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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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in den Mund.
    »Was hast du?« fragte Ravi, als er ihr griesgrämiges Gesicht sah.
    »Meine Weintrauben«, klagte sie. »Alle denken, sie sind für jeden da. Aber sie sind meine! Mein Mittagessen. Ich meine, ich gehe ja auch nicht zu irgendeinem und nehme mir ein Sandwich.«
    »Doch«, widersprach er ihr sanft.
    »Na ja, vielleicht«, konzedierte sie. »Aber bei mir ist es etwas anderes. Normale Menschen essen nicht uneingeladen das Essen von anderen Leuten.«
    Um ein Uhr kam Ravi an Taras Schreibtisch. »Wie wär’s, wenn wir zwei beiden ein bißchen durch Hammersmith spazierten? Wir könnten einen Schaufensterbummel machen und uns vielleicht ein Rubbellos gönnen?« schlug er liebenswürdig vor.
    Das machten sie manchmal, wenn Ravi nicht ins Fitneß-Studio ging.
    »Nein, schönen Dank!« Tara holte die Wolle und die Stricknadeln heraus. »Ich werde meinen Hunger mit Stricken unterdrücken!«
    Er starrte sie entgeistert an. »Was ist das?«
    »Ein Pullover für Thomas.«
    »Hoffentlich weiß er, wie gut er es hat.«
    »Er wird es noch merken.«
    Ravi war unentschlossen, er mochte nicht ohne sie gehen. »Soll ich dir noch ein bißchen Obst holen?«
    »Mach dir keine Mühe, Ravi«, sagte sie. »Das Obst verschlimmert meinen Hunger nur noch. Ich vermute, ich muß einfach rigoros hungern, denn wenn ich nur das kleinste bißchen esse, fallen alle Schranken, und ich will immer mehr.«
    »Ich weiß nicht, warum du dir das antust«, sagte Ravi.
    Tara sah ihn spöttisch an. »Bist du blind, oder was?«
    »Ich finde, du bist eine prächtige Frau«, entgegnete er.
    »Das stimmt nicht. Jetzt geh mal, ich muß mir eine glückliche Beziehung stricken.«
    »Oh, bitte, Tara«, schmeichelte er ihr. »Es macht keinen Spaß, allein durch die Geschäfte zu ziehen.«
    Sie zeigte auf ihr Strickzeug.
    »Wir können in den Zeitungsladen gehen und uns die Zeitschriften ansehen«, versuchte er sie umzustimmen.
    »Vielleicht haben sie bei Boots einen Lippenstift, der wirklich kußfest ist«, sagte er. »Gerade neu angekommen.«
    Sie schwankte. »Mach deine Elvis-Nummer, und ich überleg’s mir.«
    »Du kannst dir was wünschen.«
    »›Hound Dog‹.«
    Ravi schüttelte sich seine Tolle in die Stirn, schürzte seine Oberlippe, streckte einen Arm aus und ließ die Hüften kreisen. »›You ain’t nothing but a hound dog‹«, fing er an.
    »Siehst du!« kreischte Tara. »Ich wußte, daß du nicht scharf auf mich bist.«
    Tara überstand den Bummel durch Hammersmith mit all seinen Versuchungen und erlag keiner einzigen. Zuerst gingen sie zu Marks & Spencer und schauten sich halbherzig um. Ravi sah nach, ob seit dem Morgen irgendwelche neuen Kuchen oder süßen Teilchen im Sortiment aufgetaucht waren. Tara kaufte drei Paar Strumpfhosen mit verstärktem Bauchteil, weil sie
irgendwas
kaufen wollte. Dann gingen sie zu Boots, wo Ravi alle Sandwich-Sorten überprüfte und Tara alle Lippenstifte durchging, von denen behauptet wurde, sie seien unabwischbar, von denen sie aber aus bitterer Erfahrung wußte, daß das genaue Gegenteil der Fall war. Ohne die rechte Begeisterung aufbringen zu können, kaufte sie eine Packung Vitaminpillen.
    »Contergan?« fragte Ravi besorgt.
    »Biomide«, korrigierte sie ihn.
    Dann gingen sie in den Zeitungsladen, wo Ravi
Top
Gear
durchblätterte und Tara ein paar Seiten in
Slimming
las. Als großes Finale kauften sie jeder ein Rubbellos. Ravi gab ihr ein PenceStück, und gemeinsam rubbelten sie schweigend die Aluminiumoberfläche weg. Keins der Lose war ein Gewinnlos.
    »Wie lange sind wir schon unterwegs?« fragte Tara. »‘ne dreiviertel Stunde.«
    »Dann sollten wir wohl umkehren.«
    »Glaub auch.«
    Nach der Mittagspause wurde jedesmal, wenn Tara ein paar Gesprächsfetzen aufschnappte, über Essen gesprochen.
    Vinnie sprach mit Evelyn über das neue Projekt und beschrieb es als Marathon-Projekt, und sofort dachte Tara an Erdnüsse, Karamel und cremige Milchschokolade.
    »Sei kein verzagtes Huhn«, neckte Evelyn Vinnie, der vor seiner Aufgabe zurückschreckte, und Tara stellte sich ein knusprig gebratenes Hühnchen vor.
    Ravi telefonierte mit seiner Freundin Danielle. »Der will nur sein Stück vom Kuchen«, warnte er sie. Was das wohl für ein Kuchen war, überlegte Tara versonnen. Ein feuchter, klebriger Bananenkuchen? Ein dunkler, süßer Schokoladenkuchen mit Füllung? Ein krümeliger, köstlicher Karottenkuchen? Ein schwerer, sirupgetränkter Dundee-Kuchen?
    »Mach doch mit.« Ravi lachte in die Muschel, als

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