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Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition)

Titel: Punktlandung in Sachen Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer E. Smith
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stepptanzender Buchhalter.«
    »Vielleicht war er nicht so, wie du gedacht …«
    Oliver schaut sie streng an. »Lass es.«
    »Was?«
    »Ich will nicht über ihn reden«, sagt er mit zornig funkelnden Augen. Er reibt sich die Stirn und fährt sich mit der Hand durchs Haar. Ein Windstoß beugt die Grashalme zu ihren Füßen und hebt die schwere Luft von ihren Schultern. Die Orgelmusik aus der Kirche verstummt plötzlich wie abgeschnitten.
    »Du sagst, du kannst ganz ehrlich zu mir sein?«, fragt Hadley nach kurzer Pause in Richtung Olivers gekrümmte Schultern, und er dreht sich halb zu ihr um. »Na gut. Dann sprich mit mir. Sei ehrlich.«
    »Worüber?«
    »Worüber du willst.«
    Zu ihrer Überraschung küsst er sie. Nicht so wie am Flughafen – der Kuss war weich und süß, voller Abschied. Dieser Kuss ist drängender, verzweifelter, er presst seine Lippen fest auf ihre, und Hadley schließt die Augen und beugt sich zu ihm, erwidert den Kuss, bis er sich ebenso plötzlich wieder von ihr löst und sie einander anstarren.
    »So habe ich das nicht gemeint«, sagt sie, und Oliver lächelt schief.
    »Du hast gesagt, ich soll ehrlich sein. Das war das Ehrlichste, was ich heute den ganzen Tag gemacht habe.«
    »Ich meinte, über deinen Vater«, sagt sie, auch wenn ihr unwillkürlich Farbe in die Wangen steigt. »Vielleicht hilft es, darüber zu reden. Wenn du nur –«
    »Was? Was soll ich sagen? Dass ich ihn vermisse? Dass ich am Boden zerstört bin? Dass heute der schlimmste Tag meines Lebens ist?« Er steht abrupt auf, und einen schrecklichen Augenblick lang glaubt Hadley, er wird weggehen. Aber er läuft nur vor der Bank hin und her, groß, schlank und attraktiv in seinem weißen Hemd. Er bleibt stehen, dreht sich rasch zu ihr um, und der Zorn ist ihm ins Gesicht geschrieben. »Also heute, die ganze Woche, das war alles falsch und aufgesetzt. Du findest es so schrecklich, was dein Vater getan hat? Immerhin war der ehrlich. Immerhin hatte er den Mumm, nicht zu bleiben. Ich weiß, das ist auch Quatsch, was ich rede, aber so wie es sich anhört, ist er glücklich, und deine Mutter ist auch glücklich, also ist es letztendlich für alle besser so.«
    Für alle außer mir , denkt Hadley, bleibt aber stumm. Oliver läuft wieder hin und her, und ihre Augen folgen ihm wie einem Tennismatch, hin und her und hin und her.
    »Aber mein Vater? Der hat meine Mutter jahrelang betrogen. Dein Vater hatte eine Affäre, und daraus wurde Liebe, stimmt’s? Die sogar zu einer Hochzeit geführt hat. Sie war offen und für alle sichtbar und befreiend. Meiner hatte ungefähr ein Dutzend Affären, vielleicht auch mehr, und das Schlimmste war: Wir wussten es alle. Aber niemand redete darüber. Irgendwann hatte irgendwer beschlossen, wir müssten einfach alle still leiden, und so machten wir es. Aber wir wussten Bescheid«, sagt er, und seine Schultern sacken herab. »Wir wussten Bescheid.«
    »Oliver«, sagt sie, aber er schüttelt den Kopf.
    »Also: nein«, sagt er mit leichtem Achselzucken. »Ich will nicht über meinen Vater reden. Er war ein blöder Arsch, nicht bloß wegen der Affären, sondern wegen tausend anderer Sachen. Und mein ganzes Leben habe ich meiner Mutter wegen so getan, als sei alles bestens. Aber jetzt ist er weg, und ich habe keine Lust mehr, mich zu verstellen.« Seine Hände hat er zu Fäusten geballt, die Lippen sind ein schmaler Strich. »Ist dir das ehrlich genug?«
    »Oliver«, sagt sie noch einmal, legt das Buch beiseite und steht auf.
    »Ist schon gut«, sagt er. »Mir geht es gut.«
    In der Ferne ruft jemand seinen Namen, und einen Augenblick später kommt ein Mädchen mit dunklen Haaren und einer noch dunkleren Sonnenbrille ans Tor. Sie kann kaum älter sein als Hadley, strahlt aber ein Selbstvertrauen und eine Entspanntheit aus, dass sich Hadley gleich derangiert vorkommt.
    Das Mädchen bleibt sichtlich überrascht stehen, als sie Hadley erblickt.
    »Es wird Zeit, Ollie«, sagt sie und schiebt die Sonnenbrille ins Haar. »Der Leichenzug fährt jeden Moment los.«
    Olivers Augen ruhen weiter auf Hadley. »Eine Minute«, sagt er, und das Mädchen zögert, als wollte sie noch etwas sagen, dreht sich dann aber mit leichtem Schulterzucken weg.
    Als sie verschwunden ist, zwingt Hadley sich, Olivers Blick wieder zu begegnen. Das Auftauchen des anderen Mädchens hat den Zauber des Gartens gebrochen, und jetzt hört sie die Stimmen jenseits der Hecke allzu deutlich, die schlagenden Autotüren, einen in der Ferne

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