Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen
ihrem Wunsch
nachkam.
Neunzehn
Zusammengerollt lag Lydia in der Armbeuge ihres
Mannes, starrte an die Zimmerdecke und wartete darauf, daß der Sturm, der in
ihr tobte, abebbte. Brigham hatte sie fast um den Verstand gebracht bei der
Vereinigung, hatte sie in andere Sphären und Dimensionen versetzt und ihr
Erlebnisse und Gefühle vermittelt, die sie selbst jetzt noch erschütterten.
Er streckte den Arm aus und legte
seine warme Hand auf ihren Po. »Dann wäre das also geregelt«, seufzte er
zufrieden.
Ein Gefühl des Alarms schlich sich
in Lydias Bewußtsein wie die Schlange in den Garten Eden. »Was, Brigham?«
»Unsere Meinungsverschiedenheit, was
sonst?« entgegnete er heiter. »Du kümmerst dich um deine Aufgaben als Ehefrau,
und ich führe meine Geschäfte und bestimme die Geschicke dieser Stadt.«
Ein Teil von Lydia hätte seine Worte
nur zu gern ignoriert. Es war schließlich gar nicht so schlecht, das Leben, das
Brigham ihr anbot. Sie liebte ihn, und selbst wenn er diese Gefühle nicht auf
die gleiche Weise erwiderte, war er bereit, ihr eine Sicherheit zu geben, die
sie niemals zuvor gekannt hatte. Als seine Frau hätte sie ein schönes Heim
gehabt, zwei reizende Stieftöchter, elegante Kleider und soviel zu essen, wie
ihr Herz begehrte. Ganz zu schweigen von der überwältigenden Erfahrung der
körperlichen Vereinigung mit Brigham, die zu einem festen Bestandteil ihres
Alltagslebens werden würde ...
Aber Lydia hatte zuviel gesehen,
zuviel erreicht und zuviel gelernt. Viele Menschen waren an den Härten und
bitteren Realitäten des Kriegs zerbrochen, doch Lydia hatten sie stark
gemacht, was nicht mehr zu ändern war. Hätte ihr jemand die Wahl gelassen, wäre
sie vielleicht lieber schwach gewesen, um in der Sicherheit und Kraft
eines anderen Menschen zu ruhen, aber so, wie die Dinge lagen, war das nicht
mehr möglich.
Nachdenklich betrachtete sie den
Mann neben sich, der eine geradezu übermenschliche Selbstsicherheit
ausstrahlte. »Ich fürchte, wir haben uns nicht richtig verstanden«, sagte sie,
setzte sich im Bett auf und schlang die Arme um die Knie. »Ich gebe zu, daß ich
schwach werde, wenn ... wenn du mich anfaßt, aber ...«
Brigham zog fragend die Brauen hoch.
»Worauf willst du hinaus, Lydia?«
»Falls du das Bordell nicht
schließt, Brigham — und das scheinst du wirklich nicht vorzuhaben — kann und
will ich nicht als deine Frau mit dir zusammenleben.«
Er richtete sich abrupt auf. »Aber
du hast doch ...«
»Ich weiß«, unterbrach Lydia ihn
seufzend. »Ich habe mich dir rückhaltlos hingegeben. Aber das ist etwas,
wogegen ich machtlos bin, und ich bin sicher, daß es noch öfter geschehen wird,
so sehr ich mich auch innerlich dagegen wehre. Aber ich darf nicht meine Augen
vor diesem Konflikt verschließen, Brigham. Begreifst du nicht, daß es Verrat
wäre — nicht nur an den Frauen, die in dieser Stadt leben und leben werden, sondern
auch an deinen Töchtern?«
Doch Brigham schien überhaupt nichts
zu begreifen. Er schlug die Decke zurück, griff nach seiner Hose und zog sich
mit brüsken, wütenden Bewegungen an. »Das ist genau die schwachsinnige
Einstellung, die ich von einer Frau erwartet habe«, murmelte er. »Ohne einen
Saloon wäre Quade's Harbor in fünf Jahren nur noch eine Geisterstadt! Was würde das Charlotte und Millie nützen?«
Lydia kniete sich auf die Matratze
und zog die Decke vor die Brust.
»Du bist unvernünftig, Brigham«,
sagte sie mit erzwungener Ruhe. »Quade's Harbor ist deine Stadt, und du hast
die Möglichkeit, etwas wirklich Gutes und Schönes daraus zu machen!«
»Ich will keine neue Gesellschaft
gründen«, unterbrach er sie barsch und setzte sich auf die Bettkante, um seine
Stiefel anzuziehen. Dann stand er auf und schaute mit kalten Augen auf seine
Frau herab. »Ich will Holz verkaufen und Söhne aufziehen, die mein Geschäft
weiterführen, wenn ich einmal nicht mehr bin. Um das zu erreichen, muß ich die
Arbeiter behalten, die ich einstelle, und die sind nicht glücklich, wenn sie
keinen Whiskey und keine Frauen haben!«
»Warum bringst du keine anständigen Frauen her?« hielt Lydia ihm vor, während sie nach ihren eigenen Kleidern
griff. »Wir haben gerade einen Krieg erlebt, Brigham! Der Osten ist voll von
Frauen, die gern heiraten würden, aber keinen Mann finden.«
Brigham drohte ihr mit dem
Zeigefinger. »Fang nicht wieder mit dem verdammten Krieg an!« warnte er. »Es
waren auf beiden Seiten nichts als Narren, die daran
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