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Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Puppenspiel - Inspektor Rebus 12

Titel: Puppenspiel - Inspektor Rebus 12 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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viel Macht er über sie haben mochte.
    Dann ging er in die Küche und kippte den restlichen Tee aus seiner eigenen und Siobhans Tasse in die Spüle. Er goss sich einen Fingerbreit Malt in ein sauberes Glas und holte eine Flasche IPA aus dem Schrank. Dann setzte er sich im Wohnzimmer in seinen Sessel, kramte einen Stift und sein Notizbuch hervor und schrieb Quizmasters neuestes Rätsel auf, oder das, was ihm davon in Erinnerung geblieben war... Jean Burchill hatte vormittags mehrere Besprechungen gehabt, unter anderem eine erhitzte Debatte über Budgetfragen, die so kontrovers verlaufen war, dass ein Ausstellungsleiter aus dem Raum gestürmt war und die Tür hinter sich zugeknallt hatte. Eine von Jeans Kolleginnen war sogar in Tränen ausgebrochen.
    Mittags saß sie dann völlig erschöpft mit Kopfweh in ihrem schlecht belüfteten Büro. Steve Holly hatte schon wieder zwei Nachrichten für sie hinterlassen. Sie wusste, dass das Telefon jeden Augenblick erneut läuten konnte. Also beschloss sie, ihr Sandwich nicht an ihrem Schreibtisch zu essen, wie sie es sonst häufig tat. Vielmehr ging sie aus dem Haus und schwamm in der Masse der Angestellten mit, die ihrer Gefangenschaft für die Dauer eines kurzen Aufenthaltes in einer nahe gelegenen Bäckerei oder Pizzeria entronnen waren. Sie wusste, dass die Schotten wegen ihrer Essgewohnheiten bei den Herz- und Zahnerkrankungen einen traurigen Spitzenplatz einnahmen, weil sie pausenlos gesättigte Fettsäuren, Salz und Zucker zu sich nahmen. Was brachte die Leute in diesem Land nur dazu, sich vor allem von industriell gefertigten Lebensmitteln zu ernähren: Schokolade, Chips, Limonade? Vielleicht das Klima? Oder war die Ursache im Charakter der Schotten zu suchen? Jean beschloss, sich dem Trend zu widersetzen, und kaufte etwas Obst und einen Karton Orangensaft. Dann lief sie parallel zu den Brücken Richtung Innenstadt. Ringsum billige Textilläden und Selbstbedienungsrestaurants. Vor der Ampel an der Tronkirche stauten sich Busse und Lastwagen. In einem Hauseingang saßen ein paar Bettler und betrachteten die Parade der vorbeiziehenden Beine. Jean blieb an der Ampel stehen, blickte nach links und rechts in die High Street und versuchte sich die Straße in jenen längst vergangenen Tagen vorzustellen, als es die Princes Street noch gar nicht gegeben hatte: Marktschreier, die ihre Waren anpriesen, dämmrige Hinterhöfe, in denen Geschäfte abgewickelt wurden, das Zollhaus mit dem Tor, das abends verrammelt wurde und die Stadt von der Außenwelt abschnitt... Sie überlegte, ob ein Mensch, der hier um 1770 gelebt hatte, die Gegend noch wiedererkennen würde. Die elektrischen Lichter und die Autos würde so jemand gewiss mit offenem Mund bestaunen, aber die Atmosphäre insgesamt...?
    Auf der North Bridge blieb sie wieder stehen und blickte in östlicher Richtung auf die Parlamentsbaustelle, wo nichts vorwärts ging. Der Scotsman residierte nun schon seit einiger Zeit in seiner prachtvollen neuen Zentrale in der Holyrood Road, direkt gegenüber dem Parlament. Sie war dort erst unlängst auf einem Empfang gewesen und hatte von dem großen Balkon auf der Rückseite des Gebäudes aus die unglaublich beeindruckenden Salisbury Crags bewundert. Ein Stück hinter ihr wurde das alte Scotsman-Gebäude gerade entkernt: noch ein Hotel. Am Übergang der North Bridge in die Princes Street stand verstaubt und ungenutzt die alte Hauptpost, über deren Zukunft offiziell noch nicht entschieden war, es schien aber, wie zu hören war, ebenfalls auf ein Hotel hinauszulaufen. Sie ging rechter Hand über den Waterloo Place, biss in ihren zweiten Apfel und gab sich Mühe, nicht an Schokoriegel und Chips zu denken. Sie hatte ein Ziel: den Calton-Friedhof. Als sie durch das schmiedeeiserne Tor trat, sah sie bereits den als Märtyrerdenkmal bekannten Obelisken, der dem Andenken der »Freunde des Volkes« gewidmet war: fünf Männern, die es 1793 gewagt hatten, sich für eine Parlamentsreform einzusetzen. Und das zu einer Zeit, als nicht mal vierzig Bürger der Stadt das Wahlrecht besaßen. Die fünf waren wegen Volksaufhetzung verurteilt und in die Verbannung nach Australien geschickt worden. Jean betrachtete den Apfel in ihrer Hand. Gerade erst hatte sie von der Frucht einen kleinen Aufkleber entfernt, auf dem als Herkunftsland Neuseeland ausgewiesen war. Sie dachte an die fünf Sträflinge und das Leben, das sie auf der anderen Seite des Globus erwartet haben mochte. Zumindest hatte die Französische

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