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Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
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Kaviar serviert wird. Ich habe in dieser Richtung ermittelt. Es ist unwahrscheinlich, daß sie in einem dieser teuren Restaurants allein speiste, noch dazu mit dem schweren Koffer zu ihren Füßen. Denken Sie auch an den Zeitpunkt: Sie ging um etwa halb elf aus dem Haus und starb zwischen eins und zwei. Die Mahlzeit hat sie also etwa um Mitternacht zu sich genommen. Meinen Ermittlungen zufolge hat kein einziges Restaurant in der fraglichen Nacht einem chinesischen Gast Kaviar serviert. Falls diese Auskunft stimmt, bedeutet das, daß sie woanders Kaviar gegessen hat, und zwar mit jemandem, der Kaviar bei sich zu Hause hatte.«
    »Das ist ja wirklich ein neuer Aspekt«, sagte Yu.
    »Einen Moment!« Zhang hob die Hand und fiel Chen ins Wort. »Sie vermuten also, daß der Mörder aus Guans Bekanntenkreis stammt?«
    »Ja, es ist möglich, daß der Mörder Guan bekannt war. Folgendes Szenario ist denkbar: Nachdem sie das Wohnheim verlassen hatte, traf sie sich mit ihm, und sie nahmen noch eine gemeinsame Mitternachtsmahlzeit ein, möglicherweise im Haus des Mörders. Danach schliefen sie miteinander – denken Sie daran, ihr Körper wies keine Spuren eines Kampfes auf. Dann brachte er sie um, schaffte die Leiche zu seinem Auto und warf sie schließlich in den Kanal. Wenn der Mord im Haus des Mörders stattfand, würde auch der Plastiksack einen Sinn ergeben. Der Mörder fürchtete, beim Transport der Leiche von Nachbarn oder anderen Leuten beobachtet zu werden. Außerdem erklärt dies auch die Wahl eines so entlegenen Kanals, denn er hoffte, daß die Leiche dort nie oder zumindest nicht so rasch gefunden würde. Und wenn sie erst einige Zeit später gefunden worden wäre, hätte sie niemand mehr erkannt oder sich an ihre Bekannten erinnert.«
    »Sie glauben also auch nicht, daß es sich um einen politischen Fall handelt«, sagte Zhang. »Obgleich Sie eine andere Theorie haben.«
    »Ob es ein politischer Fall ist. kann ich nicht sagen, aber ich glaube, daß es einiges gibt, dem wir nachgehen sollten.«
    Yu war fast noch erstaunter über Chens Vortrag als Zhang.
    Über den Plastiksack hatten sie schon gesprochen, nicht jedoch über den Kaviar. Hatte sich Chen diesen Aspekt absichtlich für die Besprechung aufgehoben? Yu war sich nicht sicher, aber auf alle Fälle war es ein meisterhafter Schachzug, wie in den westlichen Krimis, die Chen übersetzte.
    Wollte er Kommissar Zhang damit beeindrucken?
    Yu glaubte das nicht, denn Chen konnte den Alten ebensowenig leiden wie er. Dennoch war dieser Kaviar ein wesentliches Detail, das Yu übersehen hatte.
    »Den Aussagen aus dem Kaufhaus zufolge«, warf Yu ein, »hatte Guan zum Zeitpunkt ihres Todes aber keinen festen Freund.«
    »Das hat mich auch gewundert«, sagte Chen, »doch genau dort sollten wir tiefer bohren.«
    »Nun, tun Sie, was Sie für richtig halten«, sagte Zhang und stand auf. »Jedenfalls ist es besser, als einfach nur zu warten, bis der Verbrecher erneut zuschlägt.«
    Dies warf kein gutes Licht auf Hauptwachtmeister Yu. Ein Polizist, der zu faul war, wichtigen Details nachzugehen – diese Botschaft las Yu auf der gerunzelten Stirn des Alten.
    »Den Kaviar habe ich übersehen«, sagte Yu zu Chen, als sie alleine waren.
    »Mir ist er auch erst gestern nacht eingefallen, deshalb hatte ich auch keine Zeit, mit Ihnen darüber zu sprechen.«
    »Kaviar. Offen gestanden weiß ich gar nicht, was das ist.«
    Später rief er Peiqin an. »Weißt du, was Kaviar ist?«
    »Ja, davon habe ich in den russischen Romanen aus dem 19. Jahrhundert gelesen«, sagte sie. »Aber gegessen habe ich ihn noch nie.«
    »Gab es denn in deinem Restaurant schon mal Kaviar?«
    »Du machst wohl Witze, Guangming, dafür ist es doch viel zu schäbig. Nur Fünf-Sterne-Hotels wie das Jinjiang führen Kaviar.«
    »Ist er denn sehr teuer?«
    »Eine winzige Portion kostet mehrere hundert Yuan, glaube ich«, sagte sie. »Und warum interessierst du dich plötzlich für Kaviar?«
    »Ach, es hat etwas mit dem Fall zu tun.«

 
    11
     
    OBERINSPEKTOR CHEN erwachte mit leichten Kopfschmerzen, gegen die auch die morgendliche Dusche wenig half. Wahrscheinlich würde ihn dieses Gefühl den ganzen Tag begleiten, und das ausgerechnet heute, an einem Tag, für den er sich viel vorgenommen hatte.
    Er war kein Arbeitstier, zumindest nicht in dem Sinne, in dem es manche seiner Kollegen von ihm behaupteten. Richtig war allerdings, daß er sich manchmal dann am stärksten fühlte, wenn er sich dazu zwang, wie ein

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