Projekt Wintermond
morgen…«
»Hören Sie…«
»Bitte respektieren Sie meine Wünsche.«
Vater Angelo Konrad drehte sich um. Doch Jennifer ließ sich nicht so schnell entmutigen. »Vater, bitte, glauben Sie uns. Es ist ungeheuer wichtig. Es geht um Leben und Tod.«
Jetzt horchte der Mönch auf. »Das alles klingt sehr eigenartig, Signorina. Wer schwebt denn in Lebensgefahr?«, fragte er misstrauisch.
»Wir.«
Entweder hatte der Mönch Mitleid mit seinen Besuchern, oder seine Neugier war geweckt. Auf jeden Fall zog er seufzend einen Schlüsselbund unter seiner Kutte hervor, schob einen Schlüssel ins Schloss und öffnete das Tor.
28
Vater Angelo Konrad führte Jennifer und McCaul durch den Regen über den Hof. Im Schutz des Bogengangs gingen sie auf eine massive Holztür zu. Blitze zuckten über den Himmel. Donner krachte. Als sie das Haus betraten, waren sie völlig durchnässt. Vater Angelo schüttelte den Regen aus seiner Kutte und nahm die Sturmlaterne in die Hand, um den Raum zu erhellen. »Ein scheußliches Wetter! Irgendwo muss ein Blitz eingeschlagen sein. Strom und Telefon funktionieren nicht mehr. Bitte, nehmen Sie Platz.«
Sie befanden sich in einem kleinen, mit Terrakotta-Fliesen ausgelegten Büro. Der Mönch stellte die Laterne auf einen Schreibtisch. »Es geht um Leben und Tod, haben Sie gesagt?«, fragte er Jennifer.
»Vor fünf Tagen wurde auf dem Wasenhorn-Gletscher eine Leiche gefunden. Haben Sie davon gehört, Vater?«
Der Mönch schüttelte den Kopf. »Nein, davon weiß ich nichts. Was außerhalb dieser Mauern geschieht, ist für uns nicht von Belang. Eine Leiche, sagten Sie?«
»Die Leiche eines Mannes. Die Karabinieri vermuten, dass er zwei Jahre im Eis lag.«
Der Mönch blickte ins Leere. »Derartige Geschichten hört man hier gar nicht so selten. Die Gletscher sind gefährlich. Manchmal werden in den Bergen Menschen vermisst, deren Leichname Jahrzehnte im Eis liegen, bis die Schneeschmelze sie eines Tages ans Licht bringt.« Er musterte die späten Besucher. »Darf ich fragen, wer Sie sind?«
McCaul nannte seinen und Jennifers Namen und zeigte dem Vater seine Visitenkarte. Angelo schaute sie aufmerksam an. »Ich verstehe nicht . Warum ist ein amerikanischer Privatdetektiv in diesen Fall verwickelt?«
»Das erkläre ich Ihnen später. Der Mann, der die Grenze überqueren wollte und im Gletscher ums Leben kam, könnte einen Begleiter gehabt haben. Möglicherweise hat dieser Begleiter in Ihrem Kloster Schutz gesucht.«
Der Mönch runzelte die Stirn. »Wie kommen Sie darauf?«
»In jener Nacht tobte ein Schneesturm«, erklärte Jennifer. »Ich habe erfahren, dass Bergsteiger bei schlechtem Wetter oft im Kloster Schutz suchen.«
Vater Angelo nickte. »Das stimmt, aber ich weiß nicht, ob ich Ihnen folgen kann.«
Jennifer sprach von den beiden Zugtickets, die man bei der Leiche gefunden hatte. »Der Begleiter des Opfers könnte in dem Schneesturm überlebt haben und hierher gekommen sein.«
Der Mönch seufzte. »Vor zwei Jahren? Möglich wäre es, Signorina. Unser Kloster wird in der Tat als Zufluchtsort genutzt. Es kommen viele Besucher her, die beten und nachdenken wollen, und andere, die Schutz suchen.«
»Führen Sie Buch über die Besucher?«
»Ja, der Abt notiert sie alle in seinem Journal. Vor zwei Jahren, sagten Sie? Ältere Aufzeichnungen werden unten im Archiv bei den Privatunterlagen des Abts aufbewahrt. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass jeder einzelne Besucher protokolliert wurde.« Vater Angelo hielt kurz inne. »Ich würde wirklich zu gern erfahren, was all diese Fragen zu bedeuten haben.«
»Würden Sie die Protokolle wohl für uns durchsehen, Vater?«
» Jetzt? «
»Ja, jetzt.«
Angelo stieß wieder einen lauten Seufzer aus. »Signorina, ich habe noch immer nicht verstanden, um was genau es geht. Und warum diese Eile? Könnten Sie mir das bitte erklären?«
»Möglicherweise wurde der Mann ermordet.«
Angelo riss die Augen auf. »Das wird ja immer seltsamer, Signorina. Wer hat den Mann ermordet, und warum?«
»Das wollen wir herausfinden. Wenn wir uns Ihre Besucherprotokolle ansehen könnten, würde uns das helfen .«
Vater Angelo schüttelte den Kopf. »Signorina, es ist spät. In einer solchen Nacht habe ich keine Lust, im Keller herumzuwühlen. Vielleicht verschwende ich nur meine Zeit.«
»Vater, es geht um Leben und Tod! Wir sind in Gefahr. Diese Sache hat bereits Menschen das Leben gekostet.«
»Wen? Und warum?«, fragte Vater Angelo fassungslos.
»Das
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