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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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erstaunt. Nach dem Gesetz müßte er die Bordellwirtinnen und sogar Ouyangs Verbindungen zu ihnen melden. Aber das würde er nicht tun. Der Erfolg seines Vorhabens hing von Ouyangs Hilfe ab, einer Form der Hilfe, die von den Behörden vor Ort nicht leicht zu haben war.
    Und wie Ouyang versprochen hatte, das Schlangenmahl war das exotischste, was Oberinspektor Chen je zu sich genommen hatte.

 
    23
     
    HAUPTWACHTMEISTER YU ZÖGERTE, bevor er die eulenförmige Klingel betätigte. Er stand auf dem Treppenabsatz und blickte über ein Oberschichtviertel, das nur einige Blöcke nördlich des Hongkou-Parks lag. Die Vordertür war verschlossen, weshalb er eine eiserne Hintertreppe benutzt hatte.
    Er war über seine Aufgabe im Rahmen der Arbeitsteilung nicht glücklich. Yu mußte Jiang Weihe besuchen, während Chen sich in Guangzhou aufhielt. Nicht daß Yu nach Guangzhou hätte fahren wollen, das war wahrscheinlich ein schwieriges, ja aussichtsloses Unterfangen. Yu hatte nur noch nie mit einer Malerin zu tun gehabt.
    Jiang Weihe war überdies sehr bekannt und progressiv genug, um nackt für Wu Xiaoming zu posieren.
    Bevor er noch den Finger auf die Klingel legen konnte, öffnete eine Frau die Tür und schaute ihn fragend an. Sie war Anfang Dreißig, hochgewachsen, attraktiv, hatte einen langen anmutigen Hals, eine schlanke Taille und phantastische Beine. Eine Frau mit sinnlichem Mund, hohen Wangenknochen und großen Augen, das Haar eine ungebändigte Mähne. Auf der glatten Haut unter ihren Augen war schwar zer Lidschatten verschmiert. Sie trug einen mit Farbflecken übersäten Overall, der in der Taille von einem Ledergürtel gehalten wurde, und stand barfuß da.
    »Tut mir leid, wenn ich Sie bei der Arbeit störe«, sagte Yu, der die Situation schnell erfaßte und seinen Ausweis zeigte. »Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
    »Polizei?« Sie griff mit einer Hand an den oberen Türrahmen und studierte ihn intensiv, ohne irgendwelche Anstalten zu machen, ihn hereinzubitten. Sie vermittelte einen selbstbewußten Eindruck. Ihre Stimme war tief und hatte einen ganz leichten Henan-Akzent.
    »Ja«, sagte er. »Können wir drinnen reden?«
    »Bin ich verhaftet?«
    »Nein.«
    »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl oder so etwas?«
    »Nein.«
    »Wenn nicht, dann haben Sie kein Recht, hier einzudringen.«
    »Nun, ich habe nur ein paar Fragen, Genossin Jiang, über jemanden, den Sie kennen. Ich kann Sie nicht zwingen zu reden, aber wir wären sehr dankbar für Ihre Hilfe.«
    »Dann können Sie mich nicht zwingen.«
    »Hören Sie. Genosse Oberinspektor Chen Cao, den Sie kennen, ist mein Vorgesetzter. Er hat vorgeschlagen, daß ich Sie zunächst auf diese Weise anspreche. Das liegt in unserem gemeinsamen Interesse.«
    »Chen Cao – aber warum?«
    »Die Angelegenheit ist sehr delikat, und Sie sind bekannt. Es wäre keine gute Idee, die Aufmerksamkeit auf Sie zu lenken. Negative Schlagzeilen. Hier ist eine Nachricht von ihm.«
    »Ich stehe oft im Rampenlicht der Öffentlichkeit«, sagte sie. »Warum sollte mir das etwas ausmachen?«
    Aber sie nahm den Zettel und las ihn. Dann runzelte sie die Stirn, stand still und schaute mit leicht gebeugtem Kopf auf ihre Füße.
    »Sie hätten Oberinspektor Chen eher erwähnen sollen. Treten Sie ein.«
    Das Apartment war ein Atelier, diente aber gleichzeitig als kombiniertes Schlaf-, Eß- und Wohnzimmer. Bilder, Zeitungen, Farbtuben, Pinsel und Kleider lagen überall verstreut. Dutzende von Büchern stapelten sich. Auch auf dem Nachttisch befanden sich einige Bücher, und dazwischen stand ein Fläschchen Nagellack. Einzelne Schuhe lagen um das Bett verstreut. Das weitere Mobiliar bestand aus einem großen Arbeitstisch, einigen Rattanstühlen und einem großen Mahagonibett mit hohen Pfosten. Auf dem Tisch standen Wassergläser, Vasen mit verwelkten Blumen und eine als Aschenbecher dienende Muschel, in der eine zur Hälfte gerauchte Zigarette lag.
    Auf einem Podest in der Mitte des Raumes stand eine halbfertige Skulptur.
    »Ich trinke gerade Kaffee«, sagte sie und nahm ihren Becher vom Tisch. »Was möchten Sie trinken.’’«
    »Nichts, danke.«
    Sie zog einen Stuhl für ihn und einen zweiten für sich heran, den sie ihm gegenüberstellte.
    »Fragen zu wem?«
    »Wu Xiaoming.«
    »Warum ich?«
    »Er hat Aufnahmen von Ihnen gemacht.«
    »Nun, er hat von vielen Leuten Aufnahmen gemacht.«
    »Wir reden von bestimmten Aufnahmen – denen in der Blumenstadt. «
    »Sie wollen also mit mir über die

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