Projekt Wintermond
beiden Männer, die ihr Handgepäck aus der Gepäckablage nahmen. Der Rothaarige spähte verstohlen zu ihr herüber, bevor er zur Tür ging. Jennifer bekam es mit der Angst zu tun. McCaul nahm sie am Arm und führte sie zum Ausgang. »Bleiben Sie immer in meiner Nähe.«
Da sie kein Gepäck abholen mussten, waren sie die Ersten am Schalter der Einwanderungsbehörde. Nach Überprüfung ihrer Reisepässe näherten sie sich dem Zoll. Auf halber Strecke änderte McCaul plötzlich die Richtung und schlenderte mit Jennifer in Richtung der Toiletten. »Wir warten hier. Wühlen Sie in Ihrer Tasche, als würden Sie etwas suchen.«
»Was haben Sie vor?«
»Tun Sie, was ich sage.«
Jennifer wühlte in ihrer Umhängetasche. Zu ihrer Linken befand sich eine dicke Stahltür mit einer Tastatur an der Seite. Auf einem Schild auf der Tür stand: PERSONALEINGANG. UNBERECHTIGTEN IST DER ZUTRITT VERBOTEN. Jennifer blickte sich um. In der Nähe des Zolls standen zwei bewaffnete, uniformierte Polizisten. Ihre drei Verfolger lungerten neben einem Pfeiler. Die beiden Männer standen ein paar Schritte hinter der blonden Frau. Die drei waren bemüht, sich möglichst unauffällig zu verhalten.
»Frank, die stehen keine fünfzig Meter hinter uns«, sagte Jennifer ängstlich.
»Ich weiß. Aber vor den Augen der Polizisten werden sie kaum was unternehmen. Ich wette, die warten, bis wir den Ankunftsbereich betreten haben. Aber vorher schütteln wir sie ab.«
»Und wie?«
McCaul zeigte auf die Stahltür. »Durch diese Tür.«
Jennifer blickte ihn verwirrt an. Ohne den richtigen Code konnte man die Tür nicht öffnen. »Ich verstehe nicht…«
»Wir bekommen Hilfe von der anderen Seite.« McCaul tippte eine Nummer ins Handy. »Wo steckst du, Marty, verdammt? Wir warten am vereinbarten Treffpunkt vor dem Personaleingang. Beil dich, die sind uns auf den Fersen. Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
McCaul schaltete das Handy aus.
»Mit wem haben Sie telefoniert?«, fragte Jennifer verwirrt.
»Erkläre ich Ihnen später.«
»Hat das etwas mit dem Telefonat zu tun, das Sie im Flugzeug geführt haben?«
McCaul warf einen besorgten Blick auf ihre Verfolger. »Die sehen aus, als könnten sie es gar nicht mehr abwarten, uns zu schnappen.«
Jennifer folgte seinem Blick. Die beiden Männer und die Frau lungerten noch immer neben dem Pfeiler herum. Sie wirkten unschlüssig und besorgt.
Ein dumpfes Geräusch drang an Jennifers Ohr. Erschrocken fuhr sie zusammen und drehte sich um. Die Sicherheitstür wurde von einem übergewichtigen Mann mit einem dicken schwarzen Schnurrbart geöffnet. Er trug die Uniform des Sicherheitspersonals mit einer spitzen Kappe und hielt ein Klemmbrett in der Hand. An seinem Hals baumelte eine Kette mit seinem Foto und seinem Namen. Er hieß Marty Summers.
»Wo warst du, Marty?«, fragte McCaul.
»Ich bin so schnell gekommen, wie ich konnte. Beeilt euch.«
McCaul schob Jennifer durch die Tür. Sie warf einen Blick über die Schulter. Die beiden Männer und die Frau rannten auf die Stahltür zu, doch sie waren nicht schnell genug. Die Tür fiel vor ihrer Nase ins Schloss.
»Du hast uns das Leben gerettet, Marty.«
Marty grinste. »Eine Hand wäscht die andere, McCaul. Und jetzt nichts wie weg.«
66
Als Marty sie durch den Gang führte, hörte Jennifer die lauten Schläge gegen die Tür. Sie wunderte sich, wie problemlos sie den Verfolgern entwischt waren.
»Marty arbeitet beim Flughafen-Sicherheitsdienst«, erklärte ihr McCaul. »Er schuldete mir einen Gefallen. Ich hab seine Frau mit einem anderen Kerl im Bett erwischt und Fotos gemacht, die es beweisen. Stimmt’s, Marty?«
»Klar, Mann«, erwiderte Marty mit seinem Bronx-Akzent. Er führte sie rasch durch den von Neonlampen erhellten Gang mit Bürotüren zu beiden Seiten. »Die Nutte ist mit der Hälfte des Flughafenpersonals ins Bett gestiegen. Ich hab die Schlampe rausgeworfen. Das war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Wer sind die Blödmänner, die euch verfolgt haben?«
»Das ist eine lange Geschichte. Was ist mit dem Wagen?«
Marty reichte McCaul die Autoschlüssel. »Parkdeck vier. Wenn ihr aus dem Aufzug kommt, der dritte Stellplatz rechts. Ein blauer Chevy Impala.«
»Du bist in Ordnung, Marty.«
»Bring mir den Chevy bloß heil zurück, Frank. Keine Dellen und keine Kratzer, verstanden? Ich muss die Kiste noch zwei Jahre abstottern. Fahr vorsichtig. Klar?«
»Versprochen.« Sie bogen um die Ecke. »Dauert es noch lange, bis
Weitere Kostenlose Bücher