Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
Vom Netzwerk:
war Argwohn. Er misstraute Institutionen, selbst Vollstreckungsbehörden wie der Polizei und dem FBI, da ihre schiere Größe und Struktur ersticken konnten, was ihm auf der Welt am teuersten war: Mut, Kreativität und Mitgefühl. Diese drei Eigenschaften musste ein Mensch in sich aufspüren, auch wenn er manchmal jahrzehntelang seine Seele durchforsten musste, um fündig zu werden – wenn überhaupt. Teil einer Organisation zu sein machte die Suche schwerer, nicht leichter. Ein Mangel an Mut oder Kreativität oder Mitgefühl konnte die gesamte Gruppe betreffen und dem einzelnen Mitglied erlauben, sich der Verantwortung für feiges oder grausames Verhalten zu entziehen.
    Doch das zweite Gefühl, das Quantico in Clevenger wachrief, war eine Art widerstrebender Stolz. Der Bishop-Fall hatte ihn zu einer Berühmtheit gemacht, aber er hatte ihm keine Anerkennung von Seiten der offiziellen Gesetzeshüter eingebracht. Im Gegenteil: Er war durch die Tatsache, dass er die Polizei von Nantucket und die State Police von Massachusetts vorgeführt hatte, indem er Billys Unschuld bewiesen hatte, noch stärker in die Rolle des Außenseiters gedrängt worden. Jetzt bat das FBI um seine Hilfe. Der Staatsapparat kam zu Frank Clevenger, der einen Hälfte eines Zwei-Mann-Unternehmens aus dem ölgetränkten Chelsea.
    Clevenger wurde durch zwei Sicherheitstüren und einen langen Korridor geführt, dann durch eine dritte Sicherheitstür und in einen Aufzug, der sechs Stockwerke zur Abteilung für Verhaltensforschung hinabfuhr. Die Aufzugtür öffnete sich auf einen Korridor mit blank gebohnerten Holzdielen, der von Messinghängelampen beleuchtet und an den Wänden mit goldgerahmten Porträts ehemaliger FBI-Honoratioren voll gehängt war.
    Ein hoch gewachsener Mann mit einem dichten Schopf welliger, brauner Haare und strahlend weißen Zähnen trat vor die offene Aufzugtür. »Dr. Clevenger«, sagte er mit gereizter Stimme, die leibhaftig sogar noch unfreundlicher klang als am Telefon, »ich bin Kane Warner. Willkommen in der Akademie.«
    Clevenger trat heraus und schüttelte Warners Hand.
    »Hatten Sie eine angenehme Fahrt?«, erkundigte sich Warner und versuchte, sich nicht anmerken zu lassen, wie bestürzt er war, weil Clevenger trug, was er immer trug – Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover.
    »Bestens«, sagte Clevenger.
    Warner bleckte seine strahlend weißen Zähne zu einem Lächeln. Er sah gut aus, Ende dreißig, hohe Wangenknochen, unverwechselbar gesunde Gesichtsfarbe und leuchtend grüne Augen – eine Ken-Puppe in dunkelgrauem Nadelstreifenanzug und roter Seidenkrawatte. Sein Hemd war so weiß wie seine Zähne und frisch gebügelt und gestärkt. »Alle anderen warten bereits im Konferenzzimmer«, erklärte er.
    Clevenger folgte Warner den Flur entlang. »Eine beeindruckende Anlage«, bemerkte er.
    »Einhundertfünfzig Hektar?«, sagte Warner und verwandelte seine Feststellung in eine Frage, ganz wie er es am Telefon getan hatte. »Völlig selbstständig. Eine regelrechte Großstadt. Klassenräume? Wohnheime? Esssäle? Bibliothek? Ein Hörsaal mit eintausend Plätzen? Eins Komma eins Meilen Rennstrecke für das Training von Flucht- und Verfolgungsfahrten? Hogans Gasse? Es ist alles hier.«
    »Erzählen Sie mir mehr über Hogans Gasse«, forderte Clevenger ihn auf.
    »Eine nachgebildete Stadt«, sagte Warner. »Für Geiselbefreiungstraining und so weiter.«
    »Praktisch«, bemerkte Clevenger.
    »Sehr.« Warner blieb vor einer zweiflügeligen Tür stehen. »Ich hoffe, Sie entscheiden sich, in dieser Sache mit uns zusammenzuarbeiten«, sagte er.
    Clevenger schenkte Warner das Spiegelbild seines eigenen breiten Lächelns und beließ es dabei.
    Im Konferenzzimmer saßen zwei Frauen und drei Männer um einen langen Mahagonitisch herum. An der Wand hing eine von hinten beleuchtete computerisierte Landkarte der Vereinigten Staaten, und dreizehn rote Lämpchen entlang derHighways zeigten an, wo die Opfer des Highwaykillers gefunden worden waren. Warner setzte sich ans Kopfende des Tisches und forderte Clevenger mit einem Nicken auf, neben ihm Platz zu nehmen. »Dann wollen wir uns erst mal einander vorstellen. Ich denke, jeder ist mit Dr. Clevengers Referenzen vertraut«, sagte er zur Gruppe gewandt. Er sah zu Clevenger, dann deutete er nacheinander mit einem Nicken auf jeden Einzelnen am Tisch. »Dorothy Campbell, die mit unserem PROFILER-Computersystem arbeitet; Greg Martino, er arbeitet als Analytiker für VICAP, das Violent

Weitere Kostenlose Bücher