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Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Pubertät – Loslassen und Haltgeben

Titel: Pubertät – Loslassen und Haltgeben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan-Uwe Rogge
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nicht oder nur schwer verarbeiten können.
     
    In der Zwischenzeit findet mithin keine Pause – wie Freud meinte – in der sexuellen Entwicklung statt. Das Schulkind ist vielmehr hin und her gerissen zwischen dem, was es schon weiß und erlebt, und dem, was es intellektuell und gefühlsmäßig auszuhalten vermag. Es ist diese Kluft, die das Erleben von Sechs- bis Zehnjährigen für innerpsychische, aber auch für körperliche Spannungszustände sorgen lässt, die zur Entspannung gebracht werden müssen. Das Schulkind weiß häufig nicht, was moralisch, emotional, sexuell richtig ist – oder was falsch ist.
    Oft fehlen einfach Strukturen, die Ordnung in das Chaos bringen, Leitlinien, an denen sie sich orientieren können. Dies gilt insbesondere für die beschleunigte sexuelle Entwicklung. Hier sind mehr denn je die Erwachsenen gefordert, die Kinder dieser Altersgruppen zu begleiten. Das hört sich einfacher an, als es ist, zieht sich das Schulkind doch nicht selten in seine eigene Welt zurück, kapselt sich ab, will von den Eltern an manchen Tagen überhaupt nichts wissen, um sie – zu anderen Zeiten – nicht mehr loszulassen. Es ist diese Choreographie von «Lasst mich los, aber haltet mich», die die Sexualerziehung in diesem Entwicklungsabschnitt so wichtig, aber zugleich so schwierig werden lässt. Und das setzt sich dann in der Pubertät fort.
    ERSTE BETRACHTUNGSWEISE: GESPRÄCHSRUNDE MIT ELTERN
    «Ich bin schon unsicher», berichtet eine Mutter, «meine 1 4-jährige Anke will, dass ihr Freund, der Michael, der ist etwas älter als sie, bei uns übernachtet. Ich finde das zu früh! Und wenn ich dann etwas sage, dann meint sie nur, ich würde sie wie ein Baby behandeln. Alle anderen machten das doch auch!»
    «Genau», greift eine andere Mutter in das Gespräch ein. «Diesen Satz höre ich ständig von meiner 1 3-jährigen Katja. Dabei habe ich allerdings oft den Eindruck, als wolle sie mich mit ihren Fragen auch austesten, als wolle sie meine Meinung hören, als deute sie an, setzt mal eine Grenze. Ich denke immer häufiger, dass ich auch mal deutlich ‹Nein!› sage, eine klare Grenze ziehe, weil sie dann ihrem Freund sagen kann: ‹Meine Mutter hat’s erlaubt.› Und alle Schuld der Welt habe ich dann.»
    «Das ist ja das Gemeine», meint ein Vater etwas verunsichert. «Man ist ja heute offener, will nicht so wie die eigenen Eltern sein, die entweder strikt gegen alles waren, was nur mit Sex im weitesten Sinne zu tun hatte, oder die alles verboten haben, was Spaß machte, und man hat es dann eben heimlich, mit allen Folgen, gemacht. Also erlaubt man mehr, gibt sich freizügiger, aber ist dann auch unsicherer, ob das wohl das Richtige ist. Also, ich will, dass meine 1 5-jährige Lena ihre sexuellen Erfahrungen in einem sicheren und geschützten Rahmen macht, aber ich will auch nicht, dass ich dann zum Großvater werde!»
    «Dass meine Sonja schwanger wird, mit 15 sich ihr Leben verbaut, also, das ist meine allergrößte Sorge», ruft eine andere Mutter dazwischen. «Sie werden ja immer früher reif. Natürlich wissen sie mehr, über Verhütung, ihren Körper. Ich kann Sonja da vertrauen. Sie ist schon selbstbewusst genug. Aber weiß das der Junge, mit dem sie vielleicht schläft? Manchmal kommt es ja über einen. Man ist so von den Gefühlen überrannt. Der Verstand ist nicht mehr da. Und dann passiert es mit einem Mal. Ich weiß das noch von mir. Ich war da schon fahrlässig, was Verhütung anbetraf. Wenn ich mir jetzt vorstelle, meine Tochter handelt so wie ich, dann könnte ich nicht mehr ruhig schlafen.»
    «Ich hab da einen Sonnyboy, meinen Tim, der ist 16, sieht aus wie 18», erzählt eine Mutter. «Ich wollte ihn zuerst nicht auf den Geschlechtsverkehr ansprechen, auf Verhütung und so. Aber ich spürte, dass er ständig Freundinnen hatte. Dann hab ich mir ’n Ruckgegeben, weil, mein Mann wollte nicht mit ihm sprechen. Das ist ein richtiger Feigling. Tim wisse eh Bescheid, hat er gesagt, damit wollte der mich beruhigen. Aber es hilft doch nichts. Ich hab Tim dann angesprochen. Er tat so ganz cool, so richtig altklug. Er passe schon auf, er wisse doch, wofür ein Kondom gut wäre. Aber das war mir alles zu gespielt, zu glatt, zu oberflächlich. Da hab ich ihn dann an seine Verantwortung erinnert, dass Verhütung nicht nur eine Angelegenheit des Mädchens wäre, mit dem man schlafe, sondern eine gemeinsame Aufgabe. Er hat mir irgendwie aufmerksam zugehört. Ich hoffe, er hat kapiert, was ich

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