Projekt Sakkara
Papyrus zeigte die Abbildung einer Sphinx. Sie begann, rötlich zu leuchten, erst an den Konturen, dann immer stärker, bis die Zeichnung unter dem roten Strahlen nicht mehr zu erkennen war. Doch das Licht wurde noch heller, füllte bald die Grabkammer, bis die Welt nur noch aus rot-goldenem Licht bestand, das in sanften Schleiern dahinzog.
Umhüllt von dem alles überwältigenden Strahlen, drehte er sich, doch es gab nach allen Seiten hin nur noch die sanft wehenden und wabernden Vorhänge aus Licht, das sich in unendlichen Schattierungen von fast reinem Weiß und Gelb bis Orange, Feuerrot und Karmesin zeigte. Während es sich ständig veränderte und verfärbte, wogte es dahin, als erzähle es eine Geschichte, und es füllte ihn mit Wärme und einem Gefühl von Geborgenheit.
Zufrieden schloss er die Augen und ließ die Arme sinken.
Peter zuckte zusammen, als die goldenen Strahlenarme, die von dem Pyramidion ausgegangen waren, mit einem Mal verschwanden.
Das Glänzen des Steines erlosch, und er sah, dass Patrick nun mit gesenkten Armen und gesenktem Kopf vor dem Pyramidion stand. Offenbar hatten die Strahlen ihn nicht verletzt.
»Peter«, sagte er, »Sie werden nicht glauben, was ich gesehen habe!«
Kapitel 12
18. April 1941, Nekropole von Sakkara
Es dämmerte bereits, als der Wachposten zu James und seinem Begleiter zurückkehrte. Die Papiere seien in Ordnung, und sie dürften sich fünf Tage auf dem Gelände der Totenstadt aufhalten. Da es schon spät war, bauten James und Salah ihr Lager auf, wie sie es geplant hatten. Im Wagen führten sie alle notwendigen Stangen, Seile und Tuchplanen für ein großes Zelt mit sich, sowie Lebensmittel und Wasser. Natürlich hatten sie nicht vor, lediglich Fotografien zu machen. Ihre Ausrüstung umfasste weiterhin Klappspaten, Bürsten, Pinsel und Lampen.
Sie warteten auf den Einbruch der Dunkelheit. In der Ferne verliehen die Lichter von Kairo dem Horizont einen Schimmer, aber über ihnen war der Nachthimmel tiefschwarz und ungetrübt. Inmitten einer unermesslichen Zahl von Sternen, wie sie nur an wenigen Abenden auf dem Land in England, weitab der Städte und Dörfer zu sehen waren, zeichnete sich die Milchstraße in einem deutlichen Band ab. Der Mond war noch nicht aufgegangen, und das weitläufige Gelände lag im Dunklen. Es war ein günstiger Augenblick, um ungesehen einen Streifzug zu unternehmen.
James war bisher nur zweimal hier gewesen, um sich die bisherigen Ausgrabungen und den eindrucksvollen Begräbniskomplex des Djoser anzusehen, aber diese beiden Besuche sowie sein jahrelanges Studium der Karten und Grabungsberichte genügten ihm, um jedes Gebäude, nahezu jeden Mauerrest und jeden Trampelpfad zu kennen. Daher wusste er nun genau, welchen Teil des Bezirks sie aufzusuchen hatten.
Er zog den Pullover an, den er bisher lose über den Schultern getragen hatten, nahm seinen Rucksack, und sie gingen los.
Im Schutz der zahlreichen rekonstruierten Bauten erreichten sie einen kleinen vergitterten Zugang in einer niedrigen Mauer.
Salah benötigte nicht lange, um das Vorhängeschloss zu öffnen, das die Kette zusammenhielt. Sie schlüpften hindurch und brachten Kette und Schloss hinter sich wieder in die ursprüngliche Position. Dann folgten sie einer Treppe in die Tiefe.
Als ihre Schritte verklungen waren, trat Wolfgang Morgen hinter der Mauer eines kleinen Tempels hervor.
In einiger Entfernung von ihm und in der Dunkelheit kaum auszumachen, erschienen die Formen von fünf weiteren Männern. Sie waren zwar wie Forscher gekleidet, aber jeder von ihnen trug eine Waffe.
11. Oktober 2006, Guardner Residence, Kairo
»Rotes Licht, sagen Sie?«, fragte Oliver Guardner.
Sie hatten den Alten am Abend zuvor nicht mehr angetroffen, und nun saßen sie gemeinsam auf der Terrasse beim Frühstück. Patrick, der mit einigen Tassen Kaffee an diesem Morgen zufrieden war, zündete sich bereits eine Zigarette an.
»Ja, rotes Licht«, sagte er. »Peter und ich hatten doch diese Höhle in Südfrankreich erforscht, und dort waren wir auch auf so ein Licht gestoßen, allerdings bläulich. Es schien, als könne man es anfassen. Nach unseren Erlebnissen in der Höhle waren Peter und ich auf der Suche nach Archiven des Wissens, und zwar nicht im übertragenen Sinn, sondern ganz konkret. Wir hatten überlegt, ob es möglicherweise weltweit ein Netzwerk von Orten gibt, in denen Wissen gespeichert ist. Und die Tatsache, dass wir hier auf dasselbe Lichtphänomen
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