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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Titel: Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
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allzu deutlich in Erinnerung. Und jetzt
wäre niemand in der Nähe gewesen, um sie zu retten, falls sie in Schwierigkeiten
geriet.
    Als sie sich resolut vom Fenster
abwandte, sah sie einen flüchtigen Moment lang eine kleine Gestalt in einem
dunklen Umhang im Eingang stehen.
    »Warten Sie!« rief sie und rannte
über den staubigen Turmboden. Von der Treppe aus hörte sie jemanden
leichtfüßig über den Gang hasten, aber als Annie ihn erreichte, war der
Besucher schon verschwunden. Er oder sie konnte sich hinter einer der Dutzend
Türen verborgen haben, die jene Halle säumten, und Annie wußte, daß all diese
Räume nicht mehr benutzt wurden. Sie hatte kein Verlangen, den Turmbewohner
durch Spinnennetze und Rattennester zu verfolgen.
    Statt dessen nahm sie sich vor,
Rafael sobald wie möglich von dem Erlebnis zu berichten, und vergaß es bald
darauf. Als Annie den großen Burghof erreichte, wimmelte es nur so von den Bewohnern der Burg, die
weder am Fieber erkrankt noch zu den Waffen gerufen worden waren. Kathleen, die
sich sofort zu ihr gesellte, berichtete Annie, daß die Rebellen Aufstellung am
Fuß der Ziehbrücke genommen hätten, die in zweihundert Jahren kein einziges Mal
eingezogen worden war. In diesem Augenblick, sagte Kathleen, richteten sie ihre
Kanonen auf die Tore von St. James.
    Annie kniff die Augen zusammen und
suchte die Zinnenkränze nach Rafael ab. Sie entdeckte ihn direkt über dem
mächtigen hölzernen Tor, und selbst aus der Ferne und mit dem Rücken zu ihr
konnte sie an der Haltung seines Kopfs und seiner Schultern den Zorn erkennen,
der ihn beherrschte. Er schrie den Aufständischen etwas zu, was Annie jedoch
nicht verstehen konnte, und der Anführer der Rebellen erwiderte etwas darauf.
    Mit einem Widerwillen, der tief aus
seiner Seele kam, wie Annie wußte, hob Rafael als Signal für seine Männer eine
Hand, und sie richteten ihre Waffen auf die Rebellen und begannen zu schießen.
Das Bataillon an der Zugbrücke bekam nicht einmal Gelegenheit, eine
Kanonenkugel abzufeuern, bevor es zum Rückzug gezwungen wurde.
    Annie wurde übel beim Gedanken an
die Leichen, die jetzt vor dem Tor lagen, und ihre Knie gaben unter ihr nach.
Kathleen, die es bemerkt hatte, ergriff ihren Arm und zog sie auf die Kapelle
zu.
    »Kommen Sie, Miss«, befahl sie
streng. »Wir sind hier nur im Weg, und dort drinnen sind immer noch Kranke, die
uns brauchen.«
    Das stimmte. Die Kapelle war
vollgepackt mit stöhnenden, entkräfteten Dorfbewohnern, und die wenigen Dienstboten,
die imstande oder bereit waren zu helfen, zitterten vor Angst. Allen war
bewußt, daß weitere Angriffe auf die Burg zu erwarten waren, und selbst die
Kranken umklammerten Annies Röcke und Handgelenke und flehten sie an, sie vor
den Eindringlingen zu verbergen.
    Sie hockte sich neben einen alten
Mann, der fiebernd auf einer Strohmatte in einer Ecke lag, um sein hageres
Gesicht zu kühlen. »Beruhigen Sie sich«, riet sie sanft. »Niemand wird Ihnen
etwas antun. Die Mauern von St. James sind dick.« Sie erinnerte sich an das
geheime Tor, verdrängte den Gedanken jedoch aus ihrem Bewußtsein, als der alte
Mann sich angstvoll auf seinem Lager herumwarf. »Sie sind sicher hier«,
beharrte sie.
    »Nein«, sagte er kopfschüttelnd.
»Sie sind längst drinnen, die Rebellen — sie sind in den Mauern und unter den Fußböden
...«
    Fieberwahn, dachte Annie und
schickte ein stummes Stoßgebet zum Himmel auf, daß das Fieber nicht noch
schlimmere Dimensionen annahm. »Ruhen Sie sich aus«, befahl sie und strich
sanft über die fiebernde Stirn des Mannes.
    Tatsächlich sank er in einen
unruhigen Schlaf, aber es waren noch genug andere da, die sich fürchteten.
Annie war überzeugt, daß ihr Gewimmer und ihre erstickten Schluchzer sie ihr
Leben lang verfolgen würden, und sie stolperte buchstäblich vor Müdigkeit, als
Kathleen sie endlich bei Mondaufgang aus der Kapelle geleitete.
    Die große Halle war hell erleuchtet
von Hunderten von Kerzen und Petroleumlampen, und als Annie die lange Reihe der
Verwundeten auf dem Boden sah, stieß sie einen kleinen Schrei aus und schlug
eine Hand vor ihren Mund. Sie waren Rebellen, ihrer buntgemischten Kleidung
nach zu urteilen, die sie wahrscheinlich aus Häusern in Morovia gestohlen
hatten. Es war offensichtlich, daß sie alle im Sterben lagen, und nur ein
einziger ungeschickter junger Soldat pflegte sie.
    Annie begann auf sie zuzugehen, aber
Kathleen hielt sie unerbittlich fest.
    »Nein, Miss«, wisperte

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