Psychopathen
Gewinnmarge vorweisen. Diese »funktionellen« Psychopathen, wie Antoine Bechara sie nannte – Menschen, die ihre Gefühle entweder besser unter Kontrolle haben als andere oder keine so intensiven Gefühle erleben –, investierten weiter und verhielten sich in jeder neuen Runde so, als sei es die erste.
Seltsamerweise erzielten sie nach und nach immer größere Erfolge. Und besiegten, genau wie Don es sicherlich vorausgesagt hätte (ja, tatsächlich voraussagte, als ich ihm von diesem Experiment erzählte), ihre eher zurückhaltenderen, risikoscheuen Rivalen.
Doch da endet die Geschichte noch nicht. Als die Boulevardpresse vor mehreren Jahren erstmals von dieser Studie berichtete, brachte sie eine Schlagzeile, die selbst wieder ein paar Schlagzeilen nach sich zog: »Gesucht: Psychopathen, die einen Mordsgewinn auf dem Markt machen.« Don zufolge verbirgt sich hinter dieser Überschrift eine tiefere Aussage.
»Ein professioneller Mörder wie beispielsweise ein Scharfrichter empfindet wahrscheinlich gar nichts, nachdem er jemandem das Leben genommen hat«, erklärt er. »Reue oder Bedauern kommen sicher nicht ins Spiel. Ähnlich ist es bei Börsenhändlern. Wenn einer von ihnen einen Handel abschließt, bezeichnet er das als ›Exekution‹. Das ist der übliche Handelsjargon. Und sobald eine solche ›Exekution‹ erfolgt ist, hat der wirklich gute Händler – der Typ, an dem Sie interessiert sind – keinerlei Gewissensbisse, die Sache hinter sich zu lassen. Er denkt nicht nach über das Warum und Wozu, das Für und Wider: ob es richtig oder falsch war. Und das, wie gesagt, völlig unabhängig davon, wie der Handel gelaufen ist – ob er ein paar Milliarden gemacht hat oder die Sache den Bach runtergegangen ist. Eine Beteiligung zu veräußern ist eine klinische Entscheidung, ohne nachfolgende Gefühle, ohne psychische Nachwirkungen ...
Ich glaube, der Gedanke, professionell zu töten, ob auf dem Markt oder andernorts, erfordert die Fähigkeit, alles auszuschalten und sich voll und ganz auf den anstehenden Job zu konzentrieren.Und anschließend, wenn der Job erledigt ist, einfach wegzugehen und die Sache vollkommen zu vergessen.«
In der Vergangenheit zu leben ist natürlich nur eine Seite der Gleichung. Ebenso hinderlich kann es sein, in der Zukunft zu leben, »vorschnell zu handeln« und es unserer Fantasie zu erlauben, sich auszutoben – wie meine Vorstellungskraft es unter diesem Betonklotz, oder was immer es auch war, getan hatte. Studien zum kognitiven und emotionalen Fokus im Kontext dysfunktionaler Entscheidungen haben Folgendes gezeigt: Wann immer wir alltägliches Verhalten bewerten – einen Kopfsprung in einen Swimmingpool, das Abnehmen des Telefonhörers und das Überbringen von schlechten Nachrichten –, die »vorgestellte« potenzielle Realität verursacht bedeutend mehr Unbehagen als die »reale«. 140
Was natürlich unseren unstillbaren Drang erklärt, Dinge immer wieder aufzuschieben.
Etwas, das Psychopathen nie tun.
Weshalb sie, wie Richard Blake, mein Gastgeber im Broadmoor und Mitglied des klinischen Teams im Paddock Centre, bei meiner Ankunft gesagt hatte, leicht zu Aktivitäten zu bewegen sind. Psychopathen
müssen
etwas tun. Nichtstun ist keine Option.
»Für mich ist es absolut wichtig, dass ich mich gut fühle«, hatte Danny gesagt, als er sein viertes Tor für Chelsea reinknallte. »Ich liebe es, die Fahrt auf der Achterbahn des Lebens, das Drehen des Glücksrads bis zum Äußersten.«
Er runzelte die Stirn und rückte seine Baseballkappe zurecht. »Oder zumindest hab ich das getan, bis ich hierherkam«, sagte er mit einem Achselzucken.
Diese Aussage ist für einen Psychopathen nicht untypisch – und es könnte uns sicher nicht schaden, uns von dieser Haltung eine Scheibe abzuschneiden.
»Als ich noch klein war«, erzählt Larry, »sind wir in den Sommerferien immer nach Hastings gefahren. Eines Tages – ich werde es nie vergessen – hab ich meiner Schwester dabei zugesehen,wie sie im Meer gespielt hat. Und da kam diese riesige Welle und hat sie getroffen. Sie ist schreiend aus dem Wasser gelaufen, und das war’s. Sie ist nie wieder hineingegangen. Als ich sah, was passiert war – und ich kann damals nicht älter als sieben oder acht gewesen sein –, habe ich mir gesagt: Wenn du an der Stelle stehst, an der die Wellen brechen, tut das ganz schön weh. Also hast du zwei Möglichkeiten. Du kannst entweder am Strand bleiben und überhaupt nicht ins Wasser gehen oder aber
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