Queste der Helden (Band 1 im Ring der Zauberei)
Gehen in die Erde ein. Als er näher kam, sah er ein Netz, das von einem tiefen Ast hing. Darin baumelte Elden, drehte sich wild im Kreis; die Äste knarrten, wenn er sich bewegte.
Ein Falke saß auf seinem Kopf, eine eigenartig aussehende Kreatur mit einem Körper, der silbern glänzte, und einem einzelnen schwarzen Streifen, der sich über seine Stirn bis zwischen die Augen zog. Er beugte sich vor, pickte Eldens Auge aus, und hielt es fest. Er drehte sich zu Thor, das Auge im Schnabel haltend.
Thor wollte den Blick abwenden, aber es gelang ihm nicht. Gerade, als er bemerkte, dass Elden tot war, erwachte auf einmal der ganze Wald zum Leben. Aus allen Richtungen brach ein Heer von Goralen hervor. Riesig, nur mit Lendenschurzen bekleidet, mit enormen muskulösen Oberkörpern, drei Nasen, die im Dreieck in ihrem Gesicht angeordnet waren, und zwei langen, gekrümmten, scharfen Fangzähnen zischten und knurrten sie, und rannten direkt auf ihn zu. Das Geräusch stellte ihm die Haare auf, und es gab nirgendwo, wo Thor hinlaufen konnte. Er fasste nach unten und griff nach seinem Schwert—doch als er hinsah, merkte er, dass es weg war.
Thor schrie.
Er erwachte aufrecht sitzend, schwer atmend, hektisch in alle Richtungen um sich blickend. Um ihn herum herrschte Stille—eine echte, lebendige Stille, nicht die Stille aus seinem Traum.
Neben ihm, im ersten Licht der Morgendämmerung, schliefen Reece, O’Connor und Erec ausgestreckt am Boden, die letzte Glut des Feuers neben ihnen. Am Boden vor ihm hüpfte ein Falke. Er drehte sich um und sah Thor mit schräg gestelltem Kopf an. Er war groß und silbern und stolz, mit einem einzelnen schwarzen Streifen die Stirn hinunter, und er starrte ihn an, blickte ihm direkt in die Augen, und kreischte. Der Laut jagte ihm Schauer über den Rücken: es war der Falke aus seinem Traum.
In dem Moment wurde ihm klar, dass der Vogel eine Botschaft war—dass sein Traum mehr als nur ein Traum gewesen war. Dass etwas nicht stimmte. Er konnte es fühlen, ein leichtes Zittern in seinem Rücken, das seine Arme hoch lief.
Rasch sprang er auf und blickte sich um. Er fragte sich, was es sein konnte. Er konnte nichts Ungewöhnliches hören, und nichts schien fehl am Platz zu sein; die Brücke war immer noch da, die Soldaten standen alle darauf.
Was war los? fragte er sich.
Und dann dämmerte es ihm. Jemand fehlte. Elden.
Zuerst fragte sich Thor, ob er sie vielleicht verlassen hatte, die Brücke zurück auf die andere Seite des Canyon genommen hatte. Vielleicht hatte er sich so darüber geschämt, sein Schwert zu verlieren, dass er die Region gleich ganz verlassen wollte.
Doch dann blickte Thor zum Wald hinüber und sah, dass jemand frische Eindrücke im Moos hinterlassen hatte, Fußspuren, die im Morgentau in Richtung Waldpfad verliefen. Es gab keinen Zweifel, dass sie von Elden waren. Elden war nicht weggegangen; er war zurück in den Wald gegangen. Alleine. Vielleicht, um sich zu erleichtern. Oder vielleicht, erkannte Thor mit Schrecken, um sein Schwert zurückzuholen.
Es war reinste Dummheit, es alleine zu versuchen, und es bewies, wie verzweifelt Elden war. Thor fühlte sofort, dass eine große Gefahr lauerte. Eldens Leben stand auf dem Spiel.
In dem Moment kreischte der Falke, als wolle er Thors Gedanken bestätigen. Dann schwang er sich hoch und flog direkt auf Thors Gesicht zu. Thor zog den Kopf ein—seine Krallen verfehlten ihn knapp, und er stieg in die Luft auf und flog davon.
Thor sprang auf und setzte sich in Bewegung. Ohne nachzudenken, ohne überhaupt zu überlegen, was er tat, lief er davon in den Wald, den Fußspuren nach.
Thor hielt sich nicht damit auf, sich davor zu fürchten, alleine tief in die Wildlande hineinzulaufen. Wäre er stehengeblieben, um darüber nachzudenken, wie verrückte es war, wäre er womöglich erstarrt, und von einer Panik überrollt worden. Doch stattdessen reagierte er einfach. Er verspürte das dringende Bedürfnis, Elden zu helfen. Er rannte und rannte—alleine—tiefer in den Wald hinein, im frühen Licht der Morgendämmerung.
„Elden!“, schrie er.
Er konnte es nicht erklären, doch irgendwie spürte er, dass Elden kurz vor dem Tod stand. Vielleicht sollte es ihm egal sein, aufgrund der Art, wie Elden ihn behandelt hatte, doch er konnte es nicht ändern: es war ihm nicht egal. Wenn er in der gleichen Situation wäre, würde Elden bestimmt nicht zu seiner Rettung kommen. Es war verrückt, sein Leben für jemanden zu riskieren, der sich
Weitere Kostenlose Bücher