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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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Chandler, als das Schweigen
sich vertiefte.
    Rafael ging an seinem Freund vorbei,
so benommen, daß er stolperte, geblendet von der Vision eines weichen, nachgiebigen
jungen Körpers, der sich in hemmungsloser Leidenschaft auf dem Bett in dem
kleinen Haus am See wand. Was hatte er getan? Was, in Gottes Namen, hatte er
bloß angestellt?
    Annie traf Rafael eine Stunde vor
Einbruch der Nacht in der Kapelle, wo er lang ausgestreckt bäuchlings auf der
ersten
    Bank lag, reglos, als ob er tot
wäre. Er hätte ein büßender Heiliger sein können, wenn er nicht so aufdringlich
nach Whisky gerochen hätte.
    Annie schaute nervös zum Altar
hinüber. »Er steht sehr unter Druck«, wisperte sie entschuldigend. »Und es
würde nicht schaden, wenn Du ihm ein bißchen unter die Arme greifen
würdest.«
    Der Prinz bewegte sich jetzt und
stöhnte. Annie hoffte, daß er sich nicht mitten in der Kapelle übergeben würde
    nach seinem zügellosen Trinken.
Rafael hatte Probleme genug, schien ihr, ohne die Sandalen des Herrn mit Erbrochenem
zu beschmutzen.
    Zaghaft berührte sie seine Schulter.
    »Geh weg«, stöhnte er.
    Annie holte einen tiefen Atemzug.
»Ich denke nicht daran, Rafael St. James, solange du nicht mitgehst.« Sie
weigerte sich nicht nur, die Kapelle zu verlassen, sondern wollte ihm auch
damit zu verstehen geben, daß sie vorhatte, in Bavia und auf der Burg zu
bleiben.
    »Rafael«, beharrte sie flüsternd,
als er sich nicht rührte. »Setz dich hin. Ich glaube, du begehst eine
Gotteslästerung oder so etwas.«
    Er lachte, leise und zutiefst
verzweifelt, und rollte sich auf den Rücken. »Ah«, sagte er mit einem schiefen
Grinsen. »Ein Engel. Dann muß ich tot sein.«
    »Du bist noch sehr lebendig«,
erklärte Annie, packte ihn an den Oberarmen und zog ihn hoch. »Und das ist gut,
denn im Augenblick befindest du dich ganz bestimmt in Ungnade.«
    »In Ungnade«, wiederholte Rafael
einfältig.
    Annie hatte schon ihren Teil an
Betrunkenen gesehen in den Häfen, zu denen sie auf dem elterlichen Schiff
gesegelt
    war, obwohl ihre Eltern stets ihr
Bestes getan hatten, um sie vor dem Anblick zu bewahren, und Annie wußte einen
erfahrenen Trinker zu erkennen, wenn sie einen sah. Rafael St. James war ganz
eindeutig ein Amateur.
    »Steh auf«, befahl sie, »bevor dich
der Blitz trifft oder so etwas. Obwohl du es natürlich verdient hättest ...«
    »Hat dir noch nie jemand gesagt«,
fragte Rafael mit schleppender Zunge, »wie töricht es ist, einen Betrunkenen zu
bewegen? Es wird ihnen dabei nämlich nur noch übler.«
    »Ich weiß«, stimmte Annie zu und
keuchte vor Anstrengung, als es ihr endlich gelang, Rafael von der Bank zu ziehen.
»Und sobald wir aus dieser Kapelle sind, bist du allein!«
    Er warf den Kopf zurück und lachte.
»Du glaubst tatsächlich, daß mich die Strafe Gottes treffen könnte!«
    Annie ging zur Tür mit nur sehr
wenig Unterstützung Rafaels, der sich schwer auf ihre Schulter lehnte. »Es ist
immerhin möglich«, bestätigte sie. »Ich möchte kein Risiko eingehen.«
    Sie durchquerten den langen Gang und
erreichten die Tür zum Hof, der jetzt nur vom Mondschein und einigen wenigen
Fackeln an den Burgmauern erhellt war.
    »Ich habe etwas zu beichten«, sagte
Rafael.
    »Das hättest du dir dort überlegen
sollen«, erwiderte Annie, indem sie mit einer Kopfbewegung auf die Kapelle
deutete. Sie näherten sich jetzt einer Steinbank, gleich neben dem Brunnen, und
Annies Kraft schwand. Nur noch ein paar Schritte, ermahnte sie sich.
    Rafael sog tief die frische Luft ein
und bekam prompt Schluckauf. »Meine Beichte ...« beharrte er.
    Sie näherten sich immer mehr ihrem
Ziel. Annie konzentrierte sich darauf und sagte nichts.
    »Ich habe dich benutzt, Annie.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie. Dann, mit
fast übermenschlicher Anstrengung, stieß sie Rafael St. James, Prinz von
Bavia, in den kleinen Teich hinter dem Hofbrunnen.
    Wasser spritzte nach allen Seiten
auf, und dann tauchte er prustend und fluchend wieder auf. Er war wütend, aber
wenigstens schon wieder halbwegs nüchtern.
    »Du hattest recht eben«, bemerkte
Annie freundlich. »Man sollte einen Betrunkenen nie bewegen.« Sie begann rasch
auf den Eingang zur Burg zuzugehen, aber Rafael holte sie mit wenigen Schritten
ein und drehte sie an den Schultern zu sich herum.
    Vor einem anderen Mann in einem
derart aufgebrachten Zustand hätte Annie sich vielleicht gefürchtet, aber
dieser hier war Rafael, ein Prinz, sowohl in seinem Herzen als auch für die
Welt.

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