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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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Blutprobe?«, fragte Clevenger.
    »Scheint so«, sagte Hiramatsu. »Es sei denn, er injiziert ihnen etwas, das wir nicht finden können.«
    »Und der Einstich ist professionell?«, wollte Clevenger wissen.
    »Er schafft es in den meisten Fällen im ersten Anlauf«, sagte Hiramatsu.
    »Uns ist der gleiche Gedanke gekommen wie Ihnen«, sagte White zu Clevenger. »Es könnte ein Krankenhausangestellter sein. Ein Pfleger. Ein MTA. Sogar ein Arzt.«
    »Er nimmt sonst nichts mit, soweit wir das sagen können«, erklärte Greg Martino, der VICAP-Analytiker. »Nur das Blut. Er stiehlt keine Handtaschen oder Brieftaschen. Es gibt keine Hinweise, dass er es auf Haarlocken oder Schmuckstücke abgesehen hätte.«
    »Durch das Blut bleibt er ihnen nah«, sagte Clevenger.
    »Er kommt ihnen nah, und er bleibt ihnen nah«, pflichtete McCormick bei. »Da denkt man zwangsläufig, dass er irgendwann mal von irgendjemandem verlassen wurde. Ist dieser Mann eine Waise? Ist sein Vater oder seine Mutter oder ein Kindheitsfreund unerwartet gestorben?«
    Wieder musste Clevenger an Billy denken. Er hatte erst seine leiblichen Eltern und dann seine kleine Schwester durch Mord verloren und schließlich seinen Adoptivvater durch eine Gefängnisstrafe. Wie würden sich diese Verluste letztendlich auf sein Leben auswirken? Er schüttelte den Kopf und vertrieb die Frage aus seinen Gedanken. »Oder ist er es?«, bemerkte Clevenger.
    »Ist er was?«, fragte McCormick.
    »Gestorben«, antwortete Clevenger und sah sie an. »Hat etwas in ihm das Gefühl erzeugt, tot zu sein? Vielleicht ist esdas, was er sich anschaut – der Grund, weshalb er seinen Opfern überhaupt so nah kommen muss. Vielleicht betrachtet er in ihnen stellvertretend die toten Teile seiner selbst.«
    »Sexueller Missbrauch?«, warf Kane Warner ein.
    »Möglich«, stimmte Clevenger zu. »Aber die Tatsache, dass er sich nicht sexuell an seinen Opfern vergeht, spricht dagegen.«
    »Das Eindringen der Spritze könnte eine sexuelle Ersatzhandlung sein«, schlug McCormick vor.
    Das war eine erstklassige psychologische Folgerung, und sie sagte Clevenger, dass McCormick ernst genommen werden musste. »Könnte sein«, gestand Clevenger zu. »Keine Frage. Aber eines ist für mich eindeutig, dass er nämlich Trost sucht, nicht den Nervenkitzel. Intimität, nicht Erregung. Das hier ist kein Machterlebnis für ihn. Es ist etwas, zu dem er getrieben wird. Er ist nicht wütend. Er hat es nicht darauf abgesehen, zu verstümmeln oder zu entstellen. Er tötet mit einem Minimum an Gewalt. Ein einzelner Schnitt. Wenn er kann, nimmt er sich die Zeit, seine Opfer zu begraben, nicht, um Spuren zu verwischen, sondern weil sie ihm Leid tun und ihm wahrscheinlich auch Leid tut, was er getan hat. Aber er geht kein Risiko ein, nur um nett zu sein. Er geht kühl und überlegt vor, selbst nach dem Töten. Wenn es zu riskant ist, sich die Zeit zu nehmen, eine Leiche zu vergraben, lässt er sie offen liegen. Er will nicht gefasst werden.«
    »Alle wollen gefasst werden«, wandte Kane Warner ein. »Tief in ihrem Herzen.«
    Clevenger sah das anders, sagte aber nichts. Viele Mörder würden liebend gern ewig weitermorden. Sie wollten nicht gefasst werden. Aber sie wollten bekannt werden. Und das brach ihnen am Ende immer das Genick. Das gute alte Ego. Ein Mörder, der sich damit begnügte, für immer anonym zu bleiben, konnte das möglicherweise tatsächlich schaffen.
    Warner deutete mit einem Nicken zu Dorothy Campbell, einer äußerlich streng sachlichen Frau in den Fünfzigern, die für das PROFILER-System zuständig war, eine Datenbank mit Millionen von Fakten über Serienmörder, einschließlich der Verhaltensmuster und Tatorte von aktenkundigen Gewaltverbrechern. »Der statistischen Wahrscheinlichkeit nach haben wir es natürlich mit einem männlichen Täter zu tun«, sagte sie. »Überdurchschnittliche Intelligenz. Wahrscheinlich Collegeausbildung. Vielleicht sogar höherer Bildungsgrad. Er ist geübt im Umgang mit Menschen – einnehmend –, doch im Herzen ein Einzelgänger. Er ist eher ein Reisender denn ein Streuner, jemand, der unbedingt in Bewegung bleiben will, nimmt man die Tatsache, dass der Highway sein Jagdrevier ist. Und er tötet nicht in den Randgebieten von Manhattan oder L.A. Er mag Großstädte nicht. Er kann dort nicht anonym genug bleiben. Es zieht ihn in die Berge von Vermont oder in die Nähe eines Nationalparks im ländlichen Kentucky oder in die Prärie von Iowa. Er braucht Freiraum. Es

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