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Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch

Titel: Prost Mathilda - von Wolke sieben ab in den Vollrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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geschweige denn, etwas zu sagen. Conni erhob sich vom Bett und kam langsam auf sie zu. Den Blick auf Mathildas rot glühende Wange gerichtet blieb sie direkt vor ihr stehen und sagte mit leiser Stimme: „Ich hab’s mal wieder vermasselt, was?“ Mathilda nickte kaum sichtbar.
    Sie wollte jetzt nicht mit Conni reden. Nicht über die Ohrfeige, ihren Dad oder all die anderen Dinge, die in letzter Zeit passiert waren. Aber ihre Beine waren wie gelähmt. Sie konnte das Zimmer einfach nicht verlassen.
    „Ich weiß ja selbst, dass ich mich total blöd verhalte. Und das hier“, sie streckte die Hand nach Mathildas Gesicht aus und berührte mit den Fingerspitzen sanft die Stelle, auf der der Abdruck ihrer Hand noch deutlich zu erkennen war. „Das tut mit schrecklich leid. Bitte verzeih mir, Mathilda. Bitte verzeih mir.“ Sie blickte Mathilda flehend an.
    „Schon gut“, murmelte Mathilda und räusperte sich leise. „Es ist schon gut.“
    Conni umfasste Mathildas linke Schulter. „Nichts ist gut. Absolut gar nichts.“
    Mathilda spürte, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen, während sie versuchte Connis Hand abzuschütteln.
    „Zwanzig Jahre, Mathilda. Zwanzig Jahre – die besten Jahre meines Lebens habe ich diesem Mann geopfert. Ich habe seinetwegen mein Studium an den Nagel gehängt, damit er sich voll und ganz auf seins konzentrieren konnte. Du brauchst doch nicht weiterstudieren, hat er gesagt, ich werde genug für uns verdienen. Du kümmerst dich um unser Haus und um die Kinder, die wir einmal haben werden.“ Sie lachte bitter auf. „Und nun? Jetzt stehe ich da. Mitte vierzig, faltig und mit Hängebusen, in einer kleinen Dreizimmer-Sozialwohnung. Keinen Beruf außer der einer unterbezahlten Tippse. Wer will so eine wie mich noch haben? Keiner, Mathilda, keiner. Und ihr seid auch bald aus dem Haus. Und dann? Was wird dann?“
    Mathilda hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Sie wollte das alles nicht hören. Nicht schon wieder.
    „Weißt du, was er mir gerade gesagt hat?“
    Mathilda schüttelte stumm den Kopf.
    „Er will unser Haus nun doch nicht verkaufen. Der Mistkerl will mit seiner blöden Tusse dort einziehen. In unser Haus! Das Haus, in dem wir fünfzehn Jahre zusammen gelebt haben. Uns setzte er vor die Tür, weil er das Haus angeblich nicht mehr bezahlen kann, nur damit er wenig später mit seiner Neuen dort einziehen kann.“
    „Und mit mir, Conni!“ Merle war plötzlich wieder im Zimmer aufgetaucht und baute sich in kämpferischer Haltung direkt vor ihrer Mutter auf.
    „Ich werde auch dort wieder einziehen. Ich habe die Schnauze voll.“ Und zu Mathilda gewandt meinte sie: „Und wenn du klug bist, dann kommst du mit.“
    Mathilda riss sich mit einem heftigen Ruck aus Connis Umklammerung und stürmte in ihr Zimmer. Sie zerrte ihre Tasche vom Schreibtisch und rannte Sekunden später aus der Wohnung.
    Vor der Tür atmete sie tief durch, bevor sie ziellos drauflosrannte. Nur weg hier, dachte sie. Bloß nichts mehr hören.
    Mathilda rannte und rannte, bis ihr Herz schmerzhaft gegen die Rippen hämmerte und ihre Lunge fast explodierte. Schließlich blieb sie keuchend stehen und ließ sich gegen die nächste Hauswand sinken. Sie legte den Kopf an die Wand und schloss die Augen. Einen Moment verharrte sie in dieser Stellung, bevor sie die Augen wieder öffnete und feststellte, dass sie genau vor Toms Haus stand.
    Das habe ich nicht geplant. Wirklich nicht, versuchte sie sich selbst einzureden. Aber ich muss mit ihm reden. Ich muss mich entschuldigen. Ich muss ihm sagen, dass mir alles leidtut und ...
    Mathilda biss sich in die geballte Faust, um nicht laut aufzuschluchzen. In Gedanken zählte sie bis zehn, stieß sich dann mit beiden Händen zugleich von der Hauswand ab und ging mit weichen Knien und jagendem Herzen auf die Haustür zu. Sie hielt den Atem an, streckte mit zittrigen Fingern die Hand nach dem Klingelknopf aus und wartete.
    Von drinnen erklangen Schritte, dann wurde die Tür aufgezogen und Toms Gesicht tauchte vor Mathildas Augen auf.
    „Mathilda?“ Toms Kinnlade fiel herunter, als er sah, wer vor ihm stand.
    „Was machst du denn hier?“, fragte er und keuchte dabei ein wenig, als hätte sie ihn gerade bei einer anstrengenden Tätigkeit unterbrochen.
    Mathilda forschte in seiner Miene nach Zeichen dafür, dass er sich freute, sie zu sehen, aber sie fand keines.
    „Ich wollte mit dir reden“, sagte sie.
    „Über was?“ Tom zeigte den Ansatz eines kleinen Lächelns,

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