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Psychopath

Psychopath

Titel: Psychopath Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Ablow
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Wunden zu heilen. Und vielleicht bekommen Sie dann eines Tages Ihren Jungen zurück.«
    Heaven stand auf. »Ein Anwalt ist die einzige Hilfe, die wir brauchen.«
    Hank stand ebenfalls auf, doch zögernd, so als ob Jonahs letzte Worte – über den Verlust seines Sohns – ihm zu denken gegeben hätten.
    Jonah versuchte, beschwichtigend seine Hände hochzuhalten, doch auch sie waren tote Materie. »Ich werde zwei Wochen hier sein«, sagte er zu Heaven. »Kommen Sie her und reden Sie mit mir. Ich bin bereit, mich täglich mit Ihnen zu treffen.«
    Heaven schnitt eine verächtliche Grimasse und bleckte ihre Zähne, die vorn in der Mitte eine Lücke hatten, genau wie die Zähne von Jonahs Mutter. Oder bildete Jonah sich das nur ein? »Ihr Ärzte seid alles Klugscheißer«, wütete sie. »Nun, ich habe ...«
    Hank packte ihren fleischigen Arm und zog sie zur Tür. »Bitte«, flehte Jonah. »Warten Sie.«
    Heaven riss ihren Arm aus dem Griff ihres Mannes los und drehte sich wieder zu Jonah um. Ihr Gesicht hatte einen fastnachsichtigen Ausdruck, als würde sie eine Entschuldigung erwarten.
    »Ihr Körper ist immer größer und größer geworden, weil Sie sich im Innern ganz klein fühlen«, sagte Jonah. »Aber Sie können nicht all Ihr Leid herunterschlucken oder durch Trinken oder Rauchen ausmerzen. Sie haben sicher bereits Magengeschwüre. Haben Sie schon angefangen zu bluten?«
    Heaven atmete schwer, doch sie schien ihm wenigstens mit halbem Ohr zuzuhören.
    »Ihr Schmerz erdrückt auch Ihr Herz. Sie fühlen es jedes Mal, wenn Sie die Treppe hinaufgehen – die Treppe, die Sam hinuntergefallen ist.«
    Heaven schüttelte den Kopf. »Sie wissen überhaupt nichts über mich«, protestierte sie, doch kleinlaut, mit einem Anflug von Angst in der Stimme – der Angst vor der Wahrheit, die nur ein anderes Wort für Gottesfurcht ist.
    »Sie wissen, dass das nicht stimmt«, erwiderte Jonah. Er starrte auf Heavens Lippen, die dunkelrot wurden – die Farbe vom Lippenstift seiner Mutter. Oh, wie sehr sie ihm fehlte. Was er nicht darum geben würde, noch einmal von ihr in die Arme genommen zu werden. Ihr Haar zu riechen, sich an ihre warme Wange zu schmiegen. Er schloss seine Augen und sah sie abermals in jener Ecke kauern und ihm eine Kusshand zuwerfen. Und als er schließlich seine Augen wieder öffnete, waren die Garbers nicht mehr da.
     
     
    Abend, 7. April 2004
    Chelsea, Massachusetts
     
    Um achtzehn Uhr zehn hörte Clevenger hektisches Durcheinander unten auf der Straße, schaute aus dem Fenster und sah, wie Billy sich einen Weg durch die Reportertraube bahnte und im Hauseingang verschwand. Tiefe Erleichterung übermannte ihn. Doch während Billy die vier Etagen zum Loft erklomm, stieg auch Clevengers Angst. Er machte sich Sorgen um Billy. Billy nahm wieder Drogen, und er war so verstört, dass er weglief, ohne zu sagen, wohin.
    Clevenger machte sich auch Sorgen, ob er selbst sich richtig verhalten würde. Und er wollte nicht, dass sein Zorn ihm in die Quere kam. »Reiß ihm nicht gleich den Kopf ab wegen des Dopes«, ermahnte er sich. »Oder wegen der Kreditkarte.«
    Die Tür ging auf. Billy kam herein. Er hatte zwei Ausgaben der New York Times unter seinen Arm geklemmt, was in Clevenger die Sorge weckte, sein Interesse am Highwaykiller könne ungesunde Ausmaße angenommen haben. Billy schloss die Tür hinter sich und nickte stumm mit dem Kopf, als würde er den Mut zusammennehmen, um etwas Wichtiges zu sagen.
    »Was ist?«, drängte Clevenger sanft.
    »Ich kann nicht hier bleiben«, verkündete er.
    Für Clevenger war das ein Tritt in die Magengrube. Er atmete tief durch. »Du musst mir sagen, was mit dir los ist, Billy Du kannst nicht erwarten ...«
    »Ich muss einen Entzug machen«, erklärte er. »Es geht nicht anders. Und ich muss zu den Anonymen Alkoholikern oder den Anonymen Drogenabhängigen oder was auch immer gehen. Ich kann meine Finger nicht von den Drogen lassen. Du hast mir immer beigestanden, aber ich brauche mehr Hilfe.«
    Manchmal, wenn auch viel zu selten, gibt einem die Welt, was man sich wünscht. Clevenger hatte das Gefühl, einen jener Momente zu erleben. »Gut«, sagte er.
    »Vielleicht könntest du mich ins North Shore Medical Center bringen? Ein, zwei Jungs von der Schule waren dort, als sie Probleme hatten.«
    »Natürlich«, sagte Clevenger. »Du musst das nicht alleinmachen.« Und dann tat er das, was ihm die natürlichste Sache der Welt und gleichzeitig die unbehaglichste schien, vielleicht weil

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