Pusteblume
nachzubauen, liebe Zuschauer!«
»Können Sie kochen?« Sie wußte nicht, warum sie das fragte. Was interessierte sie es schon?
»Aber ja.« Er zwinkerte ihr zu. »Ich kann einen phantastischen Thai-Curry. Soll ich Ihnen erklären, wie man ihn macht?«
Sie drehte ihre Tagliatelle auf die Gabel und nickte.
Ihre Stimmung sank. Jetzt würde er sie mit seinen Kochkünsten als emanzipierter Mann beeindrucken wollen. Wie furchtbar langweilig!
»Erst mal muß man die Zutaten einkaufen, bei Marks & Spencer, egal bei welchem. Man geht ans Kühlregal, das ist ganz wichtig, Katherine«, sagte er und wedelte mit dem Finger vor ihrer Nase – »denn die meisten machen den Fehler und gehen ans Tiefkühlregal – und holen sich einen fertigen Thai-Curry. Wenn man nach Hause kommt, nimmt man die Verpackung ab und durchsticht die Plastikfolie viermal mit einer Gabel. Viermal. Nicht mehr.« Nach einer kleinen Pause sagte er bedeutungsvoll: »Und auch nicht weniger. Dann – und das ist mein wohlgehütetes Geheimnis – stellt man ihn für dreieinhalb Minuten in die Mikrowelle, obwohl auf der Packung vier Minuten steht.« Er nickte Katherine weise zu. »Dann nimmt man den Deckel ab und stellt es noch einmal für dreißig Sekunden rein. So hat man eine köstliche karamelisierte Oberfläche, wie wir Experten es zu nennen pflegen.«
Zum Schluß grinste er breit, und sie lachte amüsiert und erleichtert.
»Na ja, sie wird ein bißchen hart«, gab er zu, »aber das ist fast das gleiche wie karamelisieren. Man serviert das Gericht mit Reis, den man sich von einem indischen
Restaurant kommen lassen kann. Jetzt verraten Sie mir eins Ihrer Rezepte.«
»Also gut«, sagte sie. Langsam fand sie Gefallen an der Unterhaltung. »Ich muß mal überlegen. Ach ja, das ist lecker. Dazu braucht man ein Telefonbuch, aber die Handzettel, die man im Briefkasten hat, kann man notfalls auch nehmen. Man geht zum Telefon, wählt die entsprechende Nummer, bestellt eine ganze Pizza Marinara mit zusätzlichen Tomaten und dünner Kruste und – das ist das Entscheidende – gibt seine Adresse an.
Und schon ist es soweit, ein köstliches Essen in weniger als einer halben Stunde! Soweit das Moped des Pizzafahrers mitmacht.«
»Das muß ich mir merken«, sagte er ernst. »
Vielleicht versuche ich das mal, wenn ich den Chef meines Gatten zu bewirten habe.«
»Kochen Sie überhaupt?« Sie vermutete in ihm einen Seelenverwandten.
»Nein.« Seine braunen Augen sahen sie aufrichtig an.
»Nie. Und Sie?«
»Hassen Sie es, wenn andere ein großes Getue ums Kochen machen?«
»Ich hasse es nicht, aber ich verstehe es nicht.«
»Ich weiß genau, was Sie meinen.«
»Wenn Gott gewollt hätte, daß wir Kuchen backen, hätte er dann die Patisserie Valerie erfunden?«
»Genau.«
Sie betrachteten sich in freundlichem Einverständnis. »Wir könnten zusammen ein Kochbuch schreiben«, schlug er plötzlich vor. »Für Leute, die das Kochen hassen.«
»Gute Idee! Ich weiß jede Menge Rezepte.«
Katherines Gesicht leuchtete auf. »Hier ist ein gutes für Kichererbsenmus. Man gehe zu Safeway, kaufe eine Packung, reiße den Deckel und die Zellophanschicht ab und bringe es auf den Tisch!«
»Hört sich phantastisch an.« Er bezauberte sie mit einem Lächeln. »Ich verrate Ihnen meins für einen Braten mit Röstkartoffeln und Gemüse, leicht gemacht: Man verbringe das Wochenende bei seiner Mutter.«
»Wir könnten Hochglanz-Farbfotos machen«, sagte Katherine begeistert, »von der Mikrowelle, von dem Pizzafahrer und von Leuten, die köstliche Dinge aus der Plastikverpackung essen.«
»Es wäre eine willkommene Abwechslung von dem üblichen Gastroporno-Mist«, sagte Joe, der sich bestens amüsierte. »Fernsehköche, eure Tage sind gezählt!« Katherine mußte zugeben, daß Joe ein netter Mann war. Oder wenigstens schien er nett. Wahrscheinlich bedeutete das, daß er ein Wahnsinniger war, der seine Opfer mit der Axt ermordete. Sie schwiegen einen Augenblick und bemerkten erst jetzt, daß es zu regnen angefangen hatte. »Es regnet«, seufzte Katherine. »Ich mag es, wenn es regnet.«
»Sie scheinen alles zu mögen.« Plötzlich war Katherine voller Bitterkeit. »Gibt es ein männliches Gegenstück zu Pollyanna, die immer fröhlich ist? – Sie!« Joe lachte. »Ich bin einfach der Ansicht, daß sich die meisten Dingen zum Guten wenden lassen. Nehmen wir den Regen, zum Beispiel. Stellen Sie sich die Szene vor«,
regte er mit einer anmutig unbestimmten Handbewegung an.
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