Projekt Wintermond
würde keine Befehle mehr ausführen. Der Tod rückte näher und näher.
Wenn ich sterben muss, lass es schnell geschehen.
Der Mann genoss es sichtlich, sein Opfer zu foltern. Sein höhnisches Grinsen trieb Jennifer dazu, ihre letzten Kräfte zu mobilisieren.
Den sicheren Tod vor Augen, suchte sie fieberhaft nach einem Ausweg. Mit der freien Hand wühlte sie in ihrer Tasche und ertastete einen langen harten Gegenstand. Es war ein spitzer Kugelschreiber. Sie umklammerte ihn und stieß ihn mit voller Wucht in die Wange des Angreifers.
Der Killer zuckte zusammen. Die Maschinenpistole entglitt seinen Händen. Brüllend presste er eine Hand auf die blutende Wunde. Der Stift hatte sich unterhalb des linken Auges in seine Wange gebohrt.
Atemlos wich Jennifer vom Fenster zurück. Der Mann stürzte, krümmte sich vor Schmerzen am Boden und versperrte ihr den Fluchtweg. Bestürzt beobachtete sie, wie der Killer den Kugelschreiber aus der Wunde zog.
Mit einem hastigen Ruck öffnete Jennifer die Tür. Der starke Luftzug riss ihr fast den Boden unter den Füßen weg. Sie musste springen; sie hatte keine andere Wahl. Als sie sich innerlich auf den riskanten Sprung vorbereitete, spürte sie die Hand des verwundeten Killers an ihrem Fußknöchel.
Jennifers Blick fiel auf die Maschinenpistole. Sie ergriff die Waffe und befreite sich aus der Umklammerung. Der Mann rappelte sich auf und stürzte sich wieder auf sie.
Jennifer legte die Maschinenpistole an und drückte ab. Ein Geschoss aus der ratternden Skorpion traf den Mann in die Schulter. Blut spritzte auf seinen hellen Regenmantel. Er stöhnte und taumelte rückwärts in die offene Tür. Im letzten Moment klammerte er sich am Türrahmen fest. Sein Regenmantel flatterte im Fahrtwind. In seinen Augen loderte Hass.
Ehe der Zug in einen Tunnel fuhr, blickte Jennifer noch einmal in das von Todesangst verzerrte Gesicht des Killers. Eine Sekunde später verlor er den Halt und stürzte in die Schwärze des Tunnels.
Jennifer wandte sich ab. Sie nahm kaum wahr, dass die Wagentür geöffnet wurde. McCaul rannte zu ihr, die Beretta im Anschlag. Jennifer starrte fassungslos auf die Skorpion-Maschinenpistole. McCaul nahm ihr die Waffe aus der Hand. »Alles in Ordnung. Wir sind in Sicherheit«, sagte er atemlos. »Was ist passiert?«
Sie öffnete den Mund, brachte aber kein Wort hervor. Ich habe gerade einen Mann getötet. Ihr war speiübel. Auf dem Gang lag eine Leiche. Jennifer erkannte den Komplizen des blonden Mannes. Aus einer Wunde am Kopf sickerte Blut. »Ist er . ist er tot?«
McCaul hob die Beretta. »Nein. Ich musste mehrere Male zuschlagen, um ihn außer Gefecht zu setzen.« Er kniete sich auf den Boden und zog die Skorpion unter dem Regenmantel des Mannes hervor, leerte die Magazine beider Maschinenpistolen und warf die Waffen dann aus dem Zugfenster. »Diese Typen meinten es ernst. Ein Schuss aus diesen MPs kann einen Menschen in Stücke reißen.«
Jennifer musterte McCaul. Sein Gesicht war zerkratzt, sein Jackett an der Schulter zerrissen. Über seinem rechten Auge klaffte eine Wunde. »Wo wollten Sie hin?«
»Ich wollte uns Kaffee besorgen.« McCaul stand auf.
»Als ich zurückkam, bemerkte ich den Tumult auf dem Gang. Unser Freund da lief mir förmlich in die Arme. Sind Sie verletzt? Brauchen Sie einen Arzt? Was ist passiert?«
»Ich . ich habe einen Mann getötet«, stammelte Jennifer. Sie ließ sich in McCauls Arme fallen und erzählte ihm unter Tränen, was sie erlebt hatte.
»Beruhigen Sie sich, Jennifer. Das war Notwehr.«
»Das müssen die Männer aus dem Kloster gewesen sein. Ich frage mich, wie sie uns aufgespürt haben.«
McCaul zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Auf jeden Fall geben die nicht so schnell auf.« Er durchwühlte die Taschen des Mannes und zog ein Handy und eine Brieftasche heraus.
»Was tun Sie da?«, fragte Jennifer, als McCaul die Brieftasche aufklappte.
»Ich will wissen, wer uns umbringen wollte.«
»Wer ist der Mann?«
McCaul schob die Brieftasche und das Handy in seine Tasche. »Darüber sprechen wir später. Könnte sein, dass die beiden Verstärkung mitgebracht haben. Wir müssen hier raus.«
McCaul und Jennifer rannten durch den Zug, bis sie die nächste Notbremse entdeckten. Der Zug hatte den Simplon-Tunnel inzwischen verlassen und fuhr auf ebener Strecke nach Brig.
»Halten Sie sich gut fest. Wenn der Zug stark bremst, werden die Fahrgäste ordentlich durchgerüttelt. Hoffentlich verletzt sich keiner.«
McCaul
Weitere Kostenlose Bücher