Projekt Wintermond
Geschirrtuch vom Haken und wickelte es fest um McCauls Arm, bis die Blutung nachließ. »Lassen Sie mal sehen.« Sie untersuchte die Wunde. Es war ein glatter Durchschuss.
»Packen Sie endlich aus, Vogel«, sagte McCaul.
Das Geräusch eines Motors ließ sie aufhorchen. Vogel geriet in Panik. »Es ist zu spät! Sie sind schon hier! Ich wusste, dass sie kommen .«
Jennifer trat ans Fenster. Ein großer schwarzer BMW jagte durchs Tor auf die Einfahrt zu. Jennifer klopfte das Herz bis zum Hals. Als der Wagen sich dem Haus näherte, konnte sie die Insassen schemenhaft erkennen. »Er hat Recht, Frank. Da kommt jemand.«
»Wer?«
»Zwei Männer.«
57
Jennifer spähte blinzelnd durch die Gardinen. Der BMW hielt vor dem Hauseingang. McCaul zerrte Vogel hinter sich her und stellte sich neben Jennifer ans Fenster. Die Wagentüren wurden geöffnet; zwei Männer stiegen aus.
Sie erkannten den Blonden aus dem Zug wieder. Auf seiner Stirn klebte ein Pflaster. Er drückte sich ein Handy ans Ohr. Diesmal wurde er von einem sportlichen Mann um die dreißig begleitet, der eine Maschinenpistole in der Hand hielt.
»Wer sind diese Typen, Vogel?«, fragte McCaul.
»Ich weiß es nicht.«
»Sie wissen es nicht?«, brüllte McCaul.
»Es könnten die Männer sein, die seit drei Tagen mein Haus beobachten. Sofort nach den Zeitungsmeldungen über den Fund der Eisleiche ging es los. Sie sind mir auf dem Weg ins Dorf gefolgt, in verschiedenen Wagen. Die dachten anscheinend, ich würd’s nicht merken.«
»Wer könnten die Männer sein?«
»Sie gehören zur Russenmafia. Die Leute, für die Lazar gearbeitet hat.«
»Warum haben sie Ihr Haus observiert?«
Vogel schwieg.
»Sie haben uns längst nicht alles gesagt, was Sie wissen!«, brüllte McCaul wütend.
Jennifer beobachtete die beiden Männer draußen. Der Blonde beendete sein Gespräch, zog eine Pistole und nickte seinem Komplizen zu. Sie steuerten auf die Eingangstür zu. »Frank, sie kommen.«
McCaul trat vom Fenster weg. »Hören Sie, Vogel. Einer dieser Männer hat schon zweimal versucht, uns zu töten. Jetzt ist er hier, um seinen Job zu erledigen. Sagen Sie uns endlich, was los ist.«
Vogels Gesicht war schweißüberströmt. Er schwieg hartnäckig.
»Hinter was sind die Männer her?«, fragte Jennifer. »Was hatte mein Vater mit der Russenmafia zu tun?«
»Vergessen Sie’s, Jennifer«, sagte McCaul. »Wir dürfen keine Zeit verlieren. Hoffentlich hat das Haus einen Nebeneingang.«
»Da lang.« Vogel zeigte mit zitternder Hand auf die Tür am Ende der Küche.
»Wohin führt diese Tür?«
»Ins Kellergeschoss und von dort zur Hoftür, wo Scheune und Garage sind.«
McCaul öffnete die Kellertür, hinter der eine kleine, dunkle Diele lag. Er drückte auf einen Lichtschalter; eine Glühbirne leuchtete auf. Die Treppe führte hinunter in einen Keller, in dem Heizmaterial gelagert wurde. Dicke Holzscheite lagen aufgestapelt an den Wänden.
»Ist der Mercedes in der Garage fahrbereit?«, fragte McCaul.
»Ja.«
»Wo sind die Schlüssel?«
»Ich lasse sie immer stecken.«
»Führt hier eine Straße entlang?«, fragte Jennifer.
»Nur ein holpriger Waldpfad. Er fängt hinter der Scheune an und mündet nach einem halben Kilometer in die Hauptstraße.«
McCaul schwitzte. »Wir müssen es versuchen. Sie kommen mit.«
Vogel bekam es mit der Angst zu tun. »Bitte, tun Sie mir nichts…«
McCaul riss der Geduldsfaden. »Das ist wirklich eine Lachnummer! Eben wollten Sie mich noch abknallen. Hören Sie, Vogel. Ihre Überlebenschance steigt gewaltig, wenn Sie uns begleiten.«
»Meine Hunde… Ich muss sie rufen.«
McCaul wies mit der Beretta auf die Treppe. »Dazu ist keine Zeit mehr. Beeilung.«
Die beiden Männer blieben vor der Haustür stehen. Der Blonde schnippte mit den Fingern. Sein Komplize nahm seine Position vor der Eingangstür ein. Als er eine Hand auf den Griff legte, fingen die Hunde zu knurren an. Der Blonde übernahm die Deckung. Er spannte den Hahn seiner Waffe und nickte.
Der Komplize drückte die Klinke herunter .
McCaul verschloss hinter sich die Kellertür. Sie liefen die Stufen hinunter. »Was ist in der Nacht geschehen, als Sie meinen Vater auf den Gletscher geführt haben?«, fragte Jennifer.
»Ich habe Lazar gewarnt«, antwortete Vogel. »Es war heller Wahnsinn, den Gletscher nachts zu überqueren, doch er wollte nicht auf mich hören. Er drohte, Peter und mich zu erschießen, wenn wir ihn nicht über die Grenze bringen. Wir mussten ihnen
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