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Pusteblume

Pusteblume

Titel: Pusteblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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immer!« Die Franzosen, Bosnier, Jamaikaner, Algerier, Griechen, Pakistani und natürlich die Iren – sie waren laut Wayne alle der letzte Dreck. Als sie ihre Freunde von ihrem Mobiltelefon aus anrief und ihnen auf ihre Anrufbeantworter sprach, daß sie nicht ausgehen würde, konnte sie kaum ihre eigene Stimme hören.
    Endlich war Katherine zu Hause, aber ihre Erleichterung darüber währte nur kurz. Ihre saubere, aufgeräumte Wohnung schien ihr traurig und steril. Zu sauber.
Neurotisch
sauber. Kurz erwog sie, etwas zu essen, aber dann hatte sie keine Lust. Sie schaltete den Fernseher ein, aber es gab nichts, was sie interessierte. Ihr Leben, das sie sonst so befriedigend fand, war plötzlich auf unerklärliche Weise unzulänglich. Alles, von ihrer Arbeit bis zu ihrer Wohnung, schien ihr öde, unangemessen und nur halb lebendig. Sie drückte ein paar Plastikbläschen auf einem Bogen Verpackungsmaterial auf, aber auch das hatte keinen Reiz.
    Abgesehen von der einen riesigen Sorge, die auf ihr lastete – und die war so groß, daß Katherine sie manchmal aus dem Blick verlor –, war sie bis vor ein paar Tagen völlig zufrieden mit ihrem Leben gewesen.
    Sie haßte Joe, weil er ihr das antat. Sie hatte den Fehler begangen, daß sie sich plötzlich durch seine Augen sah, und sie hatte Gefallen an der Sicht gefunden. Nachdem er ihr jetzt seine Bewunderung entzogen hatte, mußte sie sich wieder durch eine weniger rosarote Brille, nämlich ihre eigene, betrachten. Und die Umstellung war schmerzlich.
    Sie konnte Tara, Fintan oder Liv nicht anrufen und ihnen von ihrem Kummer erzählen. Das war nicht ihre Art. Sie kam immer allein zurecht. Und sie wußte, daß die anderen beunruhigt wären, wenn sie plötzlich zu einer weinerlichen Masse zerfiel. Sie dachten, Katherine hätte alles unter Kontrolle und wäre Herrin ihrer Gefühle.
    Endlich beschloß sie, etwas zu essen, aber wie immer hatte sie nichts im Haus. Ohne rechte Lust ging sie zu dem Laden an der Ecke und kaufte irgendwas ein. Als sie zur Kasse ging, warf sie unvermittelt einen Blick auf die traurigen Dinge in ihrem Korb. Tiefgefrorene Lasagne. Eine Einzelportion. Ein einzelner Apfel. Die kleinste Milchtüte der Welt. Wie armselig. Wie es Aufschluß darüber gab, daß sie allein war. Wie der Mann an der Kasse sie bemitleiden würde.
    Voller Zorn hievte sie einen Kilo-Beutel ungewaschener Kartoffeln in den Korb, wobei sie sich beinahe die Schulter ausrenkte. Na bitte! Es sollte noch einmal jemand denken, sie hätte keinen Typen zu Hause! Keine Alleinstehende würde einen Kilo-Beutel Kartoffeln kaufen. Und schon gar nicht von den ungewaschenen. Die gehörten in das Reich der Mütter, die mit roten Fingerknöcheln am Spülstein standen, die Erde mit einer Bürste abkratzten und dann einen enormen Topf für ihre hungrige Familie kochten.
    Mit erhitztem Gesicht lächelte Katherine den Kassierer herausfordernd an. Hier! Ich bin ein vollwertiger Mensch. Aber er sah sie gar nicht an. Sie schleppte die Kartoffeln nach Hause und fragte sich, was sie damit anfangen sollte.
    Sie aß die Lasagne und den Apfel und trank eine Tasse Tee, aber der Abend war lang, und die sich vor ihr auftuende Leere machte sie ganz zappelig.
    Sie ließ sich ein Philosophiebad ein. Sie nahm die Flasche mit der Aufschrift »Ich weiß«, weil sie »Selbstwertgefühl, Selbstbewußtsein, Zutrauen und Erfolgsgefühl« versprach. Dann legte sie sich ins Bett und wurde sich zum ersten Mal seit Ewigkeiten bewußt, daß sie allein war.
    Macht auch nichts, sagte sie sich, ich habe ja das Fernsehen. Sie nahm die Fernbedienung und wollte etwas suchen, wobei sie einschlafen würde. Wer brauchte einen Mann, wenn man Satelliten-Fernsehen hatte?
    Aber plötzlich dachte sie darüber nach, wie es wohl wäre, mit Joe im Bett zu sein. Wie er nackt aussähe. Was es für ein Gefühl wäre, mit den Händen über seine glatte Haut zu streichen und seine Rückenmuskeln zu fühlen. Bei aller jungenhafter Freundlichkeit war er sexy, gestand Katherine sich unglücklich ein. Solange er ihr nachgestellt hatte, konnte sie sich nicht erlauben zuzugeben, wie attraktiv er war. Erst jetzt, da sie keine Chance mehr bei ihm hatte, ging das ungefährdet.
    Um vier Uhr morgens wachte sie mit einem Schlag auf, die Fernbedienung hielt sie umklammert. Eine Vorahnung beschlich sie, und sie brauchte ein paar Sekunden, um sich bewußt zu machen, was es war. Dann fiel es ihr ein. Joe war in den Pub gegangen. Und Angie auch. Sie machte sich klar,

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