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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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nichts ist immer noch nichts. Und die Sätze, die Lorcan zum Erfolg führten, brachten Benjy nur erstaunte Blicke oder spöttisches Gelächter ein. Und einmal bekam er einen Schlag mit dem Gürtel quer übers Gesicht, worauf er drei Tage Tinnitus im rechten Ohr hatte. »Was mache ich nur falsch?« fragte Benjy voller
    Verzweiflung, als er wieder richtig hören konnte. Wenn Benjy nicht klein und dicklich gewesen wäre, mit sandfarbenem Haar, das schon schütter wurde, hätte er sicherlich bessere Chancen gehabt, aber das sagte Lorcan nicht. Er gefiel sich in der Rolle des Wohltäters.
    »Also gut«, sagte Lorcan und grinste, »hör gut zu, was der Meister zu sagen hat. Du machst zwei Frauen an, die eine richtig süß, die andere nicht ganz so scharf, das gibt’s ja öfter. Dann machst du dich an das häßliche Entlein ran und belaberst sie, die andere läßt du links liegen. Das Entlein ist hoch erfreut, daß es der anderen den Rang abläuft. Die Scharfe ist sauer, weil sie übergangen wird, und versucht, dich anzumachen. Und du kannst dir eine aussuchen.«
    Benjy sah seine Hoffnungen steigen. Was Lorcan sagte, klang so einleuchtend. »Und worauf soll ich noch achten?«
    Lorcan dachte einen Moment nach. »Jede Frau hat etwas, worauf sie stolz ist«, sagte er. »Einen Pluspunkt. Den mußt du finden – und das ist verdammt leicht, das kannst du mir glauben –, und dann machst du ihr deswegen Komplimente.«
    Benjy nickte nachdenklich. »Sollte ich sonst noch etwas wissen?«
    »Ja. Dicke geben sich mehr Mühe.«
    Nur Augenblicke nachdem Lorcan und Kelly verschwunden waren, kam Angeline, eine attraktive Frau, die unglücklich über ihren dicken Bauch war, auf Benjy zu. »Wo ist Lorcan?« fragte sie besorgt. »Und wo ist Kelly?«
    »Ehm, ich weiß nicht«, stammelte Benjy und fügte hinzu: »Aber keine Angst. Weit können sie ja nicht sein.« Er wußte selbst nicht, warum er das sagte.
    Sie waren tatsächlich nicht weit, sondern in Kellys rosa eingerichtetem Kinderzimmer, in dem die Decke auf dem Bett unter einer Vielzahl von Kuscheltieren fast verschwand. Kelly hatte zwar den Körper einer Frau, aber sie war längst noch nicht erwachsen.
    Die Sache mit Lorcan entwickelte sich viel zu schnell für sie. Sie hatte sich vorgestellt, daß er sie küssen würde, damit sie ihrer Mutter triumphierend ins Gesicht schleudern konnte: »Da siehst du mal, du mit deinem Dickbauch – ich komme viel besser an als du!« Sie hatte sich noch nicht entschieden, ob sie ihm erlauben würde, ihre Brüste zu berühren – natürlich durch die Kleidung –, denn eigentlich war ihr der Gedanke nicht ganz recht. Als Lorcan also anfing, sich die Hose aufzuknöpfen, war sie ziemlich schockiert. Und als er die Hose halb herunterließ und ihr mit seiner großen, aggressiven Erektion über das Gesicht strich, war sie erst recht schockiert.
    »Ich möchte wieder zu den anderen gehen«, sagte sie voller Entsetzen.
    »Jetzt noch nicht«, antwortete Lorcan mit einem gefährlichen Lächeln, und mit festem Griff umfaßte er ihren Hinterkopf und das seidige Haar.
    Als Lorcan wieder in den Raum kam und praktisch im Triumphzug um die Möbel stolzierte, sah Benjy ihn mit einer Mischung aus Bewunderung und eifersüchtigem Haß an. »Du widerlicher Glückspilz«, brummelte er.
    »Ich habe sie nicht gevögelt«, sagte Lorcan mit feuchten Augen, so gerührt war er von seiner eigenen Gutmütigkeit. »Ihre Ehre ist noch intakt.«
    »Na klar. Du hast sie nicht angefaßt«, höhnte Benjy. »Und was ist mit Amy? Es ist ihr Geburtstag.«
    »Ich kann nichts dafür«, entschuldigte sich Lorcan grinsend und zuckte die Achseln auf eine Weise, die viele Frauen schwach gemacht hätte. »Ich liebe eben die Frauen.
    »Das kommt mir nicht so vor«, murmelte Benjy unterdrückt. »Scheint mir eher, daß du sie haßt.«
    »Komm«, sagte Lorcan, »Wir müssen gehen. Beeil dich, wir sind spät dran!« Und damit verließ er das Haus und ging an Kelly, die weinend und gedemütigt auf der Treppe saß, achtlos vorbei.
    »Wieso behandelst du Frauen immer wie den letzten Dreck?« fragte Benjy, als sie draußen standen und in der kalten Oktobernacht auf ein Taxi warteten. »Was hat deine Mutter dir angetan? Hat sie dir zu lange die Brust gegeben? Oder nicht lange genug?«
    »Meine Mutter war eine wunderbare Frau«, sagte Lorcan mit weicher Stimme, die in starkem Kontrast zu Benjys schrillem Zorn stand. Warum suchten alle immer nach dummen freudianischen Erklärungen für seine Unfähigkeit,

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