Purpur ist die Freiheit 01 - Das Leuchten der Purpurinseln
voller Springbrunnen, Rosen und anderer duftender Blumen?
Cornelisz nahm einen Zug aus der kleinen Tonpfeife, und sogleich fühlte er wieder dieses angenehm leichte Schwindelgefühl in sich aufsteigen. Seine Gedanken schweiften müßig umher.
» Meine Freunde«, sagte er, während er mit geschlossenen Augen in seinen weichen Kissen ruhte und Reste des Rauchs langsam seinem Mund entwichen, » dieses Kraut ist wunderbar. Das erinnert mich an den Morgen in den Bergen des Atlasgebirges, als ich meine erste Pfeife kif rauchte. Die Nacht zuvor hatte ich in einer Grotte am Berg verbracht, habe ich euch schon einmal davon erzählt?«, fragte er ins Unbestimmte. » Damals schenkte mir das kif Flügel! Ich flog über die Täler, sah Bäume und den Schnee auf den hohen Bergen und leuchtende, flirrende Farben.« Er hob den Kopf und schaute umher. Er war allein, seine Besucher hatten ihn verlassen. Jetzt fiel es ihm wieder ein, wie sie ihn vor einer Weile auf die Wangen geküsst hatten und er ihnen zum Abschied hinterhergewunken hatte.
Er rauchte zu viel, das wusste er. In der Folge vergrub er sich dann in sich selbst, oder er schwatzte drauflos, und beides konnten seine Freunde Mohammed und Saleh nicht leiden. Wohl aus diesem Grund hatten sie ihn vorzeitig verlassen. Aber das war ihm egal, das machte ihm nichts aus, ihm machte gar nichts etwas aus. Träge lehnte er in seinen Polstern, die langen Beine entspannt von sich gestreckt, und ließ sich von seinen Erinnerungen forttragen.
Cornelisz trug über der weiten Hose und dem langen Hemd eine djellabah wie die einheimischen Männer, doch die hellen Augen unter seinem flüchtig gebundenen chêche, besonders aber sein rotblonder Bart zeigten, dass er kein Hiesiger sein konnte. Ebenso offenbarten seine schlanken Hände mit den feingliedrigen Fingern, dass er in seinem Leben noch nie hatte fest zupacken müssen, um sein Brot zu verdienen. Sie spielten müßig mit seinem gris-gris, einem dreieckigen Amulett aus schwerem Silber, das ihm Anahid geschenkt hatte.
Als er den Becher mit Minztee zum Mund führte, zitterte seine Hand. Er stellte das Glas ab und griff erneut nach seinem kleinen Lederbeutel, um seine Tonpfeife zu stopfen. Auch heute verspürte er wieder diese nagende Unruhe, dieses dumpfe Gefühl, das ihn nervös und unzufrieden werden ließ. Doch ein weiteres kleines Pfeifchen, und alles würde wieder gut sein.
Abermals hatte er kein passendes Holz für eine neue Bildtafel finden können. Wo er auch nachfragte, überall bot man ihm nichts als Pappelholz an, noch dazu kaum geglättetes. Für ein Porträt war das ungeeignet, Anahid bestand aber darauf, von ihm gemalt zu werden. Was er benötigte, waren Bretter aus der Mitte eines Stammes. Dazu musste der Stamm der Länge nach halbiert und das mittlere Brett herausgesägt werden. Sie waren eindeutig zu erkennen an den glänzenden Stellen, die durch das Anschneiden des Kernholzes entstanden und wie Spiegel wirkten.
Warum taten die Zulieferer, als verstünden sie seine Anfragen nicht? Achteten sie ihn nicht genügend, um seine Wünsche ernst zu nehmen? Bei den Farben verhielten sie sich ähnlich. Besonders bei den blauen und grünen Mineralien versuchten sie, ihm minderwertiges Material anzudrehen, dabei fand man im Atlasgebirge die schönsten und abwechslungsreichsten blauen Steine, die man zu Pigment zermahlen konnte. Natürlich war die Beschaffung mühsam, das wusste er aus eigener Erfahrung. Er erinnerte sich gut daran, wie er in den Bergen selbst Mineralien gesucht hatte, speziell grünes Malachit. Bei jener Bergtour hatte ihn sein ortskundiger Führer zu einem Felsabbruch geführt, wo die grünen Lagen gut zugänglich waren.
Im Laufe des Nachmittags behauptete der Mann allerdings plötzlich, in unmittelbarer Nachbarschaft gäbe es Hyänen, Löwen und Leoparden, vielleicht sogar Drachen, und hatte ein nahegelegenes Nomadenlager als sicheres Nachtquartier vorgeschlagen. Cornelisz jedoch wollte in der Nähe der ergiebigen Fundstelle bleiben. Während der Bergführer ins Tal abstieg, hatte er sich bei Einbruch der Nacht in eine Grotte zurückgezogen, einige große Steine vor dem Eingang als Schutz vor wilden Tieren angehäuft und ein zusätzliches Feuer entfacht. Unter seiner Decke hatte er wunderbar geschlafen und nicht einmal den Schatten eines Untiers gesehen! Am Morgen, in aller Frühe, waren Schäfer vorbeigekommen, die aus einem Beutel Mehl und einem Ziegenbalg voll Wasser Brot gebacken und ihm davon abgegeben
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