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Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Titel: Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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seinem Kinn, und die erstaunliche Länge seiner Wimpern. Ohne es eigentlich zu wollen, weicht sie ein wenig zurück, und Oliver scheint ihre plötzliche Bewegung zu erschrecken.
    »Tut mir leid«, sagt er, richtet sich auf und zieht die Hand von der Armlehne. »Ich habe ganz vergessen, dass du Klaustrophobie hast. Du musst ja schon halb tot sein.«
    »Nein.« Sie schüttelt den Kopf. »Ehrlich gesagt ist es diesmal gar nicht so schlimm gewesen.«
    Er deutet mit dem Kinn in Richtung Fenster, wo die Blende immer noch unten ist. »Ich glaube ja immer noch, es würde helfen, wenn du nach draußen gucken könntest. Sogar mir kommt es hier drinnen ohne Fenster eng vor.«
    »Das ist der Trick meines Vaters«, erzählt Hadley. »Als ich das erste Mal so einen Anfall hatte, hat er mir gesagt, ich sollte mir den Himmel vorstellen. Aber das hilft nur, wenn der Himmel über einem ist.«
    »Klar«, sagt Oliver. »Klingt logisch.«
    Sie schweigen beide und betrachten ihre Hände, während sich die Stille zwischen ihnen dehnt.
    »Früher hatte ich Angst vor der Dunkelheit«, sagt Oliver nach einer Weile. »Und nicht bloß als Kleinkind. Das dauerte, bis ich elf war.«
    Hadley schaut ihn kurz an und weiß nicht recht, was sie sagen soll. Sein Gesicht wirkt jetzt jungenhafter, weniger kantig, und die Augen runder. Sie spürt den plötzlichen Drang, ihre Hand auf seine zu legen, aber sie hält sich zurück.
    »Meine Brüder zogen mich ständig damit auf, knipsten das Licht aus, wenn ich ins Zimmer kam, und lachten sich dann tot über meine Reaktion. Und mein Vater fand es richtig scheiße. Er hatte überhaupt kein Mitleid. Ich weiß noch, wie ich mitten in der Nacht oft ins Schlafzimmer meiner Eltern gelaufen bin, und wie er mir gesagt hat, ich solle mich nicht wie ein Mädchen anstellen. Oder wie er mir Geschichten über Monster im Wandschrank erzählte, bloß um mich zu ärgern. Sein einziger Ratschlag lautete immer: ›Werd erwachsen.‹ Eine echte Perle, oder?«
    »Eltern machen nicht immer alles richtig«, sagt Hadley. »Manchmal braucht man bloß eine Weile, um das herauszufinden.«
    »Aber dann, eines Nachts«, fährt er fort, »da bin ich aufgewacht, als er gerade ein Nachtlicht in die Steckdose neben meinem Bett steckte. Er dachte bestimmt, ich schlafe, er hätte sich nie dabei erwischen lassen, aber ich habe nichts gesagt, bloß zugesehen, wie er es einstöpselte und anschaltete, so dass ein kleiner blauer Lichtkreis leuchtete.«
    Hadley lächelt. »Er hat also eingelenkt.«
    »Auf seine spezielle Art, ja«, sagt Oliver. »Aber ich meine, er muss es ja schon früher am Tag gekauft haben. Er hätte es mir auch gleich geben können, als er aus dem Laden kam, oder es reinstecken, bevor ich ins Bett ging. Aber nein, er musste es tun, als keiner hinguckte.« Er wendet sich ihr zu, und sie ist überrascht, wie traurig er aussieht. »Ich weiß gar nicht, warum ich dir das erzählt habe.«
    »Weil ich darum gebeten habe«, sagt sie schlicht.
    Er atmet stockend ein, und Hadley sieht, dass seine Wangen gerötet sind. Der Sitz vor ihr wackelt, als der Passagier sein rundes Nackenkissen zurechtrückt. Bis auf das Summen der Klimaanlage, das leise Rascheln umgeblätterter Seiten, das gelegentliche Schniefen und Herumrutschen einiger Passagiere, die versuchen, die letzten Stunden vor der Landung durchzustehen, ist es still in der Kabine. Hin und wieder lässt eine leichte Turbulenz das Flugzeug schwanken, wie ein Boot im Wind, und Hadley muss wieder an ihre Mutter denken, an die schlimmen Dinge, die sie in New York zu ihr gesagt hat. Ihr Blick fällt auf den Rucksack zu ihren Füßen, und nicht zum ersten Mal wünscht sie sich, sie wäre gerade nicht irgendwo über dem Atlantik, dann könnte sie noch einmal versuchen anzurufen.
    Neben ihr reibt sich Oliver die Augen. »Ich habe eine tolle Idee«, sagt er. »Wie wär’s wenn wir mal über was anderes reden als unsere Eltern?«
    Hadley nickt. »Auf jeden Fall.«
    Aber keiner von ihnen sagt etwas. Eine Minute verstreicht, dann noch eine, und als das Schweigen zwischen ihnen immer mehr anschwillt, fangen beide an zu lachen.
    »Ich fürchte, wir müssen übers Wetter reden, wenn dir nichts Interessanteres einfällt«, sagt er, und Hadley zieht die Augenbrauen hoch.
    »Mir?«
    Er nickt. »Dir.«
    »Okay«, sagt sie und krümmt sich schon vor Verlegenheit, ehe sie die Worte ausgesprochen hat, doch die Frage wächst schon seit Stunden in ihr heran, und es bleibt ihr nichts übrig, als sie

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