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Purpurdämmern (German Edition)

Purpurdämmern (German Edition)

Titel: Purpurdämmern (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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allmählich zum Vorschein. Sie feuchtete sich die Fingerspitzen an und strich sich die Augenbrauen glatt. Zuletzt biss sie sich ein paarmal auf die Lippen.
    Du bist hinreißend, er wird in Ohnmacht fallen. Und jetzt komm, sonst falle ich nämlich in Ohnmacht vor Hunger.
    Marielle riss sich einige Federn aus dem Kragen, zwirbelte sie zusammen und befestigte sie im Haar. Perfekt.
    Sie sah fast wieder aus wie eine Prinzessin.
    Santino und Ken saßen vor dem kalten Kamin im hinteren Teil der Lobby. Besteck klingelte auf Porzellan. Es duftete verführerisch nach gebratenem Fleisch.
    Ich wusste es. Sie haben alles aufgegessen, weil du dich stundenlang im Bad schön machen musstest.
    »Jaja.« Marielle umschlang die Purpurkatze mit beiden Händen und zog sie von ihrer Schulter herunter. »Wir werden Hungers sterben.«
    Die Fellspitzen vibrierten violett und bernsteinfarben, was hieß, dass sie sich entspannen konnte. Sorgen waren erst angebracht, wenn der Farbton nach Grün umschlug. Oder nach Rot, dann war die gnädige Hoheit ungehalten und musste mit Geschenken besänftigt werden.
    »Hallo«, murmelte sie.
    Santino und Ken blickten gleichzeitig auf.
    Der Magier sah angeschlagen aus. Sein Gesicht wirkte fahl unter der Bräune, die Augen glänzten wie im Fieber und eine frische Schramme zog sich von seiner Schläfe hinunter bis zum Mundwinkel. Er hatte sein Schwert neben sich auf den Boden gelegt, den Mantel aber anbehalten.
    Ken lief feuerrot an, als ihre Blicke sich trafen. Was dazu führte, dass sie ebenfalls zu glühen begann.
    »Kennt ihr euch eigentlich?«, fragte Santino.
    »Ähm –«, erwiderte sie geistreich.
    »Flüchtig«, sprang der Junge ein. »Ich bin Ken. Falls ich das noch nicht gesagt haben sollte.«
    »Nein, hast du nicht. Nessa hat’s mir gesagt.«
    Ihre Wangen brannten. Vor ein paar Stunden im Depot war sie fast geplatzt vor Stolz über ihre Idee mit dem Kuss. Sein Blut mit ihrem zu vermengen und auf diese Weise einen Schlüssel zu schaffen, auf den nicht mal Santino käme … Sie hatte sich die Mischung von den Lippen gewischt und in einem Gläschen verschlossen, für den Rückweg.
Das Gläschen
.
    Ihr wurde siedend heiß. Hastig tastete sie die Taschen ihrer Jacke ab. Leer. Das bedeutete, dass sie es bei den Wegelagerern verloren hatte. Doch der Schock legte sich gleich wieder. Sie konnte das ja jederzeit wiederholen. Ihn ein zweites Mal küssen und dabei ein wenig beißen.
    Falscher Gedanke.
    Jetzt loderten auch ihre Ohren wie Leuchtfeuer. O Sarrakhan, teile die Erde, damit ich darin versinken kann.
    Wie hatte es der Magier überhaupt geschafft, ihr zu folgen? Das konnte nur ein Unfall gewesen sein. Auf Kens Lippen hatte der Schlüssel so frisch wie auf ihren geklebt, und wenn Santino ganz dicht hinter ihr gewesen war, Ken vielleicht gestoßen hatte, und sie versehentlich durch das Tor gestolpert waren … Es war ja auch egal. Jetzt saßen sie jedenfalls hier.
    »Und das«, ein Hauch Bosheit glitzerte in Santinos Augen, »ist Prinzessin Marielle von den Tuatha Mórí, Erbin des Throns von Tír na Mórí, zukünftige Mutter des Erretters beider Fayeí-Völker und eine Strafe der Götter, gegen die eure biblischen Plagen ein Scheißdreck sind.«
    Er kann so poetisch sein,
schnurrte Nessa.
    »Oh.« Ken blickte Santino an. »Muss ich sie besonders anreden? Mit
Euer Hoheit
oder so?«
    »Hochedle Marielle reicht vollkommen«, spottete sie.
    »Also, hochedle Marielle, dann –«
    »Das war ein Witz! Sag einfach Marielle zu mir, okay?«
    Nervös knetete er die Hände.
    Sie bemerkte, dass er schlanke Finger hatte, kraftvoller als die eines Fayeí-Kriegers, aber ebenso schön geformt.
    »– dann bin ich geehrt, dich kennenzulernen. Also offiziell, meine ich.«
    Er dachte an den Kuss. Sie wusste es. Bestimmt dachte er daran. Genauso, wie sie daran denken musste. Vor Scham fing sie an, ihren Jackenaufschlag nach Stäubchen abzusuchen.
    Zum Glück tauchte der Kellner auf und erlöste sie von der Peinlichkeit. Sie bestellte Steak mit Stampfkartoffeln und rohen Fisch auf einem Extra-Teller. Misstrauisch musterte der Mann die Katze, die sich auf dem Teppich räkelte, murmelte eine Höflichkeit und verschwand.
    »Na schön.« Ken richtete sich in seinem Sessel auf. »Vielleicht kann mir dann jemand erklären, warum die ganze Welt verrückt geworden ist.«
    »Weil es nicht deine Welt ist«, sagte Santino kauend.
    »Es sieht aus wie dein Detroit«, ergänzte Marielle, »aber es ist

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