Puppenspiel - Inspektor Rebus 12
gestreckter Tisch, und an der Wand dahinter sah man ein behelfsmäßig montiertes Logo der Lothian and Borders Police. Als dann eine Tür aufging und mehrere Gestalten den Raum betraten, machte die Kamera einen harten Schwenk, und das Gemurmel erstarb. Rebus hörte das plötzliche Surren der Kameras. Scheinwerfer flammten auf. Vorneweg gingen Ellen Wylie und Gill Templer, gefolgt von David Costello und John Balfour.
»Schuldig!«, rief eine Stimme ein paar Reihen vor Rebus, als die Kamera Costellos Gesicht in Großaufnahme zeigte.
Die Gruppe nahm vor einem jäh aufragenden Wald von Mikrofonen Platz. Die Kamera blieb auf Costello gerichtet, doch der Bildausschnitt wurde so verändert, dass der ganze Oberkörper des jungen Mannes zu sehen war. Über die Lautsprecher hörte man die Stimme von Ellen Wylie, die sich nervös räusperte, bevor sie zu sprechen begann.
»Guten Tag, meine Damen und Herren - herzlichen Dank für Ihr zahlreiches Erscheinen. Bevor wir anfangen, möchte ich nur kurz ein paar Bemerkungen über die Regeln vorausschicken...«
Siobhan befand sich ein Stück links von Rebus. Sie saß neben Grant Hood an einem Schreibtisch. Hood starrte zu Boden. Möglich, dass er s ich auf Wylies Worte konzentrierte: Rebus wusste noch, dass die beiden einige Monate zuvor in der Mordsache Grieve eng zusammengearbeitet hatten. Siobhans Gesicht wies zwar Richtung Bildschirm, doch ihr Blick schweifte im Zimmer umher. Sie hielt eine Wasserflasche in der Hand und machte sich mit den Fingern an dem Etikett zu schaffen.
Den Job hätte sie selbst gerne gehabt, dachte Rebus. Und jetzt leidet sie. Er hoffte, dass sie in seine Richtung schauen würde, damit er sie anlächeln oder ihr zuzwinkern oder verständnisvoll zunicken konnte. Doch sie blickte wieder auf den Bildschirm. Wylie war mit ihrer Einführung fertig, und Gill Templer war an der Reihe. Sie fasste noch einmal zusammen, was bis zu diesem Zeitpunkt über den Fall bekannt war. Ihre Stimme klang völlig entspannt, für sie waren Pressekonferenzen Routine. Rebus hörte, wie Wylie sich im Hintergrund abermals räusperte. Gill schien das etwas zu irritieren.
Allerdings zeigte die Kamera nicht das geringste Interesse an den beiden Kripobeamtinnen. Sie war vielmehr fast ausschließlich auf David Costello gerichtet, nur hin und wieder auch einmal auf Philippa Balfours Vater. Die beiden Männer saßen nebeneinander, und die Kamera schwenkte langsam zwischen ihnen hin und her. Hier und da verharrte sie kurz auf Balfours Gesicht, doch dann erschien sogleich wieder Costello im Bild. Der Autofokus arbeitete völlig korrekt, solange der Kameramann nicht von sich aus den Bildausschnitt veränderte. Dann dauerte es einige Sekunden, bis das Bild wieder scharf war.
»Schuldig«, wiederholte die Stimme.
»Würdest du darauf wetten?«, rief ein anderer Beamter.
»Ruhe, bitte!«, fauchte Bill Pryde. Es wurde mucksmäuschenstill im Raum. Rebus warf ihm einen anerkennenden Blick zu, doch Pryde starrte nur kurz auf sein Klemmbrett und dann wieder auf den Bildschirm, wo David Costello gerade zu sprechen anfing. Der junge Mann war unrasiert und trug noch dieselben Kleider wie am Vorabend. Vor ihm auf dem Tisch lag ein Blatt Papier. Allerdings sah er während seiner Ausführungen nicht ein einziges Mal auf seine Notizen. Sein Blick irrte vielmehr zwischen den verschiedenen Kameras hin und her, da er nicht wusste, wohin genau er schauen musste. Er sprach mit trockener dünner Stimme.
»Wir wissen nicht, was mit Flip passiert ist, und wir möchten es dringend herausfinden. Wir alle, ihre Freunde und Angehörigen...« Er blickte in John Balfours Richtung. »Alle, die sie kennen und lieben, wir alle wollen wissen, wo sie ist. Flip, falls du mir jetzt zusiehst, bitte melde dich. Nur, damit wir wissen, dass... also - dass dir nichts zugestoßen ist. Wir machen uns große Sorgen.« In seinen Augen standen Tränen. Er hielt kurz inne, senkte den Kopf und richtete sich dann wieder auf. Er blickte auf das Blatt Papier vor sich, schien dort aber nichts zu entdecken, was er nicht schon gesagt hatte. Nun wandte er sich fragend seinen Begleitern zu. John Bal-four streckte die Hand aus und drückte dem jungen Mann die Schulter, dann fing er mit dröhnender Stimme so laut an zu sprechen, dass man auf die Mikrofone leicht hätte verzichten können.
»Falls irgendwer meine Tochter festhält, bitte melden Sie sich bei mir. Flip hat die Nummer meines privaten Mobiltelefons. Sie können mich zu jeder Zeit
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