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Puppenrache

Puppenrache

Titel: Puppenrache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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an. Da war er wieder. Der Hass. Der Hass in ihm, der ihn peinigte und gleichzeitig am Leben hielt. Der Hass, der in ihm wucherte, seit ihr Dad ihn und seinen Bruder verlassen hatte.
    Mit einer Handbewegung fegte er alles vom oberen Regalbrett, die Marmeladengläser, die Cornflakes-Packungen, die Flaschen und Dosen. »Wo hast du die Kohle versteckt?«, brüllte er und sein unbändiger Zorn machte sich Luft.
    »Du bist nicht mein Sohn! Du bist sein Sohn!«, kreischte sie und stürzte sich auf ihn, doch der Hass machte ihn stark und er stieß sie von sich, sodass sie taumelte und hinfiel.
    Er schenkte ihr nur einen kurzen Blick. Wie ein fetter Käfer lag sie auf dem Rücken und jammerte. Jetzt waren die Schubladen dran. Eine nach der anderen riss er auf, wühlte darin, warf den Inhalt auf den Boden und knallte sie wieder zu.
    »Wo hast du deine Scheißkohle hin?«, schrie er wieder und trat auf seine Mutter zu. Mit einer schnellen Bewegung, die er ihr gar nicht zugetraut hätte, schnappte sie seinen Arm und zerrte an ihm wie ein böser Hund. »Verschwinde! Los, verschwinde! Oder ich ruf die Polizei!«
    Er schüttelte mühelos ihre Hand ab und nahm sich das nächste Regalbrett vor. Da war es!
    »Du hast es in die Scheiß-Teedose gepackt!« Er riss die Scheine heraus, zählte – zwanzig, dreißig, fünfzig Dollar –, bückte sich zu ihr auf den Boden und wedelte damit vor ihrer Nase herum. »Und wo ist der Rest? Du willst mich wohl verarschen, was? Heute ist der Zwanzigste. Wo ist der Rest für den Monat? Na los, sag’s schon!« Es war erst Mitte des Monats und seine Mutter holte immer am Ersten achthundert Dollar von der Bank.
    »Leg sofort mein Geld zurück! Du verfluchtes Dreckschwein!« Sie zerrte wieder an seinem Arm, schlug mit der anderen Hand auf ihn ein und versuchte, sich gleichzeitig an ihm hochzuziehen. »Die haben recht! Du gehörst ins Gefängnis! Du gemeiner…«
    »Wo hast du die Kohle? Los, sag’s mir!« Seine Hände griffen nach ihren fetten schwammigen Oberarmen, hielten sie fest, schüttelten den ganzen Körper.
    »Au! Du tust mir weh!«, schrie sie auf.
    Er drückte noch fester zu. »Dad hat dich einfach nicht mehr ertragen! Deshalb hat er dich sitzen lassen!«, schleuderte er ihr ins Gesicht. Und der Hass in ihm wurde noch stärker und wilder.
    »Du Lügner! Du hinterhältiger Lügner! Ich hab alles für dich getan!«
    »Hör doch auf mit dieser Scheiße! Du hast es allein für dich getan! Gegen Dad kamst du nicht an, aber deine Söhne konntest du beherrschen!«
    Sie schlug ihm ins Gesicht. »Ich verbiete dir, so zu reden!«
    Er schlug zurück. »Halt endlich dein verdammtes Maul!«
    Sie rangen jetzt miteinander. Ihre unförmige, schwammige Masse gegen seinen drahtigen, muskulösen Körper.
    »Du Loser, du jämmerlicher Loser! Hast noch nicht mal ein Mädchen abgekriegt!«, schrie sie und schlug immer wieder auf ihn ein.
    »Weil du sie immer rausgeekelt hast!«, schrie er zurück. Er spürte sie anrollen, grollend und unaufhaltsam, die Wut. Wie ein glühender Lavastrom brodelte sie durch seinen Körper.
    »Du bist ein Nichts! Selbst jetzt kommst du zu deiner Mutter gekrochen für ein bisschen Geld!«, stieß sie nach Luft ringend hervor.
    »Halt ’s Maul, du alte fette Sau!«, brüllte er und spürte, dass er keine Kontrolle mehr über sich hatte. »Halt endlich dein Maul!« Und er stopfte ihr die Scheine in den Mund mit den schlechten Zähnen. »Friss es! Friss dein Scheißgeld, bis du daran verreckst!«
    Sie wehrte sich, strampelte und fuchtelte mit den kurzen, dicken Armen, doch er saß jetzt auf ihr und drückte ihr das Geld tief in den Rachen.
    Er raste vor Wut und drückte die Scheine immer tiefer, bis er langsam eine Ruhe spürte, die sich in seinem Körper ausbreitete. Wie ein ferner Beobachter blickte er auf seine Mutter. Sie tobte immer noch, ihr Kopf war rot, ihre Adern angeschwollen. Schweiß glänzte auf ihrer Stirn. Auf einmal konnte er ihr in die Augen sehen, und als er die Angst darin erkannte, wurde er noch ruhiger. Eine große Befriedigung erfüllte ihn und er sah zu, wie die Angst zur Ungläubigkeit wurde, zu einem großen Staunen, und wie sie schließlich blau anlief und wenige Augenblicke später aufhörte zu zappeln.
    Eine Weile blieb er einfach auf ihrem weichen, großen Bauch sitzen und genoss die Wärme und vollkommene Ruhe. Er schloss die Augen.
    Sieg, dachte er. So fühlt sich Sieg an.
    Dann zog er die Scheine wieder aus ihrem Mund, wischte sie an ihrer Schürze

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