Quade 01 - Verzaubert von deinen Augen
handhaben. Meistens jedenfalls.«
Sein Vorschlag erschien Lydia
annehmbar, immerhin hatte er ihr anfangs nur vier Dollar angeboten, und jetzt
würde sie fünfeinhalb bekommen. »Und die Schule?« beharrte sie.
»Sie können sie im Herbst
einweihen«, gab Brigham nach.
Lydia lächelte. »Gut. Denn dann
werde ich sie auch brauchen. Bis dahin werde ich mit Charlotte und Millie die
Wälder und den Strand erforschen und mich auf naturwissenschaftliche Fächer
beschränken.«
Brigham schüttelte den Kopf
»Naturwissenschaften«, sagte er, und es klang eine Spur verächtlich. »Bringen
Sie meinen Töchtern das Nähen bei, Miss McQuire. Oder das Kochen. Das sind
die Dinge, die ihnen später einmal nützlich sein werden.«
Seine Worte stellten Lydias Geduld
auf eine harte Probe. »Ich habe den Eindruck, Mister Quade«, sagte sie nicht
ohne Schärfe, »daß es Dinge gibt, die Ihnen einmal sehr nützlich sein
werden und die Sie deshalb dringend lernen sollten. Die Welt hat sich
verändert. Die Frauen verlangen einen Platz in dieser neuen Welt, und sie
werden ihn bekommen.«
Er beugte sich so weit vor, daß
seine Stirn fast ihre berührte, und wieder fühlte sie dieses seltsame heiße
Sehnen in sich erwachen, bei dem ihr schwindlig wurde und das ihre Knie in
Gelee verwandelte. »Sind Sie so sicher, daß Sie wissen, was die Frauen wollen?«
forderte er sie mit leiser Stimme heraus, um sie dann ganz unvermittelt und
völlig unerwartet zu küssen.
Lydia hatte schon des öfteren
erlebt, daß ein dankbarer Soldat, der sich in sie verliebt zu haben glaubte,
ihr einen schüchternen Abschiedskuß aufdrängte, aber so etwas wie dieser Kuß
war ihr noch nie widerfahren. Brighams Lippen waren hart und fordernd, und doch
fühlte sein Mund sich weich wie Samt an und so verlockend und verführerisch wie
der Duft von Lilien an einem warmen Sommerabend.
Mit sanften, erfahrenen
Zärtlichkeiten brachte er sie dazu, die Lippen zu öffnen, und dann spürte sie
seine warme Zunge und fast ohne ihr Zutun vereinigte ihre eigene sich mit
seiner zu einem sinnlichen Willkommensgruß, dem ein aussichtsloser Kampf und
eine süße Niederlage folgten. Sein harter, muskulöser Oberkörper preßte sich
gegen ihre weichen Brüste, und obwohl sie nach Atem rang, ließ Brigham nicht
von ihr ab und hörte nicht auf, sie zu küssen und zu erobern.
Alle Kraft hatte ihre Beine
verlassen, als er sich endlich von ihr löste, aber er schien es zu merken und
hielt sie an den Schultern fest. Einen langen, demütigenden Augenblick lang
konnte sie nur in hilflosem Erstaunen zu ihm aufschauen.
Er strich mit dem Zeigefinger über
ihre zitternden Lippen und brach den Bann dann mit einem leisen Lachen. »Gute
Nacht, Miss McQuire«, sagte er. »Schlafen Sie gut.«
Eine verhaltene Arroganz lag in
seinen Worten, aber Lydia besaß nicht mehr die Kraft, darauf zu reagieren. Sie
konnte nur hoffen, daß sie keinen unschicklichen Präzedenzfall schuf, indem sie
sich auf diese Weise von Mister Quade küssen ließ.
Ließ? dachte sie, als sie sich
abwandte und fast gestolpert wäre, als sie fluchtartig den Raum und Mister
Quades Einflußbereich verließ. Sie hatte nicht nur zugelassen, daß
Mister Quade sich derartige Freiheiten herausnahm, sie hatte sogar noch mehr gewollt, möge Gott ihr gnädig sein! Die pulsierende Hitze, die er mit
seinem Kuß in ihrem Körper ausgelöst hatte, war noch lange nicht gelöscht.
Von diesen und ähnlichen Sorgen
beherrscht, erschrak Lydia, als sie kurz darauf ihr Zimmer betrat und Polly am
Kamin entdeckte.
»Haben Sie Brigham etwas von mir
erzählt?« fragte Devons Frau. Es klang verzweifelt und auch ein bißchen
ärgerlich.
»Nein«, seufzte Lydia. »Und ich habe
es auch nicht vor. Aber Sie dürfen Devon so etwas nicht verschweigen. Sie
sollten zu ihm gehen und ihm die Wahrheit sagen — jetzt.«
»Er würde furchtbar zornig werden.«
»Das bezweifle ich nicht. Aber Devon
ist nicht unvernünftig. Sobald er Zeit gehabt hat, die Sache zu durchdenken,
wird er bestimmt Verständnis zeigen.«
»Bestimmt.« Das klang elend,
hoffnungslos. Polly sank in einen Sessel beim Kamin. »Pa hat immer gesagt,
meine Sünden würden mich eines Tages einholen, und ich glaube, er hatte recht.
Er war Prediger, Lydia, und behauptete, Gottes Ansichten über alles zu kennen,
angefangen von den Sternen und Planeten bis hin zu Mister Lincolns
Krawattenfarben!«
Lydia saß auf der Truhe am Fußende
des Betts, noch immer sehr erschüttert über Brighams Kuß, aber
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