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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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Tara sich gerade vorstellte, wie sie die Aluminiumverpackung aufriß und ihre Zähne in die süße Schokolade mit dem weichen Teig darunter versenkte. Gott, es war die reine Folter.
    »… laß dein Brot über das Wasser fahren

«, hörte Tara in einem weiteren Gespräch. Was war das für ein Brot? Ciabatta? Focaccia? Baguette? Hüttenbrot? Aber wer, außer Bibelfanatikern, sprach von Brot, das man über das Wasser fahren lassen soll? Hörte sie Stimmen? Halluzinierte sie vor Hunger?
    In dem Moment erschien eine dunkelhäutige, elegante Frau an der Tür. »Hallo«, sagte sie, »ich bin Pearl aus der technischen Abteilung. Ich habe gehört, man kann hier Apfelsinen kaufen.« Alle sahen sich zu Tara um.
    »Da haben Sie was Falsches gehört«, erwiderte Tara unhöflich.
    »Entschuldigung«, sagte Pearl aus der technischen Abteilung. Sie hatte das Gefühl, jemandem auf den Schlips getreten zu haben.
    »Apfelsinen sind zu unerquicklich«, erklärte Tara. »Überall Saft, und die Apfelsine knochentrocken. Ich kann Ihnen eine Satsuma anbieten. Viel leichter zu essen.«
    Nach der Arbeit ging Tara in ihren Steptanzkurs und war hoch erfreut, als sie fast ohnmächtig dabei wurde. Sie mußte sich eine Viertelstunde hinsetzen, bevor sie wieder stehen konnte, ohne daß ihr die Knie schlackerten. Als sie nach Hause kam, gab Thomas ihr einen Klaps auf den Po und sagte freundlich: »So schlecht bist du gar nicht für eine Dicke.«
    An dem Abend ging sie vor Hunger und Überanstrengung zitternd ins Bett. Insgesamt war es doch ein guter Tag gewesen.
26
    K atherine registrierte mit Interesse, daß Joe an dem Tag, a1s sie ihn der sexuellen Belästigung bezichtigte, nach dem Lunch nicht mehr zur Arbeit kam. Offensichtlich war er in den Pub gegangen, und sie konnte sich ein kleines Prickeln angesichts ihrer Macht, ihm weh zu tun, nicht verkneifen.
    Als sie am nächsten Tag im Büro erschien, war sie einigermaßen neugierig. Joe hatte Zeit gehabt, sich von ihrer Anschuldigung zu erholen. Würde er danach wieder so charmant und vertraut mit ihr sprechen?
    Würde sie weiterhin grausam zu ihm sein?
    Überrascht stellte sie fest, daß sie bereit war, ihm eine Chance zu geben. Er war so hartnäckig gewesen, daß sie es fair fand, ihn zu belohnen. Vielleicht würde sie mit ihm in den Pub gehen. Natürlich würde sie dabei so tun, als hielte er ihr eine Pistole an den Kopf.
    Sie behielt die Tür im Blick, nicht regelrecht besorgt, aber auch nicht ganz ruhig. Aber er kam nicht. Sie widmete sich den Bilanzen, und als es Zeit zum Lunch war, wurde ihr bewußt, daß sie den ganzen Morgen nach ihm Ausschau gehalten hatte.
    Um drei Uhr tauchte er schließlich auf. Myles trottete hinter ihm her, in der Hand eine Flasche Limonade. Die beiden waren blaß und verlegen.
    »Meine Herren! Es freut mich, daß Sie es heute einrichten konnten«, sagte Fred Franklin sarkastisch.
    Joe murmelte, er habe Aufnahmen für einen Werbespot machen müssen.
    »Die fanden wohl in deinem Schlafzimmer statt, wie?« höhnte Fred.
    »Gar nicht«, verteidigte sich Joe und fügte dann betreten hinzu: »Im Badezimmer.«
    Sofort setzte Katherine ihre glatte, undurchdringliche Miene auf. Jetzt aufgepaßt!
    Joe kam auf sie zu, bis zu ihrem Schreibtisch – und ging vorbei. Zur Kaffeemaschine. Sekunden darauf, auf dem Weg zu seinem Schreibtisch, straffte Katherine sich erneut. Aber er ging einfach vorbei. Er warf nicht einmal einen Blick in ihre Richtung.
    Katherine ließ ein paar Minuten verstreichen, damit er Zeit hatte, seine Anrufe und E-Mails zu prüfen, und erwartete ihn dann. Aber er kam nicht. Sie wartete, während er sich um eine dringende Angelegenheit kümmerte, und dann setzte er sich immer noch nicht auf ihren Schreibtisch. Vielleicht hatte er zuviel zu erledigen, nachdem er sechsundzwanzig Stunden zum Lunch fortgewesen war. Verstohlen sah sie zu ihm hinüber. Er sah nicht so aus, als wäre er mit Arbeit überhäuft.
    Nachdem eine Stunde vergangen war, mußte Katherine zugeben, daß Joe ihr heute keinen Besuch abstatten würde, daß er es aufgegeben hatte. Erleichterung mischte sich mit Enttäuschung. Was für ein Schwächling, dachte sie. Ein echter Mann ließe sich von dem Vorwurf der sexuellen Belästigung nicht beirren.
    Mit Mühe wandte sie sich wieder ihrer Arbeit zu, aber sie konnte sich nicht konzentrieren. Für den Rest der Welt sah sie aus wie eine Frau, die sich intensiv mit Amortisierungsberechnungen befaßte, aber in ihrem Kopf tanzten die Ausrufezeichen

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