Projekt Wintermond
hier.«
»Und was ist mit Jennifer?«
»Ich suche sie.«
»Und Sie glauben, Sie können sie so einfach aufspüren, was?«
»Warum gelingt es Ihnen eigentlich nicht, Jennifer zu finden?«
Kelso wies auf das Fenster, gegen das der Regen peitschte. »Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten, da draußen tobt ein schweres Unwetter. Wir haben zwei Hubschrauber gechartert, die McCauls Geländewagen suchen sollen, doch die Piloten weigern sich, bei diesem Wetter zu starten. Doch laut Vorhersage soll sich das Unwetter im Lauf des Vormittags verziehen.«
»Großartig! Dann gibt es im Augenblick also nicht die geringste Hoffnung, Jennifer zu finden?«
»Das würde ich nicht sagen. Wir könnten ihr Handy orten, sobald sie es einschaltet. Übrigens habe ich das Wetter nicht bestellt. Fellows hält sich vorerst in Jennifers Hotel in Simplon auf, falls sie dort erscheinen sollte.«
»Und wenn sie dort nicht auftaucht?«
»Seien Sie nicht so ungeduldig. Ich tue, was ich kann.«
Mark nahm seine Jacke und ging zur Tür zu. »Wenn ich Jennifers Geschichte an die Presse weitergebe und ihr Foto auf allen Titelseiten erscheint, haben wir vielleicht Erfolg.«
Kelsos Miene verdüsterte sich. »Machen Sie keinen Unsinn. Wie Sie wissen, ist dies eine streng geheime, verdeckte Operation. Das können Sie nicht machen. Das erlaube ich Ihnen nicht.«
»Versuchen Sie, mich aufzuhalten.«
Kelso spreizte hilflos die Hände. »Okay, okay. Sie haben gewonnen.«
»Sagen Sie mir jetzt endlich, was hier gespielt wird?«
»Offenbar habe ich keine andere Wahl. Ich habe mit meinen Vorgesetzten gesprochen. Sie haben mir ihren Segen erteilt, Sie im äußersten Notfall in begrenztem Umfang in die Operation einzuweihen. Ich glaube, jetzt haben wir einen Notfall.« Kelso seufzte. »Sie sind verdammt hartnäckig, Ryan.«
»Was heißt das, dass Sie mich >in begrenztem Umfang< in die Operation einweihen dürfen?«
»Ausreichend, um Ihnen einen Einblick in die Operation zu gewähren. Aber ich warne Sie. Zu niemandem ein Wort!«
»Damit kann ich leben.«
Kelso verzog das Gesicht und zeigte aufs Bett. »Setzen Sie sich.«
»Ich stehe lieber.«
»Sie sollten sich trotzdem setzen, Ryan. Was Sie gleich hören werden, könnte Sie umhauen.«
30
Es dauerte nicht lange, bis Vater Angelo das richtige Journal gefunden hatte. Die Eintragungen in dem linierten Heft waren sauber mit schwarzer Tinte geschrieben, nur leider in einer Sprache, die weder Jennifer noch McCaul verstanden. Der Mönch blätterte das Heft durch, bis er den Eintrag vom 15. April fand. »Sehen Sie. Ich hab’s ja gleich gesagt. Nichts.«
Jennifer konnte es nicht fassen. An diesem Tag gab es keine Einträge. Die Zeile war unbeschrieben. »Wie sieht es mit dem nächsten Tag aus? Mit dem 16. April?«
»Signorina…«
»Vater, es ist sehr wichtig!«
Angelo blätterte das Journal unwillig durch. Schließlich schüttelte er den Kopf. »Nichts. Sämtliche Einträge beziehen sich auf das alltägliche Klosterleben.«
»Zum Beispiel?«
Angelo zuckte mit den Schultern. »Die von den Mönchen durchgeführten Arbeiten. Die Bitte eines Brautpaares aus San Domenico, in der Klosterkirche getraut zu werden.«
»Es werden keine Besucher erwähnt? Auch nicht auf den nächsten Seiten?«
Angelo blätterte weiter. »Einer. Fünf Tage später, am Zwanzigsten.«
»Wer?«, fragte McCaul.
Angelo überflog die Zeilen und rieb sich nachdenklich das Kinn.
»Was ist?«, fragte Jennifer.
»Jetzt erinnere ich mich wieder…«, sagte Angelo.
»Woran?«
»Ein Mann kam hierher. In Pater Leopolds Journal steht: >Gestern Abend kam ein Besucher zu uns. Er gab vor, sich beim Wandern verlaufen zu haben, und musste medizinisch versorgt werden. <« Angelo hob den Blick. »Allmählich fällt es mir wieder ein. Er hatte Frostbeulen an den Füßen und im Gesicht.«
Jennifer lief ein Schauer über den Rücken. »Woran erinnern Sie sich noch?«
»Der Mann war hungrig und bedrückt und blieb ein paar Tage. Wir wollten einen Arzt rufen, aber das lehnte er entschieden ab.«
»Warum?«
»Weiß ich nicht. Die Erfrierungen waren nicht lebensbedrohlich. Der Abt versorgte seine Verletzungen mit provisorischen Verbänden und empfahl ihm, in ein Krankenhaus zu gehen.«
»Wer war der Mann?«
»Ein Fremder. Ich hatte ihn nie zuvor gesehen.«
»Wie alt war er?«
»Mittleren Alters.«
»Hat er Ihnen seinen Namen genannt?«
»Im Journal steht kein Name. Und falls er sich vorgestellt hat, habe ich den Namen
Weitere Kostenlose Bücher