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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Sollten wir es mit Frasier Tippett versuchen.« Joe drehte sich wieder zu Lorcan um, der wie versteinert auf dem Sofa saß und es nicht fassen konnte. »Sie sind noch da?« fragte Joe. »Würden Sie bitte gehen? Personen, die sich am Drehort aufhalten, aber nicht arbeiten, sind von unserer Versicherung nicht gedeckt.«
    Lorcan war schockiert. Anscheinend hatte er Joe Joe Roth ziemlich unterschätzt. Er konnte jetzt keinen Rückzieher mehr machen. »He«, sagte und wedelte mit der Hand. Seine Stimme war nur ein Krächzen. »Hören Sie mal.«
    Joe beachtete ihn nicht, als Jeremy ihm ein Mobiltelefon reichte und sagte: »Alicia am Apparat, Frasier Tippetts Agentin.«
    Joe führte ein kurzes Gespräch, dann verkündete er mit einem breiten Lächeln: »Gute Nachrichten, Leute! Frasier Tippett wird in einer Stunde hier sein. Bis dahin haben Sie frei. Gehen Sie etwas essen, oder schnappen Sie ein bißchen frische Luft.«
    Dann ging Joe davon. Lorcan war sprachlos. Noch nie war er so behandelt worden. Natürlich scherzte Joe nur, als er sagte, Frasier Tippett würde kommen, aber nicht schlecht gemacht.
    Lorcan blieb auf dem Sofa sitzen und wartete darauf, daß Joe zurückkommen würde und die Dreharbeiten wiederaufgenommen würden. Doch dann sah er entsetzt, daß die anderen alle gingen, ihre Taschen und Jacken suchten und davon sprachen, auf ein Bier oder für ein Sandwich in den Pub zu gehen. Der Kameramann ging mit Mandii und Vanessa, der Best-Boy mit der Friseuse, Melissa mit Ffyon. »Komm, wir holen uns ein getoastes Sandwich«, scherzte Ffyon. Melissa winkte ab. »Bloß kein Toast«, sagte sie.
    Bald war keiner mehr da. Natürlich waren sie nicht wirklich gegangen, beruhigte Lorcan sich. In einer Minute würden sie wieder hereinkommen und rufen: »Haha, angeschmiert.« Aber nichts dergleichen geschah.
    Er blieb auf dem Sofa sitzen und fühlte sich dumm und übergangen.
    Entsetzt versuchte er, das Undenkbare zu denken – daß das hier ernst gemeint war. Doch dann sah er mit enormer Erleichterung, daß Joe mit Mr. Jackson aus dem kleinen Büro kam. Endlich konnte man die Situation bereinigen! Doch die beiden gingen an ihm vorbei, ohne ihn auch nur eines Blickes zu würdigen. Und unterhielten sich über Mr. Jacksons Kinder. Lorcan sprang vom Sofa auf und verhedderte sich in den Kabeln, als er hinter den beiden herlief. »Was soll das alles?« rief er.
    Joe drehte sich aufrichtig überrascht zu Lorcan um. »Sie sind noch hier? Warum?«
    »Sie haben mir zu verstehen gegeben, daß Sie nicht einverstanden waren«, sagte Lorcan mit starrem Gesichtsausdruck. Dann verzog er den Mund zu einem Lächeln. »Ich bin bereit weiterzumachen. Wir sollen doch einen Werbespot drehen!«
    »Sie sind entlassen«, sagte Joe.
    »Ich weiß, ich war böse«, sagte Lorcan und schlug sich auf die ausgestreckte Hand. »In Ordnung? Ich habe meine Strafe bekommen. Jetzt können wir weitermachen. Wozu noch mehr Zeit verschwenden?«
    »Wir warten auf den anderen Schauspieler.«
    »Wozu brauchen Sie einen anderen Schauspieler?« fragte Lorcan mit einem Lachen.
    »Lorcan, mir ist klar, daß die Menschen manchmal – und besonders Schauspieler – ein bißchen gehätschelt werden müssen, wenn man will, daß sie ihr Bestes geben, aber Ihr Verhalten zeigte so deutlich, daß Sie keine Lust haben, mit uns an dem Werbespot zu arbeiten«, sagte Joe. »Ich bin nicht der Meinung, daß man die Menschen zwingen soll, wenn sie nicht wollen. Für mich – und für Sie – ist es viel produktiver, wenn ich mit jemandem arbeiten kann, der mit Begeisterung dabei ist.«
    Lorcan merkte, daß von Joe keine Böswilligkeit zu spüren war. Da, wo in Lorcans Psyche ein großes Loch gähnte, hatte Joe seinerseits einen ausgeprägten Sinn für Moral, und das wurde Lorcan dumpf bewußt. Lorcan erkannte, daß Joe ihn nicht entlassen hatte, um ihm eins auszuwischen, sondern weil er es für das beste hielt. Höchst merkwürdig.
    »Sie sollten jetzt gehen«, sagte Joe.
    Lorcan funkelte ihn an. Er hatte keinen Zweifel mehr, daß dies ernst gemeint war. »Sie machen den größten Fehler in Ihrer miesen Karriere«, höhnte er. »Mit einem Amateur wie Ihnen würde ich nicht arbeiten, und wenn ich noch soviel dafür bekommen würde. Ich bin weg.«
    Er stieg über die Kabel und ging zur Tür. Insgeheim hoffte er immer noch, daß Joe ihm nachrufen würde: »Nun ist gut, kommen Sie zurück. Sie haben verstanden, worum es uns geht.« Aber das geschah nicht. Er blieb noch einmal stehen und

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