Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Quadriga: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Quadriga: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Loibelsberger
Vom Netzwerk:
sie ihn aufsuchen würde. In seiner
Wut über die aufdringliche Alte kam ihm plötzlich eine Idee. Er deutete auf all
die herumliegenden Rahmen und Gegenstände und begann ihr in vorwurfsvollem Ton zu
erklären, dass er vor lauter Arbeit nicht wisse, was er zuerst machen solle. Deshalb
sei es im Moment völlig ausgeschlossen, dass er neue Aufträge annehme. Die Alte
war enttäuscht. Wann, insistierte sie, wann könne er sich denn nun um diesen Spiegel
kümmern? Er sah sie mit kaltem Blick an und überlegte kurz. Für das Finalisieren
der dritten Skulptur und die Anfertigung der vierten würde er in Summe drei Wochen
brauchen. Also vertröstete er die Alte und bat sie, in drei Wochen wieder zu kommen.
Damit schob er sie aus dem Geschäft hinaus und versperrte hinter ihr die Eingangstür.
Er atmete erleichtert auf und ging in den Vergolderraum zurück. Dort drehte er das
Licht an, griff zum Heft mit den Goldblättchen und dem Haarpinsel. Just in dem Moment,
als er das erste Goldblättchen aufbringen wollte, läutete sein Handy. Ein sattes
»Fuck!« entwich seinen Lippen. Seufzend legte er das Handwerkszeug beiseite, griff
zum Handy und meldete sich mit einem gegrunzten »Yeah …«. Er hörte zu und brummte:
»In twenty days.« Dann legte er grußlos auf.

20 Days

Fünfundzwanzig
     
    19 Euro und 20 Cent. Heute schien
sein Glückstag zu sein. So viel Trinkgeld hatte er schon lange nicht mehr bekommen.
Dabei war er heute gar nicht besonders gut drauf gewesen. Er hatte sich auf die
allernotwendigsten Scherze beschränkt und die Führung zügig durchgezogen. Okay,
eine Dogenpalast-Führung war immer ein Highlight. Aber dass er Trinkgeld in Gegenwert
eines Mittagessens bekam, war selten. Solchermaßen gut gelaunt spazierte er knapp
vor 14 Uhr in Marcellos Osteria.
    »Ciao Marcello,
ciao Luciana«, grüßte er das Geschwisterpaar und machte sich ohne Umschweife auf
in die Küche. Er hatte einen Mordshunger. Mit einem knappen »Ciao, Gino« nahm er
dem Koch den Löffel aus der Hand und begann von dem Risotto zu löffeln, das dieser
gerade auf dem Herd rührte. Der Koch sah ihn erstaunt an, zuckte dann mit der Achsel
und zündete sich eine Zigarette an.
    »M…mm
…mantecare … non mangiare … co…cocogli…one! [21] «
    Lupino grinste.
Er begann, wie der Koch es verlangte, den Risotto zu rühren. Dabei aß er aber immer
wieder einen Löffel voll. Gino rauchte, ohne eine Miene zu verziehen. Hin und wieder
goss er Fischbrühe dazu. Der Risotto al nero di seppia wurde
allmählich gar. Wortlos drängte Gino Lupino zur Seite und zog die Pfanne vom Feuer,
nahm Lupino den Löffel aus der Hand, rührte selbst noch einmal kräftig um, streute
eine Handvoll gehackte Petersilie drüber, griff zur Pfeffermühle, eine Prise Meersalz,
rührte nochmals um und kostete dann. Zufrieden grunzend richtete er auf zwei Tellern
den schwarzglänzenden Risotto an. Mit der flachen Hand schlug er auf eine Klingel
und gab Lupino den Löffel. Er schob ihm die Pfanne hin, in der sich noch einiger
Tintenfischrisotto befand und murmelte: »M…mangia!« Lupino ließ sich das nicht zweimal
sagen. Er nahm die Pfanne und verzog sich mit ihr an einen schmalen Tisch, der in
einer Ecke der Küche stand. Luciana holte die angerichteten Teller und trug sie
zu den Gästen hinaus, danach kam sie mit einem Glas Vino bianco zurück, das sie
wortlos Lupino auf den Tisch stellte. Der grinste, griff sich ihre Hand und gab
ihr auf den Handrücken einen schmatzenden Kuss. Sie quietschte »Bastardo!« und verschwand
blitzartig. Gino grinste. Er steckte sich neuerlich eine Zigarette an, griff unter
den Arbeitstisch und holte aus einem großen Eimer mittelgroße Tintenfische heraus.
Mit der Zigarette im Mund begann er sie zu zerlegen. Zuerst wurde die gefleckte
Haut abgezogen. Dann schnitt er die Köpfe ab und löste die Mittelknochen heraus,
entfernte die Innereien und die prall gefüllten Tintenbeutel. Letztere legte er
behutsam nacheinander in eine Schale, die er sodann zur Seite schob. Dann wusch
er die glitschigen Gesellen mit kaltem Wasser, tupfte sie ab und schnitt sie in
Stücke. Lupino, der an seinem Weinglas nippend dabei zusah, lief das Wasser im Mund
zusammen. Auf seine Frage, was das werde, antwortete Gino: »Se…sepppie co…col nero! [22] « Lupino stand auf, klopfte dem
Koch freundschaftlich auf die Schulter und ging hinaus in den Gastraum. Heute verspürte
er Lust, mit Luciana zu flirten. Doch zu seiner Enttäuschung war sie nicht mehr
da. Bis auf die

Weitere Kostenlose Bücher