mächtiger und damit der Kirche und den Königen unbequem wurde. Knapp zweihundert Jahre nach seiner Gründung, am dreizehnten Oktober 1307, ordnete König Philipp IV. von Frankreich die zeitgleiche Verhaftung aller Templer in Frankreich und die Beschlagnahmung ihrer Güter an.«
»Dann war die Kristallnacht der Nazis auch keine neue Idee«, warf Patrick ein.
»Also, man kann die Dimension sicherlich keinesfalls vergleichen, aber es war noch nie da gewesen. Philipp hatte sich bei den Templern hoch verschuldet, und er hatte sich die Genehmigung für seine Aktion vom Papst eingeholt, der ihm einen Gefallen schuldig war. Es war eine für damalige Zeiten logistisch eindrucksvolle Leistung. Die meisten Templer wurden überrascht und ergaben sich widerstandslos. Sie wurden der Ketzerei angeklagt, gefoltert und viele schließlich verbrannt. In Frankreich wurden sie schnell ausgerottet und der Orden offiziell verboten und aufgelöst. In anderen Ländern wurde das Verbot nur zögerlich oder gar nicht durchgesetzt. In Portugal und Spanien nannte er sich einfach in ›Christusorden‹ um und überlebte so. Das hat uns ja auch Samuel zu Weimar erzählt, erinnern Sie sich? Heinrich der Seefahrer und Kolumbus waren Ritter des Christusordens und trugen das rote Tatzenkreuz sogar bis nach Amerika.
Heute vermutet man, dass die
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