Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Puppen

Puppen

Titel: Puppen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Niall Wilson
Vom Netzwerk:
und vielleicht dauerte es nur noch einige wenige Sekunden, bis sich der Sims, auf dem er stand, von der Wand löste und in die dunkle Tiefe fiel. Sofort verbannte er diesen Gedanken aus seinem
    bewußten Selbst und beobachtete, wie Kim zuerst mit der einen Hand über den Rand des Felsvorsprungs griff und dann auch mit der anderen. Paris zog das Seil ein letztes Mal straff, band es dann fest und bückte sich, um dem Fähnrich auf den Sims zu helfen.
    Kim blieb liegen und bebte vor Erschöpfung am ganzen Leib.
    Paris verlor keine Zeit.
    »Ich werfe das Seil jetzt zu Ihnen hoch, Kes!« Er löste es von seiner Taille, holte aus und warf das freie Ende nach oben. Es fiel zurück, und er warf es erneut.
    »Ich hab’s!« rief Kes.
    »Kim kommt zuerst an die Reihe.« Paris wandte sich an den jüngeren Mann. »Es ist jetzt nicht mehr weit, alter Knabe. Sie haben es gleich geschafft – der Rest ist ein Kinderspiel. Sind Sie bereit?«
    Kim sah ganz und gar nicht bereit aus, aber er rang sich ein Lächeln ab. »Ich werde mir alle Mühe geben«, erwiderte er.
    »Immerhin habe ich es bis hierher geschafft.«
    Er stand auf, und Paris stützte ihn, als der Fähnrich nach den ersten Haltepunkten an der Felswand suchte. Mühsam zog er sich in die Höhe.
    Der Pilot beobachtete den Vorgang stumm. Jetzt lag alles bei Kim – und bei Kes, die oben wartete und das Seil immer wieder straffte. Die zierliche Ocampa war sicher nicht imstande, den Fähnrich über den Rand des Spalts zu ziehen, und Kim schien inzwischen dem Kollaps nahe zu sein. Die letzten fünf Meter mochten sich als unüberwindliches
    Hindernis erweisen. Damit noch nicht genug. Paris spürte deutlich, daß der Faktor Zeit eine immer größere Rolle spielte: Die Vibrationen waren so stark geworden, daß der Boden unter seinen Füßen bebte.
    »Nur weiter so, Harry«, ermutigte er den Fähnrich. »Sie können es schaffen. Da bin ich ganz sicher.«
    Und Kim schaffte es tatsächlich. Irgendwie fand er die Kraft, sich ganz nach oben zu ziehen, über den Rand hinweg.
    Plötzlich baumelte das Seil leer über Paris, und er zögerte nicht, band es sich einmal mehr um die Taille und begann dann selbst mit dem Aufstieg. Dabei hatte er es so eilig, daß er zweimal abrutschte und sich nur im letzten Augenblick
    festhalten konnte. Schließlich brachte auch er die fünf Meter hinter sich und verharrte kurz neben einem Kim, der schwer atmend auf dem Bauch lag.
    »Los geht’s, Kumpel«, sagte Paris. Er stemmte sich hoch, half dem Fähnrich auf die Beine und führte ihn in den
    Seitentunnel. Natürlich hatte er keine Ahnung, wohin dieser Gang führte, doch er hielt es für besser, nicht darauf hinzuweisen. Entweder schafften sie es, das Tunnelsystem rechtzeitig zu verlassen, oder sie schafften es nicht. Paris sah keinen Sinn darin, die negativen Situationsaspekte auch noch zu betonen.
    Sie waren seit etwa zehn Minuten unterwegs, als sie eine Abzweigung erreichten – und eine Stimme hörten.
    Paris drehte sich um und zog gleichzeitig den Phaser,
    verzichtete jedoch darauf, den Auslöser zu betätigen.
    »Bitte«, sagte der große Urrythaner sanft und hob beide Hände zu einer beschwichtigenden Geste. »Es bleibt nur wenig Zeit. Ich bringe Sie zur Oberfläche und zu Ihrem Raumschiff, wenn Sie gestatten.«
    »Zeigen Sie uns den Weg«, erwiderte Paris und hoffte, daß er keinen Fehler machte. »Wir können Hilfe gebrauchen.«
    Das große Wesen nickte knapp und wählte bei der
    Abzweigung den linken Tunnel. Paris folgte ihm und stützte Kim. Kes hielt sich dicht an seiner Seite. Sie schwieg, beobachtete das Geschehen jedoch mit großer
    Aufmerksamkeit. Die Ocampa wirkte sehr wachsam, was der Pilot mit Dankbarkeit zur Kenntnis nahm – obgleich er nicht wußte, wie Kes ihnen helfen sollte. Nun, sie konnte die
    ›Stimme des Planeten‹ hören und mit ihren besonderen
    Fähigkeiten vielleicht auch feststellen, ob es der Urrythaner ehrlich meinte oder versuchte, sie in eine Falle zu locken.
    Das Sonnenlicht weiter vorn kam einem Traum gleich, und Paris fühlte sich davon angezogen. Er ging ein wenig schneller und hörte, wie der Urrythaner etwas sagte. Doch er achtete kaum darauf, entnahm den Worten nur die wichtigsten
    Informationen: Sie schickten sich jetzt an, das Tunnelsystem zu verlassen, und zwar in der Nähe des Shuttles. Dadurch bot sich ihnen tatsächlich die Chance, zur Voyager
    zurückzukehren.
    Dann verklang die Stimme, und als sich Paris umsah, war der Urrythaner verschwunden. Es

Weitere Kostenlose Bücher