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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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saß sie wieder häufig in Sarahs Werkstatt. Fast täglich ging Lea zum Markt und brachte zusammen mit dem Gemüse den neuesten Klatsch mit, so dass sie immer etwas zu reden fand. Meistens handelte es sich dabei um Ereignisse aus der näheren Umgebung oder um Slimanes Kunden, oder was sie sonst aufgeschnappt hatte. Was es auch war, sie trug es getreulich in Sarahs Werkstatt und ließ sie teilhaben am Leben des Viertels. War aber jemand krank oder befand sich gar in einer Notlage, ließ sie alles stehen und liegen und half sofort. Und langsam verstand Sarah Leas gutes Herz und ihr unkompliziertes Gemüt etwas besser und öffnete sich auch ihrerseits der Freundin wieder.
    Nur noch wenige Perlen fehlten dem Ornament dieses Lederteils, dann war es fertig. Mit der Nadel nahm sie fünf weitere rote Kügelchen auf, durchstach das Leder an der vorbereiteten Stelle, zog den Faden an und schob das Muster zurecht. Für Taschen verwendete sie mehrmals gewachstes Garn, Pantoffeln aber wurden stärker beansprucht als Umhängetaschen, dafür benötigte sie gedrehte Därme, Sehnen oder zumindest einen doppelten Faden, damit sich die Stickerei nicht auflöste. Sarah drückte die Nadel wieder auf die Vorderseite und führte sie durch die letzten Perlen der Reihe zurück. So unauffällig wie möglich stach sie erneut ein, dann vernähte und verknotete sie den Faden. Jetzt folgten noch drei Glaströpfchen in Rot, dann hatte sie auch diese Tasche fertiggestellt.
    Sie liebte Muster aus Arabesken und feinen Ranken, aus Schnörkeln, Bögen und Rundungen, obgleich flächige oder eckige Formen sich nicht nur leichter herstellen ließen, sondern natürlich auch schneller von der Hand gingen. Diesmal aber hatte sie ihrer Lust nach einer anspruchsvolleren Verzierung nachgegeben.
    Sarah verglich den Entwurf mit der fertigen Arbeit und vernähte die letzten losen Fäden. Yasmîna würde später die Rückseite der Stickerei mit einer dünnen Leimschicht bestreichen, die rasch trocknete und die Knoten zusätzlich sicherte.
    Sie streckte und knetete ihre Hände. Die Finger schmerzten von dem dicken Leder, und sie wusste, bald würde sie Taschen, welcher Art auch immer, nicht mehr sehen können. Doch immerhin war der Korb mit den bestickten Einzelteilen bereits mehr als zur Hälfte gefüllt.
    In Venedig hätte sie jetzt feine Stoffe und festliche Kleider aus Brokat oder Seide vor sich, träumte sie vor sich hin, während sie Nadeln und Lederbänder aufräumte, dort hätte sie mit farbigen Glasperlen und Edelsteinen hantiert, aber hier? Vielleicht hatte sie doch überhastet entschieden und es war ein Fehler gewesen, Venedig zu verlassen? Aber eigentlich waren das müßige Gedanken. Sie lebte nun hier, und anstatt über Vergangenes zu grübeln, sollte sie froh sein, dass ihr Schicksal diese gute Wendung genommen hatte. Energisch stopfte sie das Stickmaterial aus Garnrollen, Bündeln von verschieden starken Fäden und das Stück Bienenwachs in ihr Leinensäckchen zurück.
    Eilige Schritte kamen die Treppe herauf, und die Tür flog auf. Mit verrutschtem Kopftuch und erschreckten Augen stand Yasmîna im Eingang. » Da ist …«, stotterte sie und deutete die Treppe hinunter. » Er ist mir gefolgt.« Die Dienerin blickte über die Schulter.
    Hinter ihr stand ein Mann auf der Schwelle.
    Yasmîna schlug die Hand vor den Mund und rannte nach nebenan in Margalis Raum. Sarah hörte, wie die Tür von innen verriegelt wurde. Der Nähbeutel in ihren Händen schien sich plötzlich mit Steinen gefüllt zu haben.
    » Marino!«
    *
    Endlich waren sie unterwegs nach Melilla. Mehrmals schon hatte Saïd die kurze Strecke zwischen Miknas und Féz hinter sich gebracht, der Aufbruch an die Küste hatte sich jedoch immer wieder verzögert. Je länger die Beratungen am Sultanshof gedauert hatten, desto ungeduldiger war er geworden. Sultan Muhammad hatte angenommen, es sei seine künftige neue Aufgabe als Botschafter, die ihn nach Melilla zog, aber das war es nicht. Seitdem er von Sarahs Anwesenheit in Melilla erfahren hatte, fühlte er sich wie verwandelt.
    Trotz seiner Unruhe bewunderte Saïd die Gründlichkeit, mit der die Ratgeber des Sultans alle Aspekte der kommenden Verhandlungen beleuchteten und ihn auf mögliche Probleme hinwiesen. Obwohl allen klar war, dass man Heimatboden nicht leichtfertig aufgab, das Ziel stellte doch niemand ernsthaft in Frage. Melilla der spanischen Krone zu überlassen bedeutete, das kleinere Übel zu wählen, einen besseren Schutz vor erneuten

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