Projekt Sakkara
ja gut! In Ordnung ... «, murmelte er und wandte sich ab.
Die Führung ging weiter. Melissa erklärte ihnen etwas über das Neue Reich, die Spätzeit, den Verfall des ägyptischen Reiches, die Eroberung durch Alexander den Großen im Jahr 332 v. Chr., die folgende griechische Periode, die sich Ptolemäerzeit nannte, und schließlich die römische und die byzantinische Zeit. Sie erzählte etwas darüber, wie die ägyptische Religion durch den Islam und das koptische Christentum abgelöst wurde, aber Patrick interessierte sich vor allem dafür, wie sich beim Sprechen manchmal ihre Mundwinkel ganz leicht nach oben kräuselten und sich ab und zu ein Grübchen auf ihrer Wange bildete. Manchmal fielen ihr dabei ihre rotblonden Locken ins Gesicht.
Sie waren inzwischen einmal im Kreis gelaufen und wieder am Eingang angelangt. Von hier führte Melissa sie hinauf in den ersten Stock zur Mumien-Ausstellung. Während sich eine Mischung aus Faszination und Schauder breitmachte und Fotoapparate gezückt wurden, gesellte sich Melissa zu Patrick.
»Und, wie fandest du es bisher?«
»Wunderschön«, sagte Patrick und lächelte sie an.
»Ich meine den Vortrag!«, sagte sie und stieß ihn in die Seite. »Fandest du das interessant?«
»Doch, unbedingt!«
»Na schön. Also, wenn irgendetwas unverständlich ist, oder wenn es etwas gibt, das du gerne wissen möchtest, dann frag einfach, okay?«
»Sicher! Ich frage mich zum Beispiel, ob es möglich ist, dich heute Abend zum Abendessen einzuladen.«
»Oh, du hast es aber eilig!« Sie schmunzelte. »Findest du nicht, dass du übertreibst?«
»Besondere Situationen erfordern besondere Maßnamen.«
»O wirklich? Dann bin ich aber gespannt, ob es auch wirklich so ein besonderer Abend wird.«
»Dann war das ein Ja?«
»Noch mal sage ich es jedenfalls nicht.«
»Na, das war ja unkompliziert.«
»Bitte schön. Und jetzt muss ich mal weitermachen ... Bis gleich!« Damit wandte sie sich wieder an die Gruppe und führte sie in den nächsten Raum.
Sie besahen sich Statuetten altägyptischer Gottheiten, Papyri und bemalte Tonscherben und näherten sich dabei dem Grabschatz des Tutanchamun. Immer mehr Schaukästen leuchteten im Gold der kostbaren Artefakte, die sie enthielten: mit Edelsteinen besetzte Ketten, Amulette und Pektorale, Vasen und Gefäße aus Alabaster, vergoldete Holzpanele, Statuetten aus Fayence, Bronze und Glas, mit Blattgold überzogene Truhen aus Ebenholz und Elfenbein, Einlegearbeiten aus Silber, Quarz, Obsidian und Türkis. Das Tempo der Gruppe verlangsamte sich zusehends. Immer wieder verharrten die Besucher staunend, und mehr als einer ließ die Finger ehrfürchtig über die Scheiben der Vitrinen gleiten.
Melissa führte sie dennoch weiter. Der gewaltige Grabschatz füllte fast die Hälfte des oberen Stockwerks und war auf mehrere Räume und Gänge verteilt. Melissa erläuterte die Vielzahl der kostbaren, kaum einen halben Meter großen Statuen, die Uschebti genannt wurden, den vergoldeten Statuenschrein und zeigte ihnen den prachtvollen, mit Gold und Edelsteinen überzogenen Thron des Pharaos.
Im Anbetracht der unüberschaubaren Kostbarkeiten dachte Patrick an seine eigenen Erfolge auf der Suche nach verborgenen Schätzen. Wie oft waren Funde zwar von wissenschaftlichem Wert, stellten aber keine materielle Sensation dar. Eine unscheinbare bemalte Tonscherbe konnte die Handelsbeziehung zweier Völker belegen und die Geschichte neu schreiben. Einfache Grabbeigaben konnten einen bisher unbekannten Ahnenkult bezeugen, und Knochen enthielten mitunter Hinweise auf eine überraschend fortschrittliche medizinische Versorgung. Aber echte Kostbarkeiten waren verdammt selten, und ein Goldschatz wie dieser hier war geradezu atemberaubend. Patrick überlegte, wie groß die Wahrscheinlichkeit war, dass weitere, ähnliche Reichtümer noch immer im Sand Ägyptens verborgen waren. Es hatte mehrere hundert gottgleicher Pharaonen gegeben, die jeweils in spektakulären Zeremonien und ungeahntem Prunk begraben worden waren, nicht zu vergessen die vielen tausend wohlhabenden Priester, Beamten und Würdenträger, die im Laufe von dreitausend Jahren mit einem Großteil ihres Vermögens unter die Erde gebracht worden waren. Der Gedanke, sich mit der ägyptischen Geschichte – und vor allen Dingen den bisher nicht gefundenen Gräbern – zu beschäftigen, begann ihm sympathisch zu werden.
Melissa kündigte den nahenden Höhepunkt des Rundgangs an, als sie um eine Ecke gingen. Patrick
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