Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Qiu Xiaolong

Qiu Xiaolong

Titel: Qiu Xiaolong Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tod einer roten Heldin
Vom Netzwerk:
begehrt«, sagte Peiqin. »Unser Essen ist zwanglos, und Sie sind Yus Kontrolleur.«
    »Ich bin wirklich überwältigt von dem Essen, das Sie bereitet haben, Frau Yu. So ein richtiger Krebsschmaus ist etwas, das ich mir schon lange gewünscht habe.«
    »Der Dank gebührt ausschließlich Peiqin«, fiel Yu ein. »Sie ist zu Staatspreisen an die ganzen Krebse gekommen.«
    Es war eine wohlbekannte Tatsache, daß niemand das Glück hatte, auf einem staatlichen Markt lebende Krebse kaufen zu können, schon gar nicht zum offiziellen Preis. Den sogenannten staatlichen Preis gab es zwar noch, aber nur in Zeitungen oder Statistiken der Regierung. Die Leute bezahlten sieben- oder achtmal soviel auf dem freien Markt. Ein vom Staat betriebenes Restaurant konnte zwar in der Saison noch ein oder zwei Körbe mit Krebsen zum staatlichen Preis ergattern, nur daß die Krebse nie auf den Tellern der Gäste landeten. Sobald sie angeliefert wurden, wurden sie aufgeteilt und von den Angestellten des Restaurants mitgenommen.
    »Zum Abschluß des heutigen Essens gibt es eine Schüssel Nudeln.« Peiqin hielt eine große Schüssel mit Suppe, auf deren Oberfläche Scheiben von rosa Jinghua-Schinken schwammen.
    »Was ist das?«
    »Über-die-Brücke-Nudeln«, erklärte Yu und half Peiqin, eine große Platte durchsichtiger Reisnudeln auf dem Tisch unterzubringen, zusammen mit verschiedenen Beilagen wie Schweineleber, Fischfilet und grünen Gemüsen, die um die dampfende Suppe angeordnet wurden.
    »Nichts Besonderes«, sagte Peiqin. »Das ist einfach etwas, das wir als landverschickte Jugendliche in der Provinz Yunnan gelernt haben.«
    »Über-die-Brücke-Nudeln – ich glaube, ich habe von diesem ungewöhnlichen Gericht gehört.« Chen legte die Neugier eines Feinschmeckers an den Tag. »Oder ich habe irgendwo davon gelesen. Etwas ganz Besonderes, aber ich habe es nie probiert.«
    »Nun, es gibt eine Geschichte dazu«, erläuterte Yu. »Zur Zeit der Qing-Dynastie bereitete sich ein gelehrter Ehemann in einem Häuschen auf einer einsamen Insel auf seine Beamtenprüfung vor. Seine Frau kochte ihm eine seiner Lieblingsspeisen, Hühnersuppe mit Nudeln. Um die Nudeln zu ihm zu bringen, mußte sie eine lange Holzbrücke überqueren. Als sie auf der anderen Seite ankam, waren die Nudeln kalt und hatten ihren frischen, bißfesten Geschmack verloren. Also trug sie das nächste Mal zwei getrennte Schüsseln, eine mit der heißen Suppe, auf der sich oben eine Schicht Öl befand, um die Suppe warm zu halten, und eine zweite Schüssel mit den abgegossenen Nudeln. Sie mischte die Nudeln und die Suppe erst, als sie im Häuschen angelangt war. Es schmeckte natürlich hervorragend, und der Gatte, der, nachdem er die Nudeln verzehrt hatte, voller Energie war, bereitete sich um so besser auf die Prüfung vor und legte sie erfolgreich ab.«
    »Welch glücklicher Gatte«, sagte Chen.
    »Und Peiqin ist eine noch bessere Köchin«, sagte Yu und lachte vor sich hin.
    Auch er hatte sich die Nudelsuppe schmecken lassen, die ihn an ihre Tage in Yunnan erinnerte.
    Danach servierte Peiqin Tee in einer roten Tonkanne auf einem schwarzlackierten Tablett. Die Schalen waren so zart wie Lychee. Das war genau das Service für den besonderen Schwarzer-Drachen-Tee. Alles war so wunderbar, wie Peiqin versprochen hatte.
    Auch beim Tee sprach Yu seinen Gast nicht auf die Sitzung des Parteikomitees an. Peiqin erwähnte ihre Arbeit ebenfalls mit keinem Wort. Sie unterhielten sich ausschließlich über triviale Dinge. Oberinspektor Chen war offenbar kein Vorgesetzter, der auf seinen Status pochte.
    Die Teeblätter entfalteten sich in seiner roten Tonschale, und mit ihnen seine Zufriedenheit.
    »Was für ein wunderbares Essen«, sagte Chen. »Ich habe fast vergessen, daß ich Polizist bin.«
    Es war an der Zeit, über etwas anderes zu sprechen. Yu verstand das feine Signal. Oberinspektor Chen war wahrscheinlich deshalb gekommen. Vielleicht war es aber ungünstig, das Thema in Anwesenheit von Peiqin anzuschneiden.
    »Ich bin gestern recht früh weggegangen«, sagte Yu. »Hat es im Büro etwas Neues gegeben?«
    »Oh, ich habe nur einige Informationen bekommen – über den Fall.«
    »Peiqin, kannst du uns eine Minute entschuldigen?«
    »In Ordnung. Ich gehe mit Qinqin nach draußen. Er muß sowieso einen Anspitzer kaufen.«
    »Also, was gibt es?« fragte Yu, nachdem er gehört hatte, daß sich die Tür hinter Peiqin schloß.
    »Sie haben doch mit Wu Xiaoming gesprochen«, sagte Chen. »Ist

Weitere Kostenlose Bücher