Puppen
zurückzuweisen«, sagte Vok im Tonfall eines geduldigen Lehrers, der sich bemühte, einem begriffsstutzigen Schüler etwas zu erklären.
»Sie verstehen nicht. Sie haben keine Kenntnis von der Harmonie, die Ihre Gefährtin ruft. Wir können nicht erlauben, daß Sie Einfluß darauf nehmen, nicht so nahe der heiligen Ruhestätte unserer Ahnen.
Ihre Stimme vereint sich bereits mit denen der Ältesten. Noch ist sie schwach, aber schon bald wird ihre Kraft wachsen, und dann heißt man sie willkommen. Eine neue Geburt steht ihr bevor, ein neues Leben. Wir müssen sofort mit den
Vorbereitungen für ihr Aufsteigen beginnen.«
Janeway wußte zunächst nicht, was sie erwidern sollte. Ganz offensichtlich wollten die Urrythaner bei, dem Versuch, Kayla zu wecken, keine Hilfe leisten. Ganz im Gegenteil: Sie freuten sich über ihren Zustand. Allem Anschein nach sahen sie darin eine Art Zeichen von ihren Vorfahren beziehungsweise ein religiöses Wunder.
»Irgendwelche Vorbereitungen für Mitglieder meiner Crew finden nur dann statt, wenn ich sie ausdrücklich genehmige«, sagte Janeway schließlich. Sie trachtete danach, ruhig und in einem Tonfall der Vernunft zu sprechen. »Wir sind in Frieden gekommen, nur mit der Absicht, unsere Vorräte zu erneuern und dann die Heimreise fortzusetzen. Sie erhoben keine Einwände dagegen. Wenn sich Ihre Einstellung inzwischen geändert hat, begnügen wir uns mit dem bisher gesammelten Proviant und machen uns auf den Weg – sobald der Bordarzt eine Möglichkeit gefunden hat, die Wirkungen des Ambiana zu neutralisieren.«
Vok antwortete nicht und drehte sich zu den anderen
Urrythanern um. Der Kommandantin und den übrigen
Angehörigen der Landegruppe schenkte er nicht mehr die geringste Beachtung. Nach einigen Sekunden setzte er sich in Bewegung, ging mit langsamen, gemessenen Schritten. Die übrigen hochgewachsenen Gestalten folgten ihm schweigend, wobei ihre Mienen einen verzückten Ausdruck gewannen.
Sie näherten sich der reglosen Kayla und umringten sie ehrfürchtig. Tuvok griff nach seinem Phaser, aber Janeway legte ihm die Hand auf den Arm. Zwar hielt sie die derzeitigen Ereignisse für inakzeptabel, aber bisher war es nicht zu Gewalt gekommen. Und dabei sollte es auch bleiben, während sie nach einer Lösung des Problems suchten.
Die Urrythaner begannen nun mit einem leisen, monotonen Gesang, der tief aus ihrem Innern zu kommen schien. Sie hoben und senkten die Stimmen, veränderten die Tonlage mit fast gespenstisch anmutender Präzision. Janeway glaubte zu spüren, wie sich beruhigende Energie ausbreitete. In einer solchen Harmonie sangen die Urrythaner, daß ihre Stimmen den Eindruck weckten, miteinander zu verschmelzen und zu einer einzigen zu werden.
Kes spürte Vertrautes darin, und ihre Augen glänzten feucht.
In ihr regten sich fast die gleichen Empfindungen wie bei dem nahezu überwältigenden Kontakt mit dem fremden Etwas. Als sie in sich hineinhorchte, nahm sie subtile Unterschiede wahr: Es fehlte an Tiefe, und die Emotionen waren nicht völlig makellos. Bei jenem ersten Kontakt hatte Kes absoluten Frieden gespürt, eine Harmonie mit dem Existierenden, die sich in ihrem enormen Ausmaß kaum beschreiben ließ. Was sie jetzt fühlte, zielte in die gleiche Richtung, ging allerdings nicht ganz so weit. In gewisser Weise war es ein Schatten der größeren, vollkommenen Harmonie.
Sie sank auf den Boden, hörte dabei die andere Stimme und ihren noch wundervolleren Gesang, dem sich die Melodie der Urrythaner hinzugesellte. Kes bemerkte die Nähe von Fähnrich Kaylas Selbst: Langsam wurde es in die Eine Stimme des Planeten aufgenommen, verschmolz immer mehr damit. Der Gesang half ihm beim Übergang, zeigte den Weg und
synchronisierte das bajoranische Ich mit dem großen Akkord.
Hinter dem Lied nahm Kes große Sehnsucht wahr -Leere
schien sich zu wünschen, gefüllt zu werden. Sie stellte sich eine Entität vor, die versuchte, Einsamkeit und Schmerz zu überwinden, um nach Hause zu finden, um…
»Aufhören!« Janeways Stimme übertönte den Gesang und
brach den Bann. Die Urrythaner wirkten völlig verblüfft und schienen das Verhalten der Kommandantin überhaupt nicht zu verstehen. Sie verstummten, wichen langsam und unsicher von Kayla zurück. Einige Sekunden lang standen sie stumm und verwirrt da. Dann trat Vok vor.
»Sie haben das Ritual unterbrochen«, tadelte der große Fremde mit sanfter Stimme. »Die Frau braucht Hilfe, um die nächste Ebene zu erreichen. Es
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