Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste
Mädchen waren ihre Tage bereits ausgefüllt. » Ihr müsst Euch tatkräftige Unterstützung suchen«, hatte Pacelli vor seiner Abreise gemahnt. » Arbeitet schnell einige Stickerinnen ein, sonst brecht Ihr zusammen, wenn ich mit vollen Auftragsbüchern aus Venedig zurückkomme.« Besorgt und mit zahlreichen Ermahnungen, aber auch beruhigt, dass sich Sarah und Margali nun in Sicherheit befanden, war er schließlich abgesegelt.
Nach nicht einmal vier Wochen hatte Sarah in Melilla schon Fuß gefasst. Heute Morgen hatte sich außerdem eine hoffentlich besonders erfolgreiche Zusammenarbeit angekündigt. Bei der Erinnerung lächelte Sarah.
Sie hatte das Klopfen nicht gehört und war erschreckt zusammengefahren, als ein Fremder in die Werkstatt trat. Mit flinken Augen hatte er sich umgesehen, bevor er sich tief verneigte.
» Verzeiht mein Eindringen, aber ich hatte geklopft. Seid Ihr die Venezianerin, Señora Meulen y Álvarez?«
Sarah nickte. Sie legte ihre Stickerei beiseite und erhob sich.
» Gestattet: Juan García Gómez, Kaufmann und Händler, tätig zwischen Melilla und dem Rest der Welt. Zu Euren Diensten.« Ein prüfender Blick, dann eine erneute Verbeugung, schwungvoller noch als die erste. » Gnädigste, ich bin entzückt! Slimane, unser gemeinsamer Freund, erwähnte mit keinem Wort, dass die berühmte venezianische Perlenmeisterin eine so schöne Frau ist.«
Der Spanier hatte funkelnde schwarze Augen, ein lebhaftes Gesicht und wirkte überaus freundlich.
Während Sarah zunächst zurückhaltend reagierte, zog der Händler einige Beutel hervor, legte sie auf den Tisch und öffnete sie. » Seht!«, befahl er und deutete mit großer Geste auf die Perlen in den Beuteln, » böhmisch. Köstlichere hat die Welt noch nicht gesehen!« Er rückte die geöffneten Behälter so, dass das Licht der Morgensonne darauf fiel.
Sie waren wirklich wunderschön, diese Perlen aus Böhmen, darunter mehrfarbige, gefüllte, gedrehte, gezogene. In ihren zahllosen Schachteln in Mogador und Santa Cruz befanden sich etliche dieser Kostbarkeiten. Doch seit ihrer Abreise hatte sie nichts Vergleichbares gesehen.
» Das ist natürlich nur eine kleine Auswahl, Ihr versteht. Es gibt unendlich viele verschiedene Größen, Formen und Farben.«
Sarah nickte. » Sie sind erlesen schön. Sicher kosten sie ein Vermögen.«
Juan García Gómez grinste. » Das kommt ganz darauf an«, lachte er und zwinkerte ihr zu.
Sarah musste lächeln. » Ach ja? Worauf denn?«
Plötzlich griff der Spanier nach ihrer Hand, küsste sie und lachte übermütig wie ein kleiner Junge. » Ob Euch mein Plan gefällt, natürlich. Ich bin überzeugt, wir könnten wunderbar zusammenarbeiten«, verkündete er.
Dann jedoch wurde er ernst. Er legte den Kopf schief, deutete auf ihre mit Perlen verzierten Pantoffeln und sagte: » Das ist es, so etwas brauche ich.«
» Pantoffeln? Warum geht Ihr dann nicht zum Schuhmacher?«
» Nein, nein, Verehrteste, ich spreche keineswegs von schnödem Schuhwerk. Ich will … ich will …« Er suchte nach Worten, um die Idee in seinem Kopf auszudrücken. Dabei griffen seine Hände in die Luft, als flögen die richtigen Worte durch den Raum und er müsse sie nur zu fassen kriegen.
» Ihr wisst, draußen herrscht Krieg«, begann er. » Des Weiteren wisst Ihr sicher auch, wie sehr sich Frauen nach schönen Dingen sehnen, jedenfalls sobald sie ihre drängendsten Sorgen los sind. Wenn also die Kämpfe enden und die Ängste um Männer und Söhne nicht mehr ihr Leben bestimmen, werden sich die Frauen für die ausgestandenen Schrecken belohnen wollen. Habe ich nicht recht? Eine hübsche Kleinigkeit wie ein schönes Tuch oder ein paar bestickte Pantoffeln beruhigen und erfreuen ihre Gemüter, ist es nicht so? Wir beide könnten Freude in ihr Leben bringen, sozusagen ein gutes Werk tun. Na, was sagt Ihr?«
» Ihr meint, ich soll …?«
» Sî, claro ! Ich mache Euch ein vernünftiges Angebot für diese wirklich außergewöhnlichen böhmischen Perlen, im Gegenzug könntet Ihr mir entgegenkommen, und schon sind wir miteinander im Geschäft.«
» Ja, die Perlen sind wunderschön, aber erst wenn sie kunstvoll verarbeitet sind, werden sie wirklich wertvoll. Oder konntet ihr lose Perlen bislang gut verkaufen?«
Es hätte nicht viel gefehlt, und Juan García Gómez hätte sich die Haare gerauft. Woher wusste sie, dass sich Beutelware schlecht verkaufte, dachte er.
» Was haltet Ihr von einer Partnerschaft?«, schlug sie schließlich vor. »
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