Prophetengift: Roman
stecke.«
»Keine Sorge.« Sebastian holte den Karton und packte das
Gerät aus. Dann zeigte er Chuck, wie man das iPhone einschaltete, wie man die Tastensperre löste und im Internet surfte, wie er seine E-Mails checken konnte und wie man mit einigen der Apps spielte, beispielsweise der Wettervorhersage und dem Nachrichtendienst. Es gab sogar eine App, mit der man seine monatlichen Ausgaben nachvollziehen konnte. Sebastian schärfte Chuck noch ein, wie wichtig es war, das Gerät nicht nass werden zu lassen.
»Also, das ist wirklich erstaunlich! Wie bist du nur so ein Experte für die Dinger geworden?«
Sebastian wollte ihm gerade sein eigenes iPhone zeigen, als ihm einfiel, dass es noch im Handschuhfach von seinem Porsche Cayenne lag. »Ich habe auch so eins von Kitty bekommen, aber meins liegt noch im Auto. Langsam gewinne ich den Eindruck, dass sie Apple-Aktien gekauft hat.« Sebastian dachte kurz nach. »Während du deine Bewährungshelferin anrufst, laufe ich rasch hoch und schick ihr eine SMS, damit sie weiß, dass ich dich hergefahren habe und erst morgen nach Hause komme. Danach können wir dann auf die Bucht hinausfahren und ich zeige dir, wie man mit dem Boot umgeht.«
»Und du bist ganz sicher, dass es okay ist, wenn du diesen wichtigen Termin verpasst?«
Sebastian zuckte die Achseln. »Warum sollte ich meinen Arsch riskieren, um rechtzeitig nach L.A. zurückzukommen, nur um mir irgendwelches juristisches Gequatsche anzuhören?« Dann fiel ihm der neue rote Aston Martin ein ... aber er fand sich rasch mit der Lage ab, wie sie nun mal war.
»Ich finde es schön, dass wir so die Chance haben, einander ein bisschen besser kennenzulernen«, sagte Chuck. »Wir haben schließlich zwanzig Jahre aufzuholen – und ich habe noch nie ein Boot gesteuert, obwohl ich meine jungen Jahre praktisch im Wasser verbracht habe.«
»Wie meinst du das, im Wasser?«
»Ich habe gesurft und war ziemlich gut darin. Hey! Soll ich dir mal zeigen, wie man mit einem Surfbrett umgeht, wenn wir wieder zu Hause sind?«
»Sehr gern. Klar!«
»Also abgemacht.« Chuck versetzte Sebastian einen freundlichen Klaps auf die Schulter. »Also, erledigen wir beide, was zu erledigen ist, damit wir auf die Bucht rauskönnen.« Er schaute zu dem weiten sonnigen Himmel über ihren Köpfen empor. »Einen so schönen Tag habe ich noch nie erlebt!«
»Ich bin in zehn Minuten zurück.« Sebastian setzte über die Reling und lief den Anlegesteg entlang zum Parkplatz des Yachthafens, wo er seinen Wagen abgestellt hatte.
Doch als er an den vertäut liegenden Segelbooten, Motoryachten, Schlauchbooten und Fischkuttern vorbeiwanderte, verkrampfte sich plötzlich sein Magen und ihm wurde schwindelig.
Er blieb stehen, still wie ein Hirsch, der ins Fadenkreuz eines Jägers gerät.
Es ist nahe.
Er schaute sich um.
Dann trieb das Gefühl davon wie Kloakengestank, der von einer Brise davongeweht wird.
Vielleicht war es nur ein Nachhall der Panik, die er vor ein paar Tagen bei Cobys Party verspürt hatte. Schließlich wusste niemand außer Kitty, dass Chuck und Sebastian hier in Sausalito waren.
Er schüttelte das Gefühl ab, zielte mit dem Autoschlüssel auf den Porsche Cayenne und entriegelte die Türen. Im Auto entwarf er eine SMS für Kitty, weil er nicht anrufen und einen weiteren Streit riskieren wollte:
Musste Chuck herfahren – er hat keinen Führerschein. Jz ist es zu spät, um noch nach Hause zu fahren. Tml wegen
des Treffens mit Larry. Erzähl mir später alles. Bis morgen Nachmittag.
S.
Er schickte die SMS ab, versperrte den Wagen und lief auf dem Anlegesteg zurück zur Liegestelle der Lil’s Bastard , ein glückliches Lächeln im Gesicht und sein Telefon in der Tasche.
»Alles erledigt?«, rief Chuck, sobald Sebastian in Hörweite war.
»Ja.«
»Und was hat sie gesagt?«
»Ich habe eine SMS geschickt, weil ich gar nicht wissen will, was sie sagt«, lachte Sebastian. Und als er über die Reling an Bord sprang, fielen ihm Reeds Worte von neulich ein: Ich meine , hier bist du draußen auf dem Wasser in dieser wunderschönen Bucht, aber du checkst ständig dein Handy, als würdest du auf eine Organtransplantation warten. Erwartest du denn etwas derartig Wichtiges?
Er nahm das Telefon aus der Tasche, schaltete es ab und warf es zusammen mit seinen Schlüsseln, seiner Brieftasche und Chucks neuem iPhone in die wasserfeste Aufbewahrungsbox.
Zehn Minuten später tuckerten Sebastian und sein Vater mit halber Kraft durch die Wellen
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