Prophetengift: Roman
passiert ist, fange ich an, alles neu zu überdenken.«
»Geht da noch etwas anderes vor?«
Jetzt war Sebastian damit an der Reihe, Reed nachdenklich anzusehen. »Es gab da, äh, eine ... Familientragödie unter unseren Gemeindemitgliedern. Mord und Selbstmord.«
Reed legte ihre Gabel auf den Tisch. »Was ist denn passiert?«
»Ich möchte dich nicht deprimieren.« Sebastian zog erneut sein iPhone aus der Tasche und sah nach, ob er Nachrichten bekommen hatte. Schon den ganzen Tag plagte ihn eine Art Vorahnung.
»Du würdest dich bestimmt sehr viel entspannter fühlen, wenn du das Ding einfach mal ausschalten würdest«, empfahl Reed und zeigte mit dem Finger auf das Gerät.
»Du hast recht. Ich verspreche dir, meine Nachrichten erst dann wieder abzufragen, wenn du wieder bei Coby bist.«
»Du sollst das nicht für mich tun«, erwiderte Reed. »Es ist nur so, dass jeder sehen kann, wie sehr du dich entspannen musst. Ich meine, hier bist du in dieser wunderschönen Bucht, aber du checkst ständig dein Handy, als würdest du auf eine Organtransplantation warten. Erwartest du denn etwas derart Wichtiges?«
Er steckte das Telefon ein. »Niemand weiß, wo ich bin, darum brauche ich im Moment nichts zu tun – außer deine wunderbare Gesellschaft zu genießen.«
»Du kannst es wohl nicht lassen.« Reed lachte. »Aber obwohl deine hoch verfeinerten Flirttechniken an mich verschwendet sind – ich werde nicht versuchen dich davon abzuhalten.«
»Wie gesagt ...«, Sebastian ergriff ihre Hand. »Du bist anders als alle, die ich kenne. Du hast diese schöne, ruhige, liebenswerte Art, die mich dazu bringt, innerlich ruhig zu werden. Als fühltest du dich völlig wohl in deiner Haut, und deshalb finde ich auch mich in Ordnung, so wie ich bin. Und ich sage das nicht nur so, Reed, ich meine es. Für mich bist du innerlich genauso schön wie äußerlich, so als hättest du ... Sonnenschein in dir.«
Reed ließ die Wärme seiner Worte und seiner Haut auf sich wirken, und es rührte sie. »Kannst du ... sagen, was ich gerade denke?«
»Mich beschäftigt eher das, was mir durch den Kopf geht.«
Er beugte sich über den Tisch und küsste sie leicht auf den Mund. »Mmm, Pesto.«
Reed trank rasch einen Schluck Mineralwasser. »Versuchs noch mal.«
Sebastian stand auf, beugte sich über den Tisch und küsste sie fester. Reed öffnete die Lippen. Sie spürte, wie ihre Haut warm wurde und ihre Fußknöchel kribbelten.
»Danke«, sagte Sebastian, nachdem er sich wieder hingesetzt hatte. »Der Geschmack von Perrier ist sehr viel erfrischender.«
»Hab ich gesagt, dass du wie Parmesan schmeckst?«
»Du ... gefällst mir«, entfuhr es ihm.
Reed lehnte sich zurück und lachte. »Ich fange an, dich auch zu mögen, glaub ich.«
»Also, wie gehts jetzt weiter?«
»Mit dem Nachtisch?«
»Mit ... uns .«
Reed tätschelte ihm die Hand. »Wie wärs, wenn wir es langsam angehen lassen und sehen, was passiert. Ich fliege morgen nach L.A. zurück, und wenn du willst, könnten wir uns dort wieder treffen und etwas essen.«
Sebastian schaute über die Bucht, dann richtete er den Blick wieder auf Reed. »Ich muss irgendwann nach Hause zurückfahren, schätze ich ... Und wenn ich weiß, dass wir uns wiedersehen, könnte ich mich wenigstens auf etwas freuen.«
Sie machten sich erneut über die Pasta her.
»Kannst du mir etwas verraten?«, fragte Reed.
»Na klar«, antwortete Sebastian mit vollem Mund.
»Wie viel von dem, was ich denke, kannst du erspüren?«
Sebastian schluckte den Bissen herunter und legte seine Gabel hin. »Nur Bruchstücke – es sei denn, ich wache gerade auf oder bin in einem meditativen Zustand. Allerdings kann es jederzeit passieren, dass ich dieses Gefühl der Anziehung empfange, von dem du vielleicht schon mal gehört hast.«
»Wie fühlt sich das denn an, wenn sich jemand für einen interessiert?«
»Du willst doch nicht etwa sagen, dass dir entgeht, wenn jemand dich für echt scharf hält?« Sebastian lachte. »Ich bekomme bloß klarere Informationen, das ist alles.«
»Das ist nicht fair«, sagte Reed.
»Aber in der Liebe und im Krieg ist alles erlaubt. Sagen das nicht alle alten Leute immer?« Er füllte Reeds Wasserglas nach.
»Ich ... sage es dir, wenn ich alt bin.«
Sebastian stellte die Flasche auf den Tisch und blickte Reed in die Augen. »Willst du damit sagen, dass wir uns dann noch kennen werden?«
Wieder spürte Reed, dass sie rot wurde. »Ich habe keine Ahnung, was hier
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