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Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

Quade 03 - Suesse Annie, Wildes Herz

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einsamen Betts war bereits zurückgeschlagen.
Rafael streifte seine nassen Sachen ab und blieb eine Weile nackt vor dem Feuer
stehen, um sich aufzuwärmen. Sein Magen hatte sich beruhigt, aber die Erregung
war geblieben und ließ ihm auch jetzt noch keine Ruhe.
    Er war unglücklich, er brauchte
Annie und wußte doch, daß er sie nicht nehmen konnte, ohne sich später dafür zu
verachten.
    Irgendwann löschte er die Lampen und
ging ins Bett, wo er lange zur dunklen Zimmerdecke hochstarrte und versuchte,
an Georgiana zu denken. Zu seinem Entsetzen stellte er jedoch fest, daß er sich
nicht mehr genau an ihr Gesicht erinnern konnte, und einen schrecklichen Moment
lang erfüllte die Erkenntnis ihn mit Scham und Panik. Als es ihm endlich
gelang, sich die zarten Gesichtszüge seiner verstorbenen Frau ins Gedächtnis
zu rufen, verblaßten sie sehr schnell, um dann vollkommen zu verschwinden, und
es war Annies Gesicht, das er vor seinem inneren Auge sah.
    Tränen stiegen in seinen Augen auf.
»Georgiana«, flüsterte er, um sie zurückzubringen, damit sie nicht seine
Erinnerung verließ, seine Träume und sein Herz.
    Doch selbst während er noch
versuchte, es zu erzwingen, wußte er schon, daß es sinnlos war, denn Georgiana
war für immer von ihm gegangen und mit ihr das Kind, das sie zum Zeitpunkt
ihres Todes unter dem Herzen getragen hatte. Rafael war nicht mehr gefühllos
und betäubt, dank Annie Trevarren, und es wäre nutzlos gewesen, sich weiterhin
vorzumachen, seine Frau befände sich nur auf einer kleinen Reise, in Paris,
London oder irgendwo bei Freunden.
    Georgiana würde nie wieder
zurückkehren.
    Zum ersten Mal seit den Nächten nach
ihrem Tod, in denen der gesamte Brandy Europas nicht ausgereicht hatte, um
Rafaels Schmerz zu betäuben, weinte er um Georgiana und um den Teil seiner
selbst, der mit ihr zu Grabe gegangen war. Es war eine neue, tiefere Phase
seiner Trauer, ein Gram, von dem er bisher nicht gewußt hatte, daß er ihn
empfand. Sein Leid hüllte ihn ein, bedrohte ihn wie ein dunkler Engel, und er
kämpfte die ganze Nacht dagegen an. Es erschütterte ihn immer wieder von neuem,
besiegte ihn Hunderte von Malen. Seine Seele war zerrüttet, und es gab Momente,
in denen er glaubte, vor Schmerz den Verstand zu verlieren, doch trotz all
dieser Höllenqualen ging er aus der Erfahrung gereinigt und gestärkt hervor.
    Beim ersten Licht des Morgens war er
ein neuer Mensch; er hatte sich den Drachen gestellt, die in seiner Seele lauerten,
und mit ihnen gekämpft, und obwohl er schwer verwundet aus dem Kampf
hervorgegangen war, hatte er ihn überlebt.
    In gewisser Weise hatte Rafael sich
aus Georgianas Grab befreit und war ans Licht des Tags zurückgekrochen. Aus
unfaßbarer Agonie war neuer Lebenswille entstanden.
    Irgendwann stand Rafael auf, wusch
seinen schmerzenden, verschwitzten Körper und legte frische Kleider an. Dann,
nach dem Frühstück in der Küche, sehr zum Erstaunen der Köchin und der Mägde,
ging er in die Ställe und sattelte sein Lieblingspferd.
    Georgianas Grab lag auf einem Hügel
zwischen anderen Gräbern der St. James, von einer Eiche beschattet und bewacht
von Engelstatuen aus feinstem Marmor. Von diesem geheiligten Ort aus konnte
Rafael weit über die Mauern der Burg hinaus bis zur schimmernden See sehen.
    Er kniete sich neben den
alabasternen Grabstein und legte eine Hand darauf. Er sagte nichts; er hatte
von Georgiana Abschied genommen und ihren Tod akzeptiert. Sein Besuch an diesem
strahlend schönen Morgen war ein Tribut an ihre gemeinsame Vergangenheit und
ein Versprechen, stark zu sein, denn das hätte sie von ihm verlangt, mehr als
alles andere. Es gab noch so vieles zu ertragen, bevor die Strafe aller St.
James verbüßt war ...
    Eine gute Stunde verging, bevor
Rafael in die Burg zurückkehrte, sein Pferd einem Stallknecht übergab und in
sein Arbeitszimmer ging.
    Barrett erschien schon Minuten
später, ganz ungewöhnlich nervös und eine Spur verlegen, doch obwohl es Rafael
beunruhigte, vergaß er es über seinen anderen Problemen.
    »Ich möchte, daß du eine kleine
Eskorte zusammenstellst«, verlangte er. »Ich werde aufs Land hinausreiten, um
mir selbst ein Bild von der Situation zu machen. Ich hätte es schon viel früher
tun sollen.«
    Barrett erblaßte und setzte den
Becher Kaffee, den er mitgebracht hatte, hart auf Rafaels Schreibtisch ab.
»Hast du jetzt vollkommen den Verstand verloren?« herrschte er ihn an. »Dort
draußen sind Menschen, die dich töten wollen, Hoheit,

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