Puppenspiele
Neugier … Wie haben Sie es entsorgt?«
Clarissa schwieg kurz. Sie war nicht sicher, wie weit sie sich in Howelas Hände begeben wollte. »Wir haben in den Labors von ›Aglaia‹ Container für organische Abfälle, die mehrfach täglich geleert werden.«
Howela nahm einen kräftigen Schluck von seinem Whisky.
»Haben Sie schon etwas herausgefunden?«, lenkte Clarissa von dem unappetitlichen Thema ab.
»Wie ich Ihnen gestern Abend in meinem Tagesbericht schrieb, werde ich morgen erfahren, wer das Baby von Beatrix Kowalski adoptiert hat. Und wie sie es genannt haben. Die Information ist teuer, aber nicht schwierig zu bekommen. Haben Sie Geduld bis morgen, dann sehen wir weiter.«
»Geduld!« Clarissa lachte bitter auf. Dann sah sie Howela in die Augen. »Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie mit mir schlafen wollen?«
Howela lächelte ein zweites Mal. »Es wäre mir ein großes Vergnügen.«
»Kommen Sie her und ziehen Sie mich aus.«
Zu Clarissas Überraschung war es auch für sie ein großes Vergnügen. Eine äußerst angenehme Stunde später kamen sie zurück ins Wohnzimmer. Clarissa schenkte sich noch einen Hauch von Whisky ein. Howela mixte sich am Barschrank einen Gin Tonic und bat um Eis. Clarissa war nicht sicher, ob sie welches hatte. Sie trank ihr Wasser immer auf Zimmertemperatur und den Whisky selbstverständlich ohne Eis. Sie ging mit ihrem Whiskyglas zur offenen Küche und sah im Gefrierfach nach. Zwei gleichzeitige Geräusche erschütterten Howelas Trommelfell: das Whiskyglas, das auf dem Küchenboden zerschellte und Clarissas gellender Schrei. Howela war sofort neben ihr und sah, was sie sah: Im Gefrierfach lag sauber vakuumiert in einer dicken Plastikfolie ein menschliches Herz.
Clarissa wich zurück und ließ sich zitternd auf ihr malvenfarbenes Sofa sinken.
»Er war hier, er war in meiner Wohnung!« Aus ihrem Gesicht war alle Farbe gewichen.
Howela stand am Kühlschrank, nahm das gefrorene Herz heraus und betrachtete es. Auch wenn einige Eiskristalle den Blick hinter die Plastikfolie erschwerten, gab es keinen Zweifel am Inhalt. Auf der Folie war mit Hand ein Datum vermerkt: 1.4.2009.
»Das ist das Herz der Münchnerin«, mutmaßte Howela. »Ihre Leiche wurde Anfang April zum Zirkus Krone geliefert, wenn ich mich recht erinnere.«
»Am 2. April«, sagte Clarissa tonlos. »Ich habe heute alles nachgelesen, was in den Zeitungen stand.«
Howela legte das Herz zurück ins Gefrierfach, weil er nicht wusste, was er sonst damit tun sollte.
»Wann waren Sie das letzte Mal am Tiefkühlfach?«
Clarissa zuckte mit den Schultern. Langsam kehrte Farbe in ihr Gesicht zurück. »Ich habe keine Ahnung. Vor Wochen? Monaten? Ich koche abends nie. Und ich brauche auch keine Eiswürfel.«
»Das Herz, das ins Büro geliefert wurde … Hatte das auch ein Datum?«
»Das des Tages, bevor die Leiche in Berlin gefunden wurde. Aber das weiß ich erst seit heute! Ich hatte doch keine Ahnung!«
»Der Zusammenhang liegt auf der Hand. Jetzt sagen Sie mir, verdammt noch mal, was hinter dem Ganzen steckt! Das hier ist kein Spiel!«
Clarissa stierte vor sich hin. Howela versuchte es auf die sanfte Tour. Er legt den Arm um Clarissa: »Ich will Ihnen helfen, das kann ich aber nur …«
Clarissa schubste unsanft Howelas Arm weg und sprang auf. Fast hysterisch schrie sie Howela an: »Fass mich nicht an, du Idiot! Finde diesen Kerl und schaff ihn her! Er war in meiner Wohnung, begreifst du das nicht?«
Howela ließ sich von Clarissas beleidigendem Gefühlsausbruch nicht irritieren. »Hatte er bei dem Zusammentreffen in Hamburg Gelegenheit, an Ihre Schlüssel zu kommen?«
Clarissa nickte.
»Verstehe. Morgen lassen Sie vom Schlüsseldienst die Schlösser austauschen.«
Clarissa nickte.
»Und dann gehen Sie zur Polizei.«
Clarissa schüttelte den Kopf.
»Was spricht dagegen? Was haben Sie sich zuschulden kommen lassen?«
»Nichts Schlimmes, das können Sie mir glauben. Moralisch verwerflich vielleicht, für den ein oder anderen. Aber nichts wirklich Schlimmes!«
»Sie wollen mir erzählen, dass da draußen jungen Frauen das Herz herausgeschnitten wird, weil Sie in den Sechzigern Joints geraucht oder sich in Woodstock im Schlamm gewälzt haben?«
Wütend funkelte sie ihn an: »Ich habe mit diesen Morden nichts zu tun! Was dieser Irre da treibt, hat ab-so-lut nichts mit mir zu tun, ist das jetzt klar?«
»Wieso landen die Herzen dann bei Ihnen auf dem Tisch oder im Kühlschrank? Verkaufen Sie mich nicht für
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