Projekt Wintermond
Handy mit. Du kannst mich in Europa also jederzeit anrufen.«
Jennifer entging die leichte Röte nicht, die Mark in die Wangen stieg. »Sicher…«, sagte er nach kurzem Zögern.
»Ist das wirklich kein Problem für dich?«
»Nein… nein, das geht in Ordnung.«
»Und warum wolltest du mich sprechen?«
»Hast du alles für die Reise vorbereitet?«
»Ich fliege morgen von Newark nach Zürich. Von dort fahre ich mit einem Mietwagen nach Varzo. Warum?«
»Deshalb wollte ich dich sprechen, Jenny. Ich hab mir überlegt… ich könnte dich begleiten. Was meinst du?«
»Du willst mit mir nach Europa fliegen?«
»Ja.«
»Warum?«
Mark zuckte mit den Schultern. »Es wird bestimmt nicht leicht für dich sein, den Leichnam deines Vaters zu identifizieren. Ich dachte, du könntest eine Schulter zum Anlehnen und die Unterstützung eines Freundes gebrauchen. Ich könnte mir ein paar Tage Urlaub nehmen und mir heute Nachmittag das Ticket besorgen. Wie sieht’s aus?«
Doch Jennifer stand nicht der Sinn danach, sich von Mark nach Europa begleiten zu lassen. »Das ist sehr nett von dir, und ich danke dir für das Angebot. Aber mir wär’s lieber, wenn du dich während meiner Abwesenheit um Bobby kümmerst. Verstehst du das, Mark?«
»Ich könnte jemanden bitten, sich um Bobby zu kümmern, falls er Hilfe braucht.«
»Und wen?«
»Einen Freund oder Kollegen. Das wäre kein Problem.«
»Für dich vielleicht nicht, für Bobby aber schon. Mit Leuten, die er nicht kennt, kann er nichts anfangen.«
»Denk darüber nach, Jennifer«, beharrte Mark. Wenn eine Sache ihm sehr am Herzen lag, benutzte er stets ihren richtigen Namen. »Europa ist weit, und es wird nicht einfach für dich sein. Es ist nicht gut, wenn man in solch einer Situation allein ist.«
Jennifer musterte ihn. »Warum habe ich plötzlich das Gefühl, du hast Angst um mich?«
»Angst?« Mark schüttelte den Kopf und lachte leise, was Jennifers Misstrauen aber nicht zerstreute. »Ich habe keine Angst. Ich mache mir Sorgen. Ich dachte mir, ein Freund an deiner Seite könnte hilfreich sein. Die Reise wird dich viel Kraft kosten.
Wenn du deinen Vater identifizieren musst, werden alte Erinnerungen an ihn wieder aufleben. Es wird bestimmt nicht leicht.«
»Vielleicht hast du Recht, aber ich komme schon klar.«
»Soll ich dich wirklich nicht begleiten?«
»Nein, diese Sache muss ich allein durchstehen.«
Mark seufzte. »Willst du nicht noch einmal darüber nachdenken?«
Jennifer sah ihm in die Augen. Er wich ihrem Blick aus. Irgendetwas schien ihn zu beunruhigen. »Warum werde ich das Gefühl nicht los, dass du mir etwas verschweigst?«
»Ich will dir nur helfen.«
»Sicher?«
»Ganz sicher. Ich würde dich gern begleiten. Ein Wort von dir, und ich pack meine Sachen.«
»Das kann ich nicht annehmen, Mark. Danke für das Angebot, aber das möchte ich… muss ich alleine durchstehen.« Sie stand auf. »Es wird Zeit für mich. Ich muss die Tickets abholen und packen.«
Mark brachte sie mit enttäuschter Miene zur Tür. »Wie lange bleibst du?«
»Das weiß ich nicht genau. Für den Rückflug habe ich deshalb noch keinen Platz reserviert. Die erforderlichen Formalitäten für die Überführung meines Vaters nach Hause werden bestimmt einige Zeit in Anspruch nehmen.«
»Wann geht deine Maschine morgen?«
»Am Abend, Viertel nach neun. Am nächsten Tag, kurz vor Mittag, landet die Maschine in Zürich. Du könntest mich zum Flughafen bringen, wenn du möchtest.«
Mark errötete. »Oh, da fällt mir gerade ein, dass ich morgen dringend etwas erledigen muss. Es geht leider nicht. Darf ich dir eine Frage stellen, Jenny?«
»Bitte.«
»Hast du eine Idee, was dein Vater in diesem Teil der Schweiz gemacht haben könnte? Ob er dort geschäftlich oder privat zu tun hatte?«
»Nein, keine Ahnung. Warum?«
»Ich habe viel darüber nachgedacht.« Mark schüttelte den Kopf. »Es muss doch einen Grund geben, dass er dort war. Und dass sein Leichnam ausgerechnet in einer Gletscherspalte gefunden wurde, ist mehr als seltsam. Findest du nicht?«
»Ja, ich zerbreche mir ebenfalls den Kopf darüber. Aber vielleicht finde ich ja etwas heraus. Ist sonst alles in Ordnung bei dir, Mark?«
»Klar.« Er küsste sie auf die Wange. »Viel Glück.«
»Danke für dein Angebot. Das Pflegeheim setzt sich mit dir in Verbindung, falls es Probleme geben sollte.«
Jennifer ging den Weg hinunter. Ehe sie in den Wagen stieg, warf sie einen Blick zurück. Mark stand auf der Veranda und
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